Sentō - Traditionelle Badehäuser in Japan einfach erklärt
Sentō (銭湯) ist die Bezeichnung für traditionelle Badehäuser in Japan. Diese waren früher insbesondere in den Städten die oft einzige Möglichkeit, sich eingehend zu reinigen, da viele japanische Wohnungen und Häuser noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts über keine eigenen Badezimmer verfügten. Dies hat sich natürlich grundlegend geändert, aber die Sentō sind nach wie vor beliebte Orte, um sich bei einem heißen Bad zu entspannen und soziale Kontakte zu knüpfen, auch wenn ihre zentrale Bedeutung und Anzahl gerade in den Großstädten immer mehr nachlässt. Die Geschlechter baden heutzutage übrigens streng voneinander getrennt, was allerdings eine eher neuere Einführung aus dem 19. Jahrhundert darstellt. Ansonsten richtet man sich auch in Sentō nach den auch sonst meist üblichen Gepflogenheiten in japanischen Badehäusern im weiteren Sinne (nicht zu verwechseln mit Schwimmbädern) – erst wäscht man sich mit einer Schüssel und erst anschließend nimmt man, meist zusammen mit anderen, ein heißes Bad in einem der Badebecken.
Was ist ein Sentō?
Ein Sentō ist ein öffentliches Badehaus, in dem man sich säubern und ein heißes Bad nehmen kann. Es ist nicht mit einem Schwimmbad zu verwechseln, auch wenn Sentō heute im Inneren in manchen Aspekten ähnlich aussehen können. In einem Sentō legt man zuerst alle Kleidung ab und begibt sich dann nackt zu den Waschzubern oder Duschen, an denen man sich mit Seife eingehend säubert. Erst danach geht man in das eigentliche, heiße Badebecken, in dem man zusammen mit anderen Besuchern entspannen kann. Das Wasser in Sentō ist in fast allen Fällen das Leitungswasser, das in diesen Badehäusern in der Regel leicht gechlort für das Bad erhitzt wird.
- In einem modernen Sentō stehen Waschplätze mit Hockduschen zur gründlichen Reinigung bereit – erst danach folgt das gemeinsame Bad im Becken.
Foto © sanmai - Flickr: Modern sento at Takayama, CC BY 2.0
Was ist der Unterschied zwischen Onsen und Sentō?
Ein Onsen unterscheidet sich zuallererst dadurch von einem Sentō, dass in einem Onsen das oft stark mineralhaltige Wasser natürlicher heißer Quellen für die Bäder genutzt wird. Allerdings ist Onsen kein geschützter Begriff, weswegen es auch manche Orte gibt, die sich Onsen nennen, aber eigentlich ein Sentō sind, also das normale Wasser aus der Leitung nutzen. Ein guter Hinweis auf ein echtes Onsen sind die Schriftzeichen 天然温泉 (Tennen Onsen; „heißes Wasser aus einer natürlichen Quelle”). Onsen legen viel Wert auf ihr Ambiente und haben zudem oft Becken mit einem besonders schönen Blick auf die Natur, manchmal sogar unter freiem Himmel (Rotenburo; 露天風呂). Sentō sind hingegen eher praktisch eingerichtet und haben in aller Regel keinen Ausblick nach draußen, allerdings gibt es dort oft Wandbilder, zum Beispiel vom Fuji-san, um so einen Ausblick zumindest anzudeuten. Zuletzt sind Onsen Orte der Entspannung und für ihre heilende Wirkung bekannt, weswegen es in diesen sehr leise und gesittet zugeht, um die Heilwirkung durch Ruhe und Entspannung zu unterstützen. In Sentō gibt es zwar auch eine eigene Etikette für die richtige Verhaltensweise, aber die Atmosphäre ist im Allgemeinen weniger formell und es wird gerne miteinander geredet.
Geschichte der Sentōs in Japan
Die Geschichte der Sentō beginnt in der Nara-Zeit (710–784) mit Dampfbädern in buddhistischen Klöstern, die ursprünglich Iwaburo (岩風呂, Steinbäder) oder Kamaburo (釜風呂, Ofenbäder) genannt wurden und den Mönchen vorbehalten waren. Später wurden diese Dampfbäder auch für Kranke und Arme geöffnet. Das erste öffentliche Badehaus in Japan wird 1266 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, während das erste Badehaus in Edo (dem heutigen Tokio) wohl erst im Jahr 1591 eröffnete. In der Edo-Zeit (1603 bis 1868) erleben Sentō eine erste wirklich weite Verbreitung besonders innerhalb der Städte, wo viele Häuser über keine eigenen Waschmöglichkeiten verfügten. Zudem entwickelten sich zwei unterschiedliche Typen von Sentō: Heißwasser-Bäder in Tokio und Dampfbäder in Osaka.
- Historische Darstellung eines Sento von 1780 „Onna Yu“ (Badehausfrauen) Holzschnitt.
Foto: Torii Kiyonaga, Public Domain
Eine Geschlechtertrennung existierte historisch nicht und so waren viele Badehäuser auch als Orte der Prostitution bekannt und teilweise verrufen. Dies führte in der Meiji-Zeit (1868 bis 1912) zur Schließung bestimmter Typen von Badehäusern und der Einführung einer strikten Geschlechtertrennung. Die nach den neuen Anforderungen gebauten Sentō aus der Meiji-Zeit ähneln den heutigen deutlich und waren deutlich größer als die vorher üblichen, verfügten über Fenster und später auch über fließendes Wasser. Viele der älteren Sentō wurden allerdings durch die Bombardements im Zweiten Weltkrieg zerstört und dann nach diesem wieder neu errichtet.
Seit den 1970er Jahren und dem sich immer weiter verbreitenden Vorhandensein von japanischen Badezimmern in Häusern und Wohnungen nimmt die Anzahl von Sentō und deren Besuchern zwar stetig ab, sie sind aber bis heute beliebte soziale Orte geblieben. Selbst die Verbindung von Prostitution und Bad hat sich in Japan mit den sogenannten Soaplands (Bordelle, in denen Frauen ihre Kunden oder mit diesen baden) gehalten.
Wie ist ein traditionelles Sentō aufgebaut?
Sentō haben traditionellerweise im Inneren alle einen sehr ähnlichen Aufbau, während sie von außen höchst unterschiedlich aussehen können. Letzteres reicht von freistehenden Häusern mit einem tempelähnlichen Eingang bis hin zu einer ganz normalen Fassade, an der nur ein Schild darauf hinweist, dass sich dahinter ein Sentō versteckt.
Hinter dem Eingang liegt typischerweise der Genkan (玄関) genannte Eingangsbereich mit der Kasse, an der man teils auch Shampoo und ein Handtuch erstehen kann, Schuhschränken sowie Schließfächern für Wertgegenstände und andere persönliche Habseligkeiten. Vom Genkan führen dann zwei gekennzeichnete Türen in die getrennten Bereiche für Männer (男, oft in Blau gehalten) und Frauen (女, oft in Rot gehalten) in die Umkleideräume (Datsuijo). Hier kleidet man sich ganz aus (in Sentō wird nackt gebadet). Die Kleidung wird in Körben oder in Spinden aufbewahrt. Vom Datsuijo betritt man dann durch eine weitere Tür den Badebereich (Furoba). Zuerst wäscht man sich hier eingehend in Duschen mit Sitzgelegenheiten, bevor man in die eigentlichen Badebecken geht. Von diesen Badebecken gibt es häufig gleich mehrere mit unterschiedlichen Temperaturen (mindestens eines ist sehr heiß), in Form kalter Tauchbäder und Sprudelbecken. Die Badebecken sind dabei als Gemeinschaftsbäder ausgelegt, in die man sich gemeinsam mit anderen Besuchern des Sentō begibt.
- Blick in den Badebereich eines traditionellen Sentō mit ikonischer Fuji-Wandmalerei – typisch für viele Badehäuser in Japan.
Foto © ウィキ太郎(WikiTaro) - Own work, Public Domain
Die Etikette im Sentō – Badehaus Regeln in Japan
In Sentō herrschen gewisse Regeln, an die man sich als Besucher halten muss. Zudem ist der Eintritt in Sentō mit Tätowierungen im Allgemeinen verboten. Dies bezieht sich allerdings hauptsächlich auf großflächige Tattoos, wie sie in Japan für Mitglieder der Yakuza typisch sind. Wenn man ein Tattoo hat, sollte man sich vor dem Besuch eines Sentō über die dort spezifisch geltenden Regeln informieren. Manche erlauben kleinere Tattoos, in anderen können diese mit Pflastern überdeckt werden, wieder andere sind in der Auslegung sehr streng und ein Besuch kommt dann nicht in Frage.
Jetzt aber zu der Etikette beim Besuch eines japanischen Badehauses:
- Schuhe müssen im Genkan (Eingangsbereich) ausgezogen werden, für diese und Wertsachen stehen in der Regel Schließfächer zur Verfügung.
- Nachdem man seine Schuhe ausgezogen hat, bezahlt man an der Kasse oder einem Automaten den Eintrittspreis (Shampoo, Duschgel und Badetuch bringen Japaner selber mit, in manchen Sentō können diese auch an der Kasse gekauft werden, dies ist aber nicht überall möglich!).
- Die Badebereiche sind nach Geschlechtern getrennt und so muss man darauf achten, den richtigen Bereich zu betreten. Diese sind mit den Kanji für Mann und Frau (s.o.) sowie meist auch farblich gekennzeichnet. Dabei steht meist Blau für Männer und Rot für Frauen.
- In Sentō wird nackt gebadet, man muss sich also in der Umkleide vollständig ausziehen. Die Kleidung wird in Spinde oder bereitstehende Körbe gelegt.
- Bevor man in eines der Bäder steigt, wäscht man sich in einem Sentō gründlich an einem der dafür vorgesehenen Waschplätze. Dies ist wichtig, um das Gemeinschaftsbad möglichst sauber zu halten.
- Das kleine Handtuch oder Badetuch, das man mit ins Sentō nimmt, darf nicht in das Badewasser gelangen. Entweder legt man es am Rand des Badebeckens ab oder drapiert es auf dem Kopf.
- Sentō sind Orte der Entspannung. Daher sollte man sich entsprechend leise und respektvoll verhalten. Dies bedeutet aber nicht, dass man sich in einem Sentō nicht unterhalten dürfte, was Japaner gerne tun, immerhin sind es heute vor allem auch Orte der sozialen Begegnung.
- Zuletzt sollte man sich noch einmal oberflächlich an einem der Waschplätze säubern und teilweise abtrocknen, um den Umkleideraum möglichst trocken zu halten.
- Diese Infografik fasst die acht wichtigsten Verhaltensregeln für den Besuch eines Sentō in Japan zusammen – vom Schuheausziehen bis zum abschließenden Abspülen.
Preise – Wie viel kostet der Eintritt in ein Sentō?
Der Besuch in einem Sentō kostet (nur Eintritt) durchschnittlich zwischen 400 und 600 Yen (ca. 3–5 Euro). Der spezifische Preis wird durch die Lage des Sentō sowie das Angebot in diesem beeinflusst. Handtücher, Seife und Shampoos können in vielen Sentō gegen eine geringe Gebühr erstanden oder geliehen werden, üblicherweise bringen Gäste diese Utensilien aber selber mit. Manche Sentō bieten zudem zusätzliche Premium-Dienstleistungen wie Saunen oder Massagen an, die aber natürlich extra bezahlt werden müssen.
Welche Rolle spielen Sentōs heute in der japanischen Gesellschaft?
Sentō haben ihren ursprünglichen Sinn als zentrale Wasch- und Bademöglichkeiten insbesondere für die Bewohner von Städten in Japan inzwischen schon lange weitgehend verloren. Ihre Bedeutung oder Rolle liegt heute vor allem darin, Orte der Entspannung und sozialen Begegnung zu sein. Sie sind nach wie vor ein wichtiger Treffpunkt, an dem Japaner zusammenkommen, entspannen, miteinander reden und sich vernetzen. Auch als reiner Ort der Entspannung nach einem anstrengenden Tag haben Sentō bis heute einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert bei vielen Japanern, die den Besuch im Sentō teils sogar zu einem Teil ihrer täglichen Routine machen.
Dieser an sich hohe Stellenwert der Sentō kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Nutzung und Anzahl durch die weitflächige Einführung privater Badezimmer in Häusern und Wohnungen stetig zurückgeht, wie dies z. B. auch in Tokio zu merken ist.
Vergleich der Badehäuser: Sentō vs. Super-Sentō
Sentō gibt es in unterschiedlichen Formen. Dabei wird vor allem zwischen klassischen Sentō und sogenannten Super-Sentō unterschieden. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Sentō, wie wir sie hier hauptsächlich vorgestellt haben, sind Super-Sentō moderne und deutlich größere Versionen der traditionellen japanischen Badehäuser. In einem Super-Sentō findet man neben einer größeren Auswahl an Badebecken auch Saunen, Massagen und andere Wellness-Angebote. Anders als die einfacheren und für den täglichen Gebrauch gedachten traditionellen Sentō sind Super-Sentō klar für den Wellness-Tourismus konzipiert und haben oft auch Onsen-Bäder sowie angeschlossene Restaurants oder Ruhebereiche mit Liegen und TV.
Natürlich ist aber auch der Eintritt für ein Super-Sentō mit seinen vielen zusätzlichen Angeboten deutlich teurer als der für ein traditionelles Badehaus in Japan. Trotzdem erfreuen sich Super-Sentō wachsender Beliebtheit – nicht nur bei Touristen, sondern auch bei jüngeren Japanern, die Wert auf Komfort, Erlebnis und Zusatzangebote legen.
Wie die geografische Lage das Sentō-Erlebnis beeinflusst
Die geografische Lage hat durchaus einen Einfluss auf das Sentō-Erlebnis. So sind Sentō in Städten und insbesondere Großstädten, wo sie historisch besonders weit verbreitet waren, aufgrund der meist beengten Verhältnisse oft eher einfach gehalten und unscheinbar. Sie waren und sind hier vor allem Badehäuser für den alltäglichen Gebrauch. Auf dem Land hingegen sind Sentō oft größer und legen einen größeren Wert auf eine gemütliche Atmosphäre und liebevolle Ausstattung. Es kommt zudem vor, dass Onsen, also mit heißen Quellen gespeiste Badebecken, Teil dieser ländlichen Sentō sind.
Auch die Gestaltung und sogar die Architektur der Sentō können sich regional voneinander unterscheiden. Dies gilt ebenfalls für das Badeerlebnis selbst, da das Wasser in den Becken (oder einigen Becken) in bestimmten Gegenden Japans zusätzlich mit Mineralien angereichert wird, was der Hautgesundheit zugutekommen und eine wohltuende Wirkung entfalten soll. Ein Besuch in einem ländlichen Japan Badehaus kann daher ein ganz anderes Erlebnis bieten als in einem urbanen Umfeld – authentischer, ruhiger und manchmal mit einem Hauch Nostalgie.
Besonderheiten berühmter Sentōs in Japan
In Japan gibt es in manchen Städten geradezu berühmte Sentō, die für ihre Einrichtung, Architektur oder Geschichte bekannt sind. Drei von diesen, deren Besuch sich auch als Tourist besonders lohnt, sollen hier vorgestellt werden:
- Koganeyu (Tokio): In Tokio befindet sich mit dem Koganeyu ein historisches Sentō, das vor allem durch seine wunderschöne, traditionelle Architektur besticht. Besonders eindrucksvoll sind die bemalten Kacheln und die hölzerne Dachkonstruktion. Nach einer aufwendigen Renovierung verbindet das Koganeyu heute Tradition mit modernem Komfort.
- Funaoka Onsen (Kyoto): In Kyoto wiederum ist das Funaoka Onsen mit seinen kunstvollen Wandmalereien, Holzschnitzereien und besonderen Wasserbecken (z. B. Kräuterbecken, extra-heißes Becken) besonders sehenswert. Das Funaoka Onsen ist zudem eines der ältesten Sentōs in Japan und bietet eine faszinierende Reise in die Vergangenheit der japanischen Badekultur.
- Shimizu-Yu (Osaka): In Osaka hingegen empfiehlt sich der Besuch des historischen Sentō Shimizu-Yu, das für seine authentische Atmosphäre bekannt ist und durch seine zentrale Lage außerdem gut zu erreichen ist. Das Shimizu-Yu ist bei Einheimischen wie bei Reisenden beliebt und bietet eine besonders ursprüngliche Form des Sentō-Erlebnisses.
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Titelfoto © Soyoung Han auf Unsplash
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