Shibori - Japanische Technik für Batik-Muster
Shibori (しぼり) ist eine japanische Färbetechnik für Stoffe, mit der man eine Art Batik-Muster erzeugt. Dabei sind Shibori und das ursprünglich aus Indonesien stammende Batik im Grunde genommen zwei grundsätzlich unterschiedliche Techniken der Stofffärbung, mit denen lediglich ähnliche Effekte erzielt werden können.
Beim Shibori wird das Färben traditionell mit Indigo, einer natürlichen blauen Farbe bzw. einem Färbemittel, durchgeführt. Um die geometrischen Muster und batikähnlichen Effekte zu erzielen, wird der Stoff vor dem Färben mithilfe unterschiedlicher Werkzeuge oder Hilfsmittel abgebunden, gewickelt, gefaltet, gepresst oder sogar genäht.
In Japan blickt Shibori auf eine sehr lange Geschichte zurück. Es war lange Zeit eine der wichtigsten Färbetechniken für Stoffe und Kleidung in nahezu allen Gesellschaftsschichten. Daher entwickelten sich im Laufe der Zeit verschiedene Arten bzw. Techniken des Shibori. Diese wurden zu einer eigenständigen Kunstform.
Durch den rasanten technischen Fortschritt in der zweiten Hälfte des 19. und im 20. Jahrhundert geriet Shibori jedoch nach und nach fast in Vergessenheit. Aus diesem Grund gründeten Shibori-Künstler in den späten 1980er-Jahren das World Shibori Network.
Heute ist Shibori in Japan und darüber hinaus eine beliebte Färbetechnik, auch für Amateure, mit der man Stoffe gestalten und mit Mustern versehen kann.
- Verschnürter Stoff im Indigo-Färbebad – typisch für die traditionelle japanische Shibori-Technik zur Mustererzeugung auf Stoff.
Foto © Teona Swift
Was ist Shibori?
Der Begriff Shibori ist vom japanischen Wort Shiboru (絞る), also „auspressen“ oder „auswringen“, abgeleitet. Er bezieht sich direkt auf die Technik selbst.
Shibori nutzt verschiedene Methoden wie Falten, Binden und Pressen des Stoffes vor dem Färbevorgang. Dadurch werden bestimmte Stoffbereiche vor der Farbe geschützt. Je nach Art der Vorbereitung entstehen auf diese Weise unterschiedliche Muster und batikähnliche Effekte – mit teils weichen, teils drastischen Farbübergängen. Denn gefaltete oder abgebundene Partien kommen kaum oder gar nicht mit dem Färbemittel in Kontakt.
Ähnlich wie Sashiko, einer traditionellen japanischen Sticktechnik, verbindet Shibori Kunst und Handwerk. Die Technik wertet Stoffe visuell auf und verleiht ihnen eine besondere Ästhetik.
Klassischerweise wird Shibori mit blauer Farbe durchgeführt, da traditionell fast ausschließlich Indigo, ein natürlicher Farbstoff, verwendet wurde. Durch die jahrhundertealte Tradition haben sich in Japan regionale Besonderheiten und unterschiedliche Stile herausgebildet.
Als Färbetechnik eignet sich Shibori auch für Laien, die zu Hause experimentieren möchten. Schon beim ersten Versuch lassen sich – mit einer guten Anleitung – sehr schöne Ergebnisse erzielen.
Shibori in der japanischen Geschichte
Historischen Quellen zufolge ist eine Form des Shibori in Japan spätestens seit dem 8. Jahrhundert bekannt – also während der sogenannten Nara-Zeit (710 bis 794). Einige Hinweise deuten sogar auf eine noch frühere Existenz einer ähnlichen Färbetechnik hin, auch wenn diese bisher nicht materiell belegt werden konnte.
Im Laufe der Geschichte wurde Shibori zu einer der wichtigsten Färbetechniken für Stoffe und Kleidung – sowohl bei der wohlhabenden Oberschicht als auch bei einfachen Leuten. Ursprünglich wurden vor allem Seide, seltener Leinen und Hanfstoffe, später auch Baumwolle, gefärbt.
Besonders bekannt wurde Shibori zu Beginn der Edo-Zeit (1603 bis 1868) durch Stoffe aus der Stadt Arimatsu und ihrer Umgebung. Diese sind unter den Namen Arimatsu Shibori oder Narumi Shibori bekannt. Sie waren nicht nur begehrte Handelswaren, sondern gelten bis heute als herausragendes Beispiel für traditionelles japanisches Handwerk.
Dank der Gründung des World Shibori Network in den späten 1980er-Jahren und der seit 1992 stattfindenden Shibori-Symposien konnte die Technik erhalten und international bekannt gemacht werden.
Neben professionellen Shibori-Künstlern erfreut sich die Technik heute auch bei Hobbykünstlern großer Beliebtheit.
Warum ist Shibori immer blau?
Shibori wird traditionell mit dem Farbstoff Indigo gefärbt. Diese Praxis hat sich bis heute weitgehend erhalten – auch wenn mittlerweile mit anderen Farben experimentiert wird.
Indigo ist ein tiefblauer, organischer Farbstoff, der historisch aus der aus Indien stammenden Indigopflanze oder aus den Blättern des Färberwaids (auch „deutscher Indigo“) gewonnen wurde. In Japan war Indigo einer der am besten zugänglichen und am weitesten verbreiteten Farbstoffe. Dadurch konnten ihn auch Teile der einfachen Bevölkerung nutzen.
Zusätzlich bietet Indigo praktische Vorteile: Der Farbstoff ist besonders farbbeständig und besitzt eine natürliche insektenschützende Wirkung.
Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Farbe Blau liegt in ihrer kulturellen Bedeutung. In Japan steht Blau symbolisch für Reinheit, Ruhe und Harmonie – Werte, die in der traditionellen Ästhetik und im Alltagsleben hochgeschätzt werden.
- Vorbereitete Stoffe mit traditionellen Shibori-Falt- und Bindetechniken – der entscheidende Schritt vor dem Färben für einzigartige Muster.
Foto © Teona Swift
Was unterscheidet Shibori von Batik?
Shibori und Batik sind zwei unterschiedliche Färbetechniken, die jedoch ähnliche Muster-Effekte erzeugen können. Der wichtigste Unterschied liegt in der Vorgehensweise:
Bei der Shibori-Technik wird der Stoff gefaltet, gewickelt, gebunden oder genäht, um bestimmte Bereiche vom Färbemittel auszuschließen. Dadurch entstehen geometrische oder organisch wirkende Muster.
Bei der Batik-Technik hingegen wird Wachs auf den Stoff aufgetragen. Die mit Wachs bedeckten Stellen nehmen später keine Farbe auf. Diese Methode führt häufig zu kreisförmigen oder unregelmäßigen Mustern, die sich deutlich von den oft strukturierten, symmetrischen Shibori-Mustern unterscheiden.
Während Batik ihren Ursprung in Indonesien hat, ist Shibori eine tief in der japanischen Textilkunst verwurzelte Technik. Beide Formen haben ihre eigene Ästhetik und Geschichte, doch wer genau hinschaut, erkennt schnell die individuellen Charakteristika.
Die verschiedenen Arten von Shibori-Techniken und -Mustern
Shibori wird in Japan in unterschiedliche Techniken unterteilt, die jeweils charakteristische Musterarten hervorbringen. Zu den bekanntesten gehören:
- Kanoko Shibori – Der Stoff wird mit Fäden gebunden oder verknotet. Je nachdem, wie fest gebunden und ob zusätzlich gefaltet wird, entstehen unterschiedliche Kreis-Muster – oft klein, aber wirkungsvoll.
- Itajime Shibori – Hierbei wird der meist gefaltete Stoff zwischen Holzplatten gepresst. Diese Technik ermöglicht die Gestaltung geometrischer Muster, die besonders klar und strukturiert wirken.
- Kumo Shibori – Der Stoff wird sehr fein und gleichmäßig gefaltet, anschließend in engen Abschnitten gebunden. So entsteht ein spinnennetzartiges Muster, das fast grafisch wirkt.
- Arashi Shibori – Der Stoff wird diagonal um eine Stange gewickelt und anschließend mit einem Faden fest fixiert. Danach wird er gefärbt. Das Ergebnis sind diagonale Linien und Streifen, die an Sturmregen erinnern – passend, denn „Arashi“ bedeutet auf Japanisch „Sturm“.
Weitere bekannte Techniken sind:
- Nui Shibori – Hier kommen Laufstiche zum Einsatz, mit denen der Stoff zusammengezogen wird. • Miura Shibori – Diese Technik nutzt Nadeln und Fäden, um den Stoff zu fixieren – ganz ohne Knoten.
Jede dieser Methoden erzeugt einzigartige Muster und eröffnet kreative Spielräume – sowohl für traditionelle als auch für moderne Anwendungen.
Welche Materialien und Farben benötige ich für Shibori?
Um Shibori selbst auszuprobieren, benötigen Sie vor allem einen geeigneten Stoff und eine passende Textilfarbe.
Besonders gut eignen sich Naturstoffe wie Baumwolle, Leinen, Seide, Wolle oder Viskose. Falls der Stoff synthetische Fasern enthält, sollte der Naturfaseranteil mindestens 60 % betragen, um gute Färbeergebnisse zu erzielen.
Traditionell wird mit dem tiefblauen Indigo gearbeitet, einem Farbstoff, der aus der Indigopflanze gewonnen wird und für Shibori typisch ist. Heute nutzen viele Shibori-Künstlerinnen und -Künstler jedoch auch andere Textilfarben. Eine beliebte Alternative ist Jeansblau, doch auch Grau und andere Farbtöne finden Verwendung.
Natürlich können Sie mit unterschiedlichen Farben experimentieren – doch Blau bleibt nach wie vor die charakteristische Farbe für diese japanische Färbetechnik.
- Stolz präsentiert: ein handgefärbtes T-Shirt mit leuchtendem Shibori-Muster – jedes Stück ein Unikat der japanischen Färbekunst.
Schritt-für-Schritt-Anleitung für Shibori zuhause
Wenn Sie Shibori selbst ausprobieren möchten, können Sie sich an dieser allgemeinen Anleitung orientieren. Je nach gewünschtem Muster muss der Stoff vorher unterschiedlich vorbereitet werden – durch Falten, Binden, Wickeln oder Nähen, je nach Shibori-Technik.
Diese Werkzeuge und Hilfsmittel benötigen Sie:
- Handschuhe • Gefäße (für Färbung und Auswaschen) • Seil oder dicker Faden (zum Abbinden) • Wäscheklammern oder Holzplättchen (z. B. für Itajime Shibori) • Textilfarbe (traditionell Indigo, alternativ Jeansblau oder Grau)
Geeignete Materialien: Verwenden Sie Stoffe, die zu mindestens 60 % aus Naturfasern bestehen – ideal sind Seide, Leinen oder Baumwolle. Der Stoff kann eine einfache Stoffbahn sein, aber auch ein T-Shirt oder Jutebeutel eignet sich gut.
So gehen Sie Schritt für Schritt vor:
- Vorbereitung des Stoffes: Waschen Sie den Stoff gründlich (möglichst heiß und ohne Weichspüler) und lassen Sie ihn trocknen. So wird sichergestellt, dass das Gewebe den Farbstoff gut aufnimmt.
- Falten oder Abbinden: Formen Sie den Stoff nach der gewählten Shibori-Technik. Manche Methoden sind einfacher und besonders für Anfänger geeignet, andere erfordern etwas Übung.
- Färben: Tauchen Sie den vorbereiteten Stoff in das Färbebad, das aus Wasser und der gewählten Textilfarbe Tragen Sie dabei unbedingt Handschuhe.
- Auswaschen und Trocknen: Spülen Sie den gefärbten Stoff vorsichtig mit Wasser aus, um überschüssige Farbe zu entfernen. Anschließend gut trocknen lassen – und fertig ist Ihr individuelles Shibori-Design!
Besonders reizvoll an Shibori ist die Vielzahl an möglichen Mustern. Es lohnt sich, mit verschiedenen Falt- und Abbundtechniken sowie Farben zu experimentieren – von den kleinen Kreisen des Kanoko Shibori über das spinnennetzartige Kumo-Muster bis zu den geometrischen Formen des Itajime Shibori.
Shibori Batik-Muster in der modernen Mode und Kunst
Die durch Shibori erzeugten Muster sind äußerst vielfältig und strahlen oft eine fast meditative Ruhe aus. Auch die Farbverläufe – mal sanft, mal kontrastreich – sind einzigartig in der Welt des Stofffärbens.
Kein Wunder also, dass Shibori nach seiner Wiederentdeckung in den letzten Jahrzehnten auch die internationale Modewelt erobert hat. Neben dem klassischen Shibori-Kimono finden sich heute auch Shibori-Kleider, Shibori-T-Shirts und andere modische Textilien mit diesen faszinierenden Mustern. Jedes Shibori-Kleidungsstück ist dabei ein Unikat, denn jeder Färbevorgang erzeugt individuelle Ergebnisse.
Auch wenn die Modeindustrie versucht, diese Muster maschinell nachzuahmen, bleiben handgefärbte Stücke in ihrer Vielfalt und Tiefe unerreicht.
Noch verbreiteter ist die Anwendung von Shibori-Designs im Bereich der Inneneinrichtung: auf Kissen- und Bettbezügen, Stoffbeuteln, Vorhängen oder Polsterstoffen. Während industriell gefertigte Designs weit verbreitet sind, sind handwerklich produzierte Shibori-Stücke deutlich kostspieliger – aber auch einzigartig.
Besonders in den USA ist Shibori aktuell ein echter Trend, der über das klassische Indigo-Blau hinausgeht. Es wird mit Farben und Materialien experimentiert, ohne die traditionelle Technik aus dem Blick zu verlieren.
Darüber hinaus lässt sich Shibori nicht nur auf Stoff, sondern auch auf Papier oder andere färbbare Materialien anwenden. So eröffnet die Technik neue Wege in der Kunst und im Kunsthandwerk, bei denen individuelle Werke mit Charakter und Tiefe entstehen.
Wo kann man Shibori in Japan erleben?
Im Heimatland des Shibori gibt es zahlreiche Möglichkeiten, diese traditionelle Färbetechnik hautnah zu erleben – sei es in Museen, bei Festivals oder in Workshops.
- Shibori Museum in Kyoto: Das Museum liegt in einer Stadt mit jahrhundertealter Tradition in Kunst und Handwerk und zählt zu den beliebtesten Reisezielen Japans. Es bietet Ausstellungen über die Geschichte und Techniken des Shibori, sowie Workshops, in denen Besucher selbst kreativ werden können. Besonders hervorzuheben sind die Werke der berühmten Arimatsu Shibori-Kunst.
- Arimatsu und Narumi – die Heimat des Shibori: Die Stadt Arimatsu in der Präfektur Aichi war in der Edo-Zeit das Zentrum der Shibori-Färberei. Bis heute wird hier unter dem Namen Arimatsu Shibori bzw. Narumi Shibori traditionell gefärbt – ein echtes Qualitätssiegel in Japan. Besucher können durch historische Stadtviertel schlendern, Werkstätten besichtigen und bei Shibori-Festivals kunstvoll gefärbte Stücke bestaunen und erwerben.
- Shibori-Workshops in ganz Japan: Von Tokyo über Osaka bis Kyoto – in vielen Städten werden Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten. Hier kann man entweder erste Erfahrungen sammeln oder bereits vorhandene Kenntnisse vertiefen. Die Teilnahme an einem solchen Kurs ist eine wunderbare Möglichkeit, in die japanische Färbekunst einzutauchen und ein ganz persönliches Shibori-Unikat zu gestalten.
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