Tengu – Bedeutung, Symbolik, Mythologie und Legenden des japanischen Vogelmenschen
Der Tengu, der japanische „Vogelmensch, ist eines der heiligsten Fabelwesen der japanischen Kultur. Wahrscheinlich weiß so ziemlich jeder in Japan, wie ein Tengu (天狗) aussieht – aber anders als die beliebten Kappa haben diese langnasigen Kobolde nie den Übergang zu niedlichen und knuddeligen Volksfiguren geschafft.
Tengu haben ein eher abweisendes Aussehen. Sie sind eng mit den bergigen asketischen Praktiken der synkretistischen Shugendō-Religion verbunden und werden oft als halbgöttliche Wesen angesehen. In der japanischen Mythologie werden Tengu oft als Beschützer der Berge und Wälder angesehen und spielen eine entscheidende Rolle in der spirituellen Ökologie Japans. Sie werden gleichermaßen verehrt und gefürchtet und verkörpern die Wildheit der Natur und den Geist der Wildnis. Ihre Bedeutung in der japanischen Kultur spiegelt sich in verschiedenen Formen der Kunst, Literatur und lokalen Traditionen wider.
Tengu haben etwas Einschüchterndes an sich. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum sie nicht denselben Platz in den Herzen der Menschen gefunden haben wie Kappa und viele andere Yōkai. Lassen Sie uns die antike Welt der japanischen Mythologie erkunden und verstehen, warum dieses seltsame Wesen im spirituellen Leben der Japaner eine so große Bedeutung hat.
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Tengu-Statue in einem Shinto-Schrein auf dem Berg Takao
Foto © Markus Winkler
Geschichte und Ursprünge der japanischen Tengu-Mythologie
Die Ursprünge der Tengu in der japanischen Mythologie sind zahlreich und unterschiedlich. Frühe Hinweise finden sich in Texten wie den „Nihon Shoki“ (die Chroniken Japans) und den „Konjaku Monogatari“ (Erzählungen aus vergangenen Zeiten), in denen sie als übernatürliche Wesen und Gestaltwandler mit großen kriegerischen Fähigkeiten dargestellt werden.
Die Tengu stammen aus der alten japanischen Volksreligion und wurden als Yokai (Geister) oder Shinto-Kami (Götter) angesehen. Ihr Name leitet sich vom chinesischen „Tiangou“ ab, einem „himmlischen Hund“, der Sonne und Mond verschlingt.
Ursprünglich als vogelähnliche Dämonen und Unruhestifter gefürchtet, wandelte sich ihr Bild im Laufe der Zeit: Sie wurden menschenähnlicher, trugen oft Priestergewänder und galten schließlich als Beschützer heiliger Orte und buddhistischer Lehren.
Die Entwicklung der Tengu-Mythologie in Japan
Im Laufe der japanischen Geschichte haben Tengu bedeutende Veränderungen in ihrer Darstellung durchlaufen. Im mittelalterlichen Buddhismus wurden sie als gefährliche Betrüger angesehen, die Menschen in die Irre führten.
Während der Kamakura-Zeit wandelte sich ihre Rolle und sie wurden zu Wächtern von Bergen und Wäldern, was ihre doppelte Natur als Beschützer und Täuscher betonte.
In der Muromachi-Zeit änderte sich ihr Image weiter, und sie wurden als geschickte Krieger wahrgenommen.
Während der Edo-Zeit nahmen sie nun eine menschlichere Gestalt an, oft mit der charakteristischen langen Nase des Hanataka-Tengu.
In der Meiji-Zeit erlangten Tengu durch ihre Darstellung in Kunst und Literatur größere Popularität, besonders in Holzschnitten und Kabuki-Aufführungen, und wurden zu Symbolen der Bergregionen Japans.
Heute sind Tengu fest in der modernen Popkultur verankert und erscheinen in Anime, Manga und Filmen, wo sie meist als weise, kampferprobte Beschützer dargestellt werden.
Wie sieht ein Tengu aus?
In der japanischen Folklore erscheinen Tengu meist mit langen Nasen, roten oder schwarzen Gesichtern und vogelähnlichen Flügeln. Sie tragen oft die Kleidung der Yamabushi, der asketischen Bergpriester.
Wofür ist eine Tengu-Nase das Symbol?
Die langen Nasen stehen für Einsicht und Wahrheit, während ihre roten Gesichter ihre leidenschaftliche und manchmal schelmische Natur widerspiegeln. Ihre Flügel, die in Größe und Form variieren, symbolisieren die enge Verbindung der Tengu zur Geisterwelt und zur Natur.
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Traditionelle japanische Schnitzarbeit eines Karasu (Krähen) Tengu
Foto © anonym, Karasu Tengu Mask LACMA M.91.250.326, gemeinfrei
Welche Arten von Tengu gibt es?
Es gibt drei Arten von Tengu:
Hanataka Tengu (langnasiger Tengu):
- Auch bekannt als Daitengu (Großer Tengu)
- Erkennbar an seiner markanten langen Nase und dem roten Gesicht
Karasu Tengu (Krähen-Tengu):
- Besitzt vogelähnliche Merkmale wie Krähenschnabel und Flügel
- Gilt als die primitive Form des Tengu
Konoha Tengu (schwacher Tengu):
- Der am wenigsten verbreitete Tengu-Typ „Baumblatt-Tengu“
- Von niedrigem Rang und ohne bedeutende übernatürliche Kräfte
Was symbolisiert ein Tengu?
Symbolisch verkörpern Tengu die Dualität von Gut und Böse, die ihrer Doppelrolle als Wächter und Schelm innewohnt. In der japanischen Kultur dient das Tragen einer Tengu-Maske nicht nur als künstlerischer Ausdruck, sondern auch als Schutzzauber, der böse Geister abwehren und Glück bringen soll.
Die umfangreiche Bedeutung and Symbolik der Tengu kann man folgendermaßen zusammenfassen:
Verbindung zu Shugendō:
- Tengu sind eng mit Shugendō verbunden, einer spirituellen Praxis der Bergasketik, die auf Erleuchtung abzielt.
- In diesem Kontext fungieren sie als Beschützer und bewahren die Heiligkeit natürlicher Heiligtümer.
Spirituelle Führung:
- Tengu bieten spirituellen Suchern Führung und stellen deren Hingabe und Entschlossenheit auf die Probe.
- Ihre Anwesenheit dient als Herausforderung auf dem Weg zur Erleuchtung.
Kampfkünste:
- Tengu sind für ihre Meisterschaft in den Kampfkünsten bekannt und werden oft als geschickte Schwertkämpfer dargestellt.
- Sie agieren als Mentoren, die bedeutende Persönlichkeiten ausbilden und ihnen nicht nur körperliche Stärke, sondern auch die Tugenden Ehre, Mut und Ausdauer vermitteln. Der Legende zufolge brachte der Tengu Soujoubou dem berühmten Minamoto no Yoshitsune das Schwertkampftraining bei.
Ist ein Tengu nun gut oder schlecht?
Ursprünglich wurden Tengu als böse Geister angesehen, die überall, wo sie hinkamen, Zerstörung anrichteten. Während der Kamakura-Zeit wurde zwischen guten und schlechten Tengu unterschieden:
- Gute Tengu sind die Beschützer und Wächter
- Schlechte Tengu sind von Stolz und Ehrgeiz zerfressene Dämonen
Seit dem 17. Jahrhundert änderte sich die Rolle der Tengu. Sie werden nun durchweg edler, weiser und tapferer dargestellt und erreichen den Rang eines Kami, also einer japanischen (kleine) Gottheit.
Was symbolisiert eine Tengu-Maske?
Tengu-Masken sind wichtige Symbole in der japanischen Kultur und werden in Ritualen, Tänzen und Theater verwendet. Sie verkörpern die Dualität von Gut und Böse, die Tengu als Wächter und Schelm ausmacht.
In shintoistischen und buddhistischen Zeremonien dienen sie als Schutzzauber und sollen böse Geister abwehren. Im Shugendō symbolisieren sie die Verbindung zu den Berggeistern und die Suche nach spiritueller Führung.
In klassischen japanischen Tänzen wie dem Tengu Mai und Theatertraditionen wie Noh und Kabuki verleihen Tengu-Masken den Aufführungen eine mystische und übernatürliche Note, indem sie Tengu als mächtige, facettenreiche Wesen darstellen.
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Cosplay Darsteller in einem charakteristischen Tengu-Kostüm auf einem Matsuri
Foto © Pixabay
Tengu in der modernen Popkultur, Manga und Anime
In der modernen Popkultur sind Tengu häufige Figuren in Anime, Manga, Videospielen und Filmen. Sie werden oft als mystische Wesen mit übernatürlichen Kräften dargestellt, die zwischen Gut und Böse schwanken.
Ihre ikonische Erscheinung mit langen Nasen und vogelartigen Merkmalen macht sie zu faszinierenden Charakteren, die sowohl als weise Mentoren als auch als trickreiche Gegenspieler auftreten können.
Hier sind einige Beispiele für die Rolle von Tengu in Manga, Anime und Filmen:
Anime:
- "Naruto": Der Charakter Karasu Tengu und die Figuren des Tengu-Clans sind stark von der Mythologie der Tengu inspiriert, oft dargestellt als mächtige und gefährliche Wesen mit außergewöhnlichen Kräften.
- "Tenguu no Chi": Dieser Anime bezieht sich direkt auf die Tengu-Mythen und beleuchtet die verschiedenen Aspekte und Legenden, die mit diesen übernatürlichen Wesen verbunden sind.
Manga:
- "Nura: Herr der Yokai" (Nura: Rise of the Yokai Clan): In diesem Manga spielen Tengu als mächtige Yokai (Geister) eine wichtige Rolle, die als Wächter auftreten und oft im Konflikt mit anderen übernatürlichen Wesen stehen.
- "Karasu Tengu Kabuto": Dieser Manga behandelt die Abenteuer des Kriegers Kabuto, der auf den Eigenschaften und dem Aussehen der Tengu basiert. Die Serie verwebt traditionelle Mythologie mit actiongeladenen Kämpfen.
Film:
- "The Great Yokai War" (2005): In diesem Fantasy-Film erscheinen Tengu als eine der vielen Yokai, die die Welt der Menschen vor bösen Geistern schützen sollen. Ihre Darstellung orientiert sich stark an traditionellen Mythen und zeigt ihre zwiespältige Natur.
- "Tengu Gaiden": Dieser Film nutzt die Legende der Tengu, um eine Geschichte über den Konflikt zwischen Menschen und übernatürlichen Wesen zu erzählen, wobei die Tengu sowohl als Gegner als auch als Verbündete auftreten.
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