Setsubun: Das japanische Bohnenwurf-Festival auf Dämonen
Jedes Jahr wirft man beim japanischen Bohnenwurf-Festival Setsubun (節分) mit Bohnen auf Dämonen. Dieser japanische Brauch dient dem Vertreiben der bösen Wintergeister bzw. Dämonen, die in Japan als Oni (鬼) bezeichnet werden. Ähnliche Bräuche gibt es auch in vielen Teilen Europas, jedoch nehmen die Wintergeister hier andere Gestalten an, wie z.B. Strohpuppen, die verbrannt werden. Der Hintergrund ist dabei immer der gleiche – die Geister des Winters sollen vertrieben werden, um sicherzustellen, dass der Frühling einzieht.
Was ist Setsubun?
Setsubun wird heute als Bezeichnung für das Bohnenwurf-Festival genutzt, mit dem die bösen Oni des Winters vertrieben und der Einzug des Frühlings willkommen geheißen werden. Der Name bedeutet in etwa „Trennung der Jahreszeiten“ oder „Tag vor dem Wechsel der Jahreszeiten“ und wurde ursprünglich auch für alle Tage genutzt, die vor dem Wechsel zwischen einer der vier Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter liegen. Der bedeutendste dieser Tage war historisch der Tag vor dem Wechsel von Winter zu Frühling, der heute in aller Regel als einziger noch als Setsubun bezeichnet wird.
Der Ursprung der heutigen Setsubun-Festivals liegt wohl in der Heian-Zeit (794 bis 1192), in der ein Exorzist namens Hososhi den kaiserlichen Hof besuchte, um vor dem Wandel von Winter zu Frühling böse Geister auszutreiben. Auf diese Rituale sollen die heutigen Bräuche des Setsubun Bohnenwurf-Festivals zurückgehen. Das Bohnenwerfen selbst hingegen ist ein Ritual, das auf die Muromachi-Zeit (1337-1573) zurückgeht.
Das typische Bohnenwerfen an Setsubun wird Mamemaki (豆まき) genannt. Die Bohnen (in aller Regel Sojabohnen) müssen dabei geröstet sein, um die Oni vertreiben zu können. Man wirft die gerösteten Sojabohnen an Setsubun aber nicht nur, sondern isst diese auch – und zwar genau eine mehr, als man Lebensjahre zählt. Geröstete Sojabohnen, manchmal sogar mit Dämonenmaske, gibt es daher auch Ende Januar und Anfang Februar überall zu kaufen. Auf Festivals werden zudem Tüten mit gerösteten Sojabohnen (und anderem) in die Menge geworfen.
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Setsubun-Set für Zuschauer: geröstete Bohnen und Oni- (Dämonen-) Masken.
Foto © Setsubun,bean and mask of ogre,Katori-city,Japan, CC BY-SA 3.0
Wann ist das Setsubun-Festival?
Das Setsubun-Festival findet jedes Jahr am 3. Februar statt, manchmal auch am 2. oder 4. Februar. Das entspricht nicht dem meteorologischen Frühlingsbeginn, sondern liegt deutlich vor diesem. Dies liegt – wie das manchmal wechselnde spezifische Datum – daran, dass für die Bestimmung der chinesische Mondkalender genutzt wird, der lange in Japan gültig war. Dieser teilt das Jahr in 24 Einheiten (sekki; 節気) zu je 15 Tagen ein und ermöglicht so eine genauere Bestimmung. Das Setsubun-Festival fällt immer auf den letzten Tag der „großen Kälte“ oder Daikan (大寒) vor dem Beginn von Risshun (立春), dem ersten Tag des Frühlings.
Die Legende hinter Setsubun
Einer weit verbreiteten Legende nach suchte einst ein menschenfressender Dämon ein japanisches Dorf heim. Die Bewohner beteten zu den Kami (神, Götter) um Hilfe, den Dämon daran zu hindern, weiter Menschen zu fressen. Einer der Kami hatte die listige Idee, dem Dämon eine geröstete Sojabohne zu geben und ihm zu versprechen, er dürfe weiter Menschen fressen, wenn aus der Bohne eine Pflanze sprießt. Da die Bohne geröstet war, keimte sie natürlich nicht und der Oni musste aufhören, die Menschen in dem Dorf zu fressen.
Historisch betrachtet geht das Setsubun-Festival und der Bohnenwurf-Brauch auf einen Tsuina (追儺) genannten chinesischen Brauch zurück, der im 8. Jahrhundert nach Japan kam. Zudem gibt es in China den Brauch, Bohnen zu werfen, um für gute Gesundheit zu beten.
In Japan war Setsubun ursprünglich vor allem ein Teil der Traditionen, mit denen sich ein Haushalt auf die erste Jahreszeit des neuen Jahres vorbereitete. Heute wird Setsubun nicht mehr unbedingt im Privaten gefeiert, sondern auch in Firmen, Schulen sowie an Schreinen und Tempeln mit vielen Besuchern, die gemeinsam das Setsubun-Festival begehen.
Mamemaki: Das Bohnenwerfen
Eines der zentralen Rituale beim Setsubun-Festival ist das Mamemaki, das Bohnenwerfen (in manchen Gegenden werden auch Erdnüsse verwendet). Um mit den gerösteten Bohnen auf einen Oni werfen zu können, muss ein Oni da sein. Zwar gibt es auch die Möglichkeit, das Ritual ohne einen solchen durchzuführen, indem man die Bohnen bei geöffneter Tür gegen den eindringenden Wind wirft, aber ehrlich – einen Oni zu bewerfen, macht natürlich mehr Spaß.
Deswegen verkleiden sich je nach Situation Personen mit einer Dämonenmaske als Oni. Das können Lehrer an einer Schule sein, Priester oder Prominente bei einem Festival oder ein Elternteil bei einer privaten Setsubun-Feier (traditionell der männliche Familienvorstand oder ein männliches Familienmitglied, das im selben Tierkreiszeichen geboren wurde).
Wichtig ist es dann, die gerösteten Bohnen mit aller Kraft gegen oder auf den Dämon zu werfen und dabei laut „Oni wa soto! Fuku wa uchi!“ zu rufen (鬼は外 福は内; Teufel raus! Glück rein!). Bei einer privaten Setsubun-Feier wird der Oni-Masken-Träger so aus der Tür des Hauses gejagt und diese dann lautstark zugeworfen, um die symbolische Reinigung des Hauses abzuschließen.
Bei den großen Festivals bleibt es beim Werfen auf die Oni-Darsteller. Anschließend an das Mamemaki essen Japaner genau so viele geröstete Sojabohnen, wie sie Lebensjahre zählen plus eine, als Glücksbringer für das neue Jahr.
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Date Masamune Kostümierung auf dem Setsubun-Festival im Shiogama-jinja-Tempel
Foto © Eraevsky, Сэцубун в храме Сиогама-дзиндзя (5) 2020, CC BY-SA 4.0
Oni – Die Dämonen von Setsubun
Die Oni – Dämonen oder böse Geister in der japanischen Mythologie – sind menschenähnliche Wesen mit behörnten Köpfen und meist grimassenartig verzerrten Zügen. Für die Darstellung während des Setsubun-Festivals werden meist Masken benutzt, die teils zusammen mit den gerösteten Sojabohnen verkauft werden.
Bei großen Festivals sind es auch richtige Oni-Kostüme, die von den Darstellern getragen werden. Allerdings sind nicht alle Oni unbedingt böse. Die Bandbreite reicht von neutralen Geisterwesen über tumbe Oger bis hin zu wirklich abgrundtief bösen Dämonen. Bei den Oni des Setsubun handelt es sich jedoch immer um menschenfressende böse Dämonen, wie Oni in der Heian-Zeit zur Entstehung von Setsubun üblicherweise noch exklusiv aufgefasst wurden.
Essen und Traditionen von Setsubun
Rund um das Setsubun-Festival haben sich über die Zeit auch andere Speisen und Traditionen etabliert, als das Essen von genau so vielen gerösteten Sojabohnen plus einer, wie man Lebensjahre zählt.
Im Westen Japans werden zum Beispiel gerne gegrillte Sardinen zu Setsubun gegessen. Deren spezieller Geruch soll lokalen Legenden nach Dämonen fernhalten. Daher ist es an manchen Orten auch Sitte, einen auf den Ast eines Stechpalmenbaumes gespießten Sardinenkopf an der Haustür aufzuhängen. Der Geruch soll die Dämonen fernhalten und die Stacheln der Stechpalme diese regelrecht aufspießen.
Eine heute in ganz Japan zu Setsubun beliebte und verbreitete Speise sind Ehomaki (惠方巻) – Glücksrichtungs-Sushi-Rollen. Ehomaki sind relativ lang und groß im Vergleich zu gewöhnlichen Sushi -Rollen und werden schweigend und am Stück gegessen, ohne sie zu schneiden. Ehomaki bestehen oft aus sieben Zutaten, da die Zahl sieben in Japan mit Glück assoziiert wird. Ehomaki isst man außerdem in Richtung der im entsprechenden Jahr geltenden Glücksrichtung, 2024 ist diese Ost-Nordost, 2025 dann West-Südwest. Viele Japaner essen ihre Ehomaki an Setsubun zudem mit geschlossenen Augen und wünschen sich dabei etwas.
Eine andere an Setsubun beliebte und verbreitete Speise ist Soba-Nudelsuppe. Soba Nudeln stehen für ein langes Leben und werden sonst gerne am Neujahrsfest gegessen. Der Genuss von Soba an Setsubun ist in Japan vor allem in den Regionen Nagano, Izumo und Shimane besonders weit verbreitet. Zuletzt gibt es auch einen besonderen Sake, der an Setsubun bevorzugt getrunken wird. Diese als Shōgazake (生姜酒) bezeichnete Sake-Sorte wird mit Ingwer gebraut.
Setsubun heute: Modernität trifft Tradition
Setsubun ist ein alter Brauch, der sich in Japan über die Jahrhunderte erhalten hat. Dabei trifft Tradition immer wieder auf Modernität. So können die beliebten Speisen zum Setsubun und auch die gerösteten Sojabohnen fertig gekauft oder bestellt werden, was der modernen, auch in Japan hektischen Lebensweise entgegenkommt.
Zudem feiert nicht jeder mehr Setsubun zu Hause, sondern viele nehmen die Möglichkeit wahr, das Festival an Schreinen oder Tempeln zu begehen, wie in Tokio, wo am buddhistischen Senjo-ji Tempel jedes Jahr rund 100.000 Menschen zusammenkommen, um Setsubun zu feiern. Auch der Gebrauch von Erdnüssen (in der Schale) statt Sojabohnen ist neueren Datums und hat den Vorteil, dass keine Lebensmittel verschwendet werden. Insgesamt ist Setsubun – ähnlich wie das Neujahrsfest – ein fester Bestandteil im Leben der meisten Japaner und die großen Feiern an Tempeln wie dem Senjo-ji oder dem Yasaka Schrein in Kyoto werden sogar im Fernsehen übertragen.
Setsubun an Schreinen und Tempeln
An Schreinen und Tempeln begeht man in Japan an vielen Orten Setsubun gemeinsam. Dies reicht von sehr großen Veranstaltungen mit zehntausenden Besuchern und Fernsehübertragung bis hin zu kleineren Veranstaltungen. Die Rolle der Oni wird oft entweder von einem oder mehreren Priestern oder von Prominenten übernommen.
Oft werden auch Beutel mit gerösteten Sojabohnen und anderen kleinen Geschenken in die Menge geworfen, um diese mit „Munition“ auszustatten, die Oni zu bewerfen. An einem Schrein oder Tempel kann Setsubun eine richtige Volksfeststimmung haben, ganz anders als im familiären Rahmen, wenn man das eigene Heim von bösen Geistern und Dämonen für das neue Jahr reinigt.
Regionale Unterschiede und Kuriositäten
Regionale Unterschiede gibt es beim Setsubun in Masse. Ein Beispiel sind die schon angesprochenen gegrillten Sardinen und aufgespießten Sardinenköpfe, die man fast ausschließlich im Westen Japans findet. Eine andere ist die Nutzung von Erdnüssen statt gerösteten Sojabohnen. Daneben existieren neben anderen regionalen Besonderheiten zudem viele Varianten des Spruches „Oni wa soto! Fuku wa uchi!“, den man beim Werfen der Bohnen ruft.
Eine traditionelle Kuriosität des Setsubun-Festivals, die heute eigentlich nur noch von Geishas und deren Kunden durchgeführt wird, ist das Verkleiden als das andere Geschlecht (alternativ auch Alter), eine Form ritualisierten Cross-Dressings.
Relativ neu ist hingegen der inzwischen weit verbreitete Brauch, an Setsubun Ehomaki zu essen, der durch Convenience Stores erst in den 1990er Jahren populär gemacht wurde.
Setsubun und seine soziale Bedeutung
Setsubun kann je nach der Art, wie es begangen wird, unterschiedliche soziale Bedeutungen haben. Zentral ist dabei immer die Vertreibung der Oni, der bösen Wintergeister, und die Begrüßung des Frühlings bzw. neuen Jahres, von dem man sich Glück erhofft.
In einem privaten Setting in der Familie kommt die Reinigung des Hauses hinzu sowie eine Stärkung der familiären Bindung durch das gemeinsame Begehen des Festes.
Bei einem großen Festival oder auch am Arbeitsplatz oder in der Schule ist es hingegen eher das Gefühl und die Stärkung von Gemeinschaft, die sozial im Vordergrund stehen. Zudem bewahrt man die eigene Kultur durch die Ehrung dieses alten Brauches – und das mit leckerem Essen und durchaus einer Menge Spaß beim Bohnenwurf gegen die Dämonen.
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