Kamidana: Japanischer Hausschrein & Altar
Ein Kamidana (神棚), übersetzt "Götterregal", ist ein shintoistischer Hausschrein und Altar, den gläubige Menschen in Japan in ihrem Heim aufstellen. Oft werden in einem Kamidana bis zu drei Kami (Shinto-Götter) verehrt.
Der Kamidana, der in der Regel erhöht auf einem Regal platziert wird, dient den Gläubigen als Ort, um den dort verehrten Kami kleine Opfergaben darzubringen und einfache Gebete zu vollziehen. Neben einem Kamidana findet sich in einem japanischen Haushalt oft auch ein Butsudan (仏壇), ein buddhistischer Hausschrein, der komplementär genutzt wird und insgesamt sogar üblicher ist als ein Kamidana.
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Ein Kadima zum Neuen Jahr mit Shimenawa Strohseil, die Grenzmarkierungen für den Raum der Götter.
Foto © katorisi - Own work, CC BY 3.0
Was ist ein Kamidana?
Ein Kamidana war ursprünglich, nach der Einführung des Konzepts während der Edo-Zeit (1603-1868), oft nur ein einfaches Brett (Tana), das erhöht (über Augenhöhe) in einem Haus angebracht wurde. Auf diesem Brett wurden sogenannte O-fuda (お札) ausgestellt, bedruckte Zettel mit dem Namen eines Kami.
Ursprünglich handelte es sich dabei vor allem um die Kami des Ise-Schreins, des wichtigsten Shinto-Schreins, insbesondere Amaterasu. Über die Zeit wurden Kamidana als Orte der Verehrung immer aufwändiger gestaltet. Eine gewisse Form der Standardisierung und eine wirklich landesweite Verbreitung erfuhren Kamidana jedoch – wie auch der Butsudan – erst während der Meiji-Zeit (1868-1912).
Ein Kamidana wird als Hausschrein und Altar genutzt, an dem den dort verehrten Kami Opfergaben in Form von Lebensmitteln (Reis, Sake, Salz und Wasser) oder Blumen dargebracht und einfache Gebete gesprochen werden.
In einem heutigen Kamidana werden oft Amaterasu, der Kami eines lokalen Schreins sowie ein dem Gläubigen besonders nahestehender Kami verehrt. Diese werden jeweils durch ein ausgestelltes O-fuda, einem typisch japanischen Glücksbringer, symbolisiert.
Daneben gehört auch immer mindestens ein Shintai (神体) genannter Gegenstand zu einem Kamidana, der es einem Kami erlaubt, sich zu manifestieren. Ein Shintai für ein Kamidana ist oft ein kleiner runder Spiegel, kann aber auch ein Magatama (勾玉) oder ein anderes Objekt mit symbolischem Wert sein.
Kamidana bieten Gläubigen im Alltag die Möglichkeit, sich an die Kami zu wenden, ohne einen Schrein besuchen zu müssen. Allerdings sind Kamidana bei weitem nicht in jedem japanischen Haushalt vorzufinden und insgesamt weniger üblich als die Butsudan genannten buddhistischen Hausschreine. Diese spielen in Japan auch eine Rolle bei der Ahnenverehrung und für Beerdigungen bzw. die Trauer.
Die Elemente eines Kamidana
Ein Kamidana besteht immer aus dem Tana genannten Regalbrett, auf dem der Altar errichtet wird, aus den O-fuda (oft drei) und deren Aufstellungsort, der zentral auf dem Brett angelegt ist. Nicht selten ähnelt der Aufstellungsort der Fassade eines Hauses oder Schreins.
Der mittlere Platz ist in der Regel für ein O-fuda der Ise-Götter (Amaterasu) vorgesehen. Links davon steht ein Kami, mit dem man eine persönliche Verbindung hat, und rechts der Kami eines lokalen Schreins bzw. der lokalen Schutzgottheit. Ein vor den O-fuda platziertes Element ist der oder die Shintai in Form von kleinen runden Spiegeln, Magatama oder anderen symbolischen Objekten. Ein optionales Element eines Kamidana stellt ein darüber angebrachtes Shimenawa (標縄; Götterseil) dar, das im Shinto als Vehikel der rituellen Reinigung gilt.
Einrichtung, Dekoration und Platzierung des Kamidana
Bei der Aufstellung eines Kamidana gibt es vor allem drei essentielle Regeln zu beachten:
- Ein Kamidana muss immer über Augenhöhe erhöht errichtet werden.
- Ein Kamidana darf nicht über einem Eingang errichtet werden, sondern sollte an einem Platz angebracht sein, an dem Menschen nicht darunter hindurchgehen.
- Nach dem Einbringen eines O-fuda in einen Kamidana müssen diesem kleine Opfergaben dargereicht werden, die dann in der Regel täglich erneuert werden.
Vor den O-fuda werden die Opfergaben in passenden Behältnissen (Schalen, Vasen, etc.) und der oder die Shintai als Ort der Manifestation der Kami aufgestellt. Hinzu kommen manchmal noch Zierobjekte wie Miniaturlaternen, Gohei (Zickzackpapier aus Metall) und grüne Zweige.
Traditionell stehen die dekorativen Elemente an den Seiten, die Opfergaben in der Mitte und zentral der oder die Shintai. Zudem sollte ein Kamidana möglichst so aufgestellt werden, dass er nach Osten oder Süden zeigt.
Traditionelle Rituale, Bräuche und Anlässe
Als dem Shinto zugeordneter Hausschrein ist der Kamidana ein Ort der Verehrung der Kami und dient auch als eine Art Altar. Die ausgestellten O-fuda sollten jährlich erneuert werden. Alte O-fuda werden den Schreinen zurückgegeben.
Traditionelle Nutzung des Kamidana als Hausschrein
Neben besonderen Anlässen bietet der Kamidana die Möglichkeit zur täglichen Durchführung von Gebeten und dem täglichen Reichen von Opfergaben. Diese bestehen in der Regel aus Reis, Sake, Wasser und Salz und können am folgenden Tag gegessen, getrunken oder zum Kochen genutzt werden. Vor dem Gebet oder dem Reichen der Opfergaben wird eine rituelle Reinigung von Händen und/oder dem Mund durchgeführt.
Der Kamidana an Neujahr
An Neujahr wird den in einem Kamidana verehrten Kami ein spezielles Kagami-Mochi (japanische Mochi) dargebracht. Außerdem wird der Kamidana speziell mit frischen Sakaki-Blättern geschmückt. Vor dem eigentlichen Neujahrsfest steht zudem eine Reinigung des Haushalts an.
Spezielle Kami für spezielle Anlässe
Die Kami des Shinto haben jeweils ihr spezielles Gebiet. So wird für wirtschaftlichen Erfolg vor allem der Kami Inari gebeten, der für Industrie, Wohlstand, Finanzwesen und Landwirtschaft zuständig ist und – wenig verwunderlich – einer der am meisten verehrten Kami ist. Für die Liebe (und allgemein Dinge, die fließen) steht Benzaiten, eine der sieben Glücks-Kami, die daher besonders populär bei jungen Paaren und frisch Verheirateten ist.
Das Gebet am Kamidana
Ein Gebet an einem Kamidana folgt meist der Darreichung neuer Opfergaben. Für das Gebet stellt man sich vor den Kamidana und schaut diesen an. Zu dem Gebet gehört meist die Danksagung für das Geschenk des Lebens und das Versprechen, sein Möglichstes zu tun. Zum Abschluss verbeugt man sich zweimal, klatscht zweimal in die Hände und verbeugt sich abschließend noch ein weiteres Mal.
Der Kamidana als Schutz
Der Kamidana kann auch als ein quasi magischer oder ritueller Schutz eines Hauses dienen oder zur Abwehr von Unheil. Dies hängt dann mit den in diesem verehrten Kami zusammen, wie z.B. Hachiman, der als Beschützer Japans gilt. Die Verehrung von lokalen Schutzgottheiten oder Yashiki-gami findet demgegenüber nicht in einem Kamidana statt. Für diese errichtet man extra Orte entweder außen auf der Rückseite des Hauses oder in der Nähe, z.B. in einem nahen Waldstück.
Kamidana und Shintoismus
Kamidana sind ein Teil des Shintoismus, der die Kami in Schreinen verehrt. Durch die O-fuda kann man sich einen solchen Kami-Schrein durch einen Kamidana sozusagen ins Haus holen. Dabei hat aber nicht jeder Shinto-Gläubige unbedingt einen Kamidana.
Die Tradition selbst ist – im Gegensatz zum Shinto-Glauben – eher jüngeren Datums und stellt unter keinen Umständen eine Pflicht dar. Gerade in den großen Städten mit ihren beengten Wohnverhältnissen ist zudem die korrekte Aufstellung eines Kamidana oder einfach auch der nötige Platz teils schwierig zu finden.
Die Unterschiede zwischen Kamidana und anderen religiösen Schreinen
In Japan ist neben dem Kamidana vor allem der buddhistische Hausschrein, Butsudan genannt, verbreitet. Der Butsudan ist in Japan sogar üblicher als ein Kamidana.
Der Name Butsudan steht dabei allerdings allgemein für einen buddhistischen Schrein, was mitunter etwas verwirrend sein kann. Anders als bei einem Kamidana, in dem Kami verehrt werden, wird in einem Butsudan vor allem Ahnenverehrung und Erinnerung an Verstorbene betrieben. Dies liegt auch daran, dass die Beerdigungsriten in Japan schon seit langer Zeit fast exklusiv mit dem Buddhismus verbunden sind.
Weitet man den Blick aus, so kann man sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede zwischen dem Kamidana und Hausaltären oder -schreinen anderer Religionen finden. Gerade einem christlichen Hausaltar mit Marienfigur, Kerzen und vielleicht kleinen Bildchen oder ähnlichem ist der Kamidana im Grunde genommen gar nicht so unähnlich.
DIY-Kamidana: Schrein selber bauen und dekorieren
Mit ein bisschen handwerklichem Geschick kann man sich einen Kamidana selber bauen, wenn man keinen vorgefertigten kaufen will. Dabei ist es besonders praktisch, dass das aufwändigste und zentrale Element, die „Behausung“ für die O-fuda, keine besondere Form haben muss. Die Darstellung als Fassade eines Schreins oder Hauses ist lediglich üblich.
Ansonsten braucht man eigentlich nur ein Regalbrett und einen passenden Platz in einem Zimmer, am besten nach Osten oder Süden weisend.
Für das Kamidana werden die üblicherweise drei Plätze für die O-fuda am besten auf dem Tana genannten Regalbrett befestigt. Dann muss das Tana an der Wand montiert werden.
Schwieriger kann es außerhalb Japans werden, O-fuda zu erhalten, die man normalerweise direkt bei einem Shinto-Schrein kauft. Dasselbe gilt für die passenden Schalen für Opfergaben und Shintai.
Allerdings ist es durchaus möglich, hier selbst etwas zu basteln bzw. die Schalen mit nicht ganz korrekten Gefäßen zu substituieren. So kann das selber bauen eines Kamidana auch über längere Zeit erfolgen, bis man am Ende alle gewünschten Dinge in der richtigen Form zusammen hat, ohne auf diesen funktional verzichten zu müssen.
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