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Schlafkultur in anderen Ländern: So schlafen die Japaner

Schlafkultur in Japan, da fällt den meisten wahrscheinlich erst einmal der Futon ein. Schon die traditionell eigentlich zwingend dazugehörende, darunterliegende Tatami-Matte aus Reisstroh wird vielen hingegen schon kein Begriff mehr sein. Aber sind das schon die ganzen Unterschiede zwischen den japanischen und unseren deutsch-europäischen Schlafgewohnheiten? Bei weitem nicht!

Schlafkultur sind die Gewohnheit rund um das Ruhen eines Landes oder einer Region. Sie ist meist kulturell geprägt. Ähnlich wie Essensgewohnheiten, die sich schon regional innerhalb eines Landes stark unterscheiden können. In Japan gilt Schlaf so als Verlust von Lebenszeit und wird kulturell eher kritisch betrachtet: eine leidige Notwendigkeit eben. Dies führt nicht nur zu einer deutlich kürzeren durchschnittlichen Nachtruhe von nur etwa 6 Stunden in Japan, sondern zeigt sich auch in der Einrichtung und Architektur der Häuser, die zumindest traditionell auf Schlafzimmer im westlichen Sinne verzichten.

Über Futon und Tatami-Matte wollen wir im Folgenden ebenso reden wie über Inemuri – das kurze japanische Nickerchen, oft auch als Powernapping beschrieben. Zudem zeigen wir Wege, wie sich japanische Schlafkultur und europäische Gewohnheiten sinnvoll miteinander verbinden lassen.

Weitere Besonderheiten der japanischen Schlafkultur

Wenn Schlaf kulturell als etwas problematisches oder gar schlechtes wahrgenommen wird, wie dies in Japan der Fall ist, treibt das mitunter seltsame Blüten. So ist das Einschlafen am Arbeitsplatz ein Zeichen für einen fleißigen Arbeitnehmer, der bis zur totalen Erschöpfung alles für seinen Arbeitgeber zu geben bereit ist. Überhaupt haben Japaner weitaus weniger Hemmungen im öffentlichen Raum zu schlafen.

Diese Gewöhnung an das – meist kurze, einem Nickerchen ähnliche – Schlafen zu jeder Tageszeit beginnt schon im Kleinkindalter. Dafür ist der „Mittagsschlaf“ wie wir ihn als kurze Unterbrechung des tätigen Tagesablaufes kennen in Japan unbekannt. Auch ungewöhnlich: Kinder schlafen traditionell gemeinsam mit der Mutter in einem Raum, oft sogar auf demselben Futon, bis sie Jugendliche werden. So gewöhnen sie sich früh in ihrer Entwicklung an ein Schlafverhalten, das äußere Störungen weitgehend ignorieren kann.

Alte Fotografie von zwei Mädchen auf einem klassischen Futon, die sich schlafend stellen. Foto von Adolfo Farsari (1841 - 1898), HDR Photographs by Esby, Public domain, via Wikimedia Commons.

Zuletzt schläft man in Japan nie mit dem Kopf in Richtung Norden, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Hintergrund dieser besonderen Schlafgewohnheit in der japanischen Schlafkultur ist die Sitte, die Toten mit dem Kopf nach Norden zu bestatten. In der japanischen Vorstellung ist diese Körperlage allein den Toten vorbehalten, weshalb man sich nicht in diese Himmelsrichtung weisend zur Ruhe bettet.

Insgesamt wird Schlaf in Japan nicht als gesunde und notwendige Erholung von Arbeit und Alltag angesehen, sondern als notwendiges Übel. Daher ist es üblich, spät ins Bett zu gehen und früh aufzustehen. Das Aufstehen bildet dann auch direkt den Übergang vom privaten ins gesellschaftliche Leben.

Schlafverhalten und Schlafgewohnheiten: Büroschlaf oder die Kunst des Inemuri

Wissenschaftler gehen davon aus, dass man am Tag idealerweise zwischen sieben und neun Stunden schläft. In Europa wird dies in der Regel durch ein so genanntes monophasisches Schlafverhalten erreicht, indem man in der Nacht genügend schläft. Die Schlafphasen müssen aber nicht am Stück erfolgen und so haben sich insbesondere in Asien und Indien so genannte polyphasische Schlafverhalten entwickelt, bei denen der Schlaf auch über den Tag verteilt in Anspruch genommen wird.

Nickerchen auf einem Balkon in einer Großstadt. Foto von Hernan Sanchez, via Unsplash

In Japan hat sich so Inemuri (居眠)  entwickelt, was sich in etwa als „Schlafen während man anwesend ist“ übersetzen lässt. Inemuri kann auf der Arbeit stattfinden, in der U-Bahn, auf einer Parkbank oder selbst in einem öffentlichen Lokal. Was hierzulande eher unangenehm auffallen würde, gilt ins Japan geradezu als Auszeichnung und ist gesellschaftlich absolut existiert. Jemand, der Inemuri praktiziert, zeigt, dass er sich ganz und bis zur Erschöpfung für seine Aufgaben aufopfert.

Der japanische Büroschlaf ist eine Form des „Powernappings“. Diese kulturelle Besonderheit wurde auch wissenschaftlich untersucht und gilt als eine sehr gute Möglichkeit, die Konzentrationsfähigkeit durch eine kurze Auszeit wiederherzustellen. In der durch exemplarische Höflichkeit und eine ausgeprägte Etikette geprägten japanischen Kultur wird Inemuri teils auch strategisch genutzt. So tut der eine oder andere Chef bei Meetings schon einmal so, als wäre er eingenickt, um den Mitarbeitern zu ermöglichen, sich offen auszutauschen.

Futon, Tatami-Matten und multifunktionale Räume: Schlafen in Japan

In Japan mit seinen auch historisch oft sehr beengten Wohnverhältnissen waren eigene Schlafzimmer immer ein besonderer Luxus und weitestgehend unüblich. Statt einen Raum für den – ohnehin wenig hoch angesehenen – Schlaf zu reservieren, werden in der Regel Wohnräume mit Einbruch der Nacht durch das Ausrollen des Futons auf einer Tatami-Matte schnell in ein „Schlafzimmer“ umgerüstet.

Tatami-Zimmer mit zusammengeräumten Futons im klassischen Stil. Foto von egetprep, via Pixabay

Dieser multifunktionalen Nutzung der Räume kommen auch andere Eigenheiten der traditionellen japanischen Innenarchitektur wie z. B. Schiebewände, mit denen man große Räume teilen kann, entgegen. Heutzutage, wo die meisten Japaner in modernen Appartements wohnen, sind abgetrennte Schlafzimmer wie westliche Betten üblicher geworden und werden von etwa 50 Prozent der Japaner genutzt.

Die meisten anderen Schlafsitten – vom Inemuri über das lange gemeinsame Schlafen von Mutter oder Eltern mit den Kindern – sind davon aber weitgehend unberührt geblieben. In kleinen Appartements ist auch das gleichzeitige Schlafen und Wohnen gang und Gäbe, so wie dies in Deutschland auch vorkommt. Ob dies nun mit einem Futon geschieht, der tagsüber zusammengerollt wird, oder ob ein richtiges Bett vorhanden ist, macht da keinen wirklichen Unterschied.

Futon für Zuhause: mit Tatami-Matte oder als Futon-Bett mit Lattenrost

Auch wenn hierzulande kaum jemand auf sein Schlafzimmer zu Gunsten eines multifunktional genutzten Raumes aufgeben wollen würde, kann man sich natürlich japanische Schlafkultur ins Haus holen. Das kann ganz klassisch mit Futon auf Tatami-Matte umgesetzt werden, als auch in Form eines Futon-Bettes. Diese bestehen in der Regel aus einem niedrigen Bettrahmen mit darunterliegendem Lattenrost. So verbindet man japanische mit europäischer Schlafkultur.

Modernes Futonbett im asiatischen Stil.Foto von keresi72, via Pixabay

Aber auch die Einrichtung nach den Richtlinien des Feng-Shui oder japanische Deko-Elemente können ein Stück des Fernen Ostens in ihre vier Wände bringen. Die perfekte Zusammensetzung muss ohnehin jeder für sich selbst finden – und da gibt es keine Regeln.

Echte Tatami-Matten aus Reisstroh und verschiedenste Futons haben wir in unserem Blog natürlich auch schon vorgestellt – lesen sie mal rein!

Titelfoto: Melanie M, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

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