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Rakugo – Die japanische Kunst komische Geschichten vorzutragen

Rakugo (落語, zu deutsch: „gefallene Worte“) ist eine besondere Form des Erzählens von Geschichten, wie man sie nur in Japan vorfindet. Geschichten allgemein sind natürlich ein fester Bestandteil jeder Kultur, man denke nur an die griechischen Mythen. Dem Rakugo am ähnlichsten sind die westlichen Entwicklungen des Theaters und der Oper, allerdings ist Rakugo fast immer eine One-Man-(oder woman) Show.

Ursprünglich wurde Rakugo als karukuchi (軽口, zu deutsch: Witze) bezeichnet. Dies liegt an der anekdotischen Eigenart der vom Rakugoga, dem Erzähler, vorgetragenen Geschichte. Meist erzählt er lange und komplizierte Geschichten, die mit einer komischen Anekdote enden, seltener auch eine sentimentale Geschichte. Erzählt wird beim Rakugo immer im Sitzen (in der seiza Sitzposition) und der Rakugoga hat traditionell zwei Requisiten zur Verfügung: den sensu (扇子), ein Papierfächer, und ein tenugui (手拭) genanntes kleines Tuch.

Werfen Sie mit uns einen Blick in die Geschichte der faszinierenden japanischen Kunstform Rakugo und erfahren Sie, wo man auch heute noch auf klassisch ausgebildete Rakugoka treffen und ihre Kunst Live bewundern kann.

Die Geschichte des Rakugo

Das Rakugo Theater Asakusa Engei Hall in Tokio
Asakusa Engei Hall ist ein bekanntes japanisches Theater mit Rakugo-Events. Foto: von Kentin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Die Ursprünge des Rakugo werden gemeinhin in der Edo-Zeit (1603–1868) verortet. Die ersten Geschichtenerzähler, die sich dieser – am Anfang natürlich weniger genau ausformulierten – speziellen Form des Redevortrags für ein Publikum bedienten, waren wohl Handwerker, die abends nach getaner Arbeit zur Unterhaltung pointierte Geschichten zum Besten gaben. Traditionelle Rakugo-Erzählungen spielen daher auch meist in der Edo-Zeit, in der die japanische Gesellschaft streng in Klassen eingeteilt war.

Die ersten regelrechten Rakugo-Theater, die in Japan meist als yose-Theater bezeichnet werden, wie man sie auch heute noch in vielen der größeren japanischen Städte finden kann, entstanden Ende des 18. Jahrhunderts und waren lange Zeit sehr beliebt. Wie viele andere traditionelle Künste erlebte auch das Rakugo mit der Meiji-Restoration und der starken Orientierung an Europa und dem Westen eine Krise, die so weit ging, dass dieser Beruf nach dem zweiten Weltkrieg in Osaka beinahe ausgestorben war.

Heute hat Osaka wieder sein eigenes Rakugo-Theater und eine lebendige Szene von professionellen Rakugoka. Einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung und erneuten Popularisierung des Rakugo spielt die seit 1966 durchgehend ausgestrahlte Fernsehsendung Shōten, bei der fünf Rakugo-Erzähler darum kämpfen, die beste Pointe zu bringen – natürlich immer allein auf der Bühne sitzend, wie es sich gehört. Die sehr populäre Sendung läuft seit 1967 jeden Sonntagabend und kann auch heute noch Quoten von um die 20% für sich verbuchen.

Die traditionellen Formen des Rakugo

Japanische Geisha im klassischen Theater
Rakugo ist ein starker Kontrast zum sonst klassischen Vorstellungen von einer Geisha. Foto: von gavilla, via Pixabay

Zuerst einmal braucht Rakugo immer ein Publikum. Mitentscheidend für den Erfolg des Geschichtenerzählers ist neben dem akzentuierten Sprechen, dem Einnehmen verschiedener handelnder Personen (mit je eigener Stimme) und der Begleitung der Erzählung mit komischen Gesten vor allem das sichere setzen der Pointen, die für jede komische Erzählung essentiell sind. Der erzählerische Höhepunkt des Monologes eines Rakugoka bildet das als Ochi (落ち, zu deutsch: Fall) oder Sage (下げ, Senkung) bezeichnete abbrechen des Wortflusses zugunsten eines einzigen, besonders pointierten Witzes am Ende der Erzählung.

Ausgehend von dieser klassischen Grundstruktur haben sich verschiedene Stilrichtungen entwickelt. Die Bekanntesten sind Shibaibanashi (芝居噺, Theatervorträge), die Ongyokubanashi (音曲噺, musikalische Vorträge), die Kaidanbanashi (怪談噺, Geistergeschichtenvorträge) und die Ninjōbanashi (人情噺, sentimentale Vorträge). Neben diesen vier existieren aber noch viele weitere Formen. Ihnen allen ist gemein, dass sie zumeist auf das im klassischen Rakugo so wichtige Element des Ochi verzichten.

Während des gesamten Vortrags verharrt der in der traditionellen Sitzposition des seiza ( 正座 oder 正坐, zu deutsch: richtig sitzen) und unterstreicht die Erzählung mit seinen zwei klassischen Requisiten, wenn nötig oder passend.

Der lange Weg, ein Rakugo-Meister zu werden

Dank der Geisha ans Publikum
Darsteller im klassischen Theater verbeugt sich vor dem Publikum. Foto: von ctrlaltdck, via Pixabay

Anders als im Kabuki-Theater, dessen Schauspieler sich hauptsächlich aus Familien mit einer Kabuki-Tradition rekrutieren, kann theoretisch jeder ein Rakugo-Meister werden, solange die harten Lehrjahre als Schüler durchgestanden werden. Der Verlauf der Ausbildung beginnt normalerweise damit, dass sich ein Interessierter einen Meister aussucht und diesen um Aufnahme als Lehrling bittet.

Der Meister bezahlt seinem Lehrling zwar kein Gehalt, es wird aber erwartet, dass er für die Kost des Lehrlings aufkommt, was nicht immer leicht ist, wenn man bedenkt, dass es für die Ausbildung keinerlei finanzielle Unterstützung für den Meister gibt. Für den Lehrling stehen neben dem Erlernen der rhetorischen Feinheiten, Gesten und Geschichten auch einfache Dienste wie der allmorgendliche Hausputz beim Meister auf dem Programm.

Darüber hinaus begleitet der Lehrling seinen Meister zu allen Auftritten und unterstützt ihn dabei – vom Koffer tragen über das Anlegen des Kimonos bis hin zu allen möglichen Arbeiten, die in Europa von Bühnenarbeitern übernommen werden. Das Erzählen einer Geschichte vor Publikum ist dem Lehrling zudem erst dann erlaubt, wenn der Meister es diesem für diese spezifische Geschichte erlaubt. Trotz der harten Bedingungen gibt es heute ein gesundes Verhältnis von Meistern und Schülern, so dass diese traditionelle japanische Kunst des Erzählens fürs erste gerettet scheint.

Tipps für den Besuch eines Rakugo-Theaters in Japan

Japanisches Theater in Tokio
Ein traditionelles japanisches Theater im Stadtteil Ginza von Tokio. Foto: von baroparo, via Pixabay

Einige der größten und bekanntesten Rakugo-Theater befinden sich in Tokyo. Hier sind vor allem das Shinjuku Suehirotei, das Suzumoto Engeijō in Ueno, das Asakusa Engei Theater, und Ikebukuro Engeijō hervorzuheben. Eine Karte für die Vorstellung kostet im Schnitt etwa 3000 Yen pro Person. In Osaka, einem zweiten bekannten Ort für Rakugo-Vorstellungen, lädt seit 2006 das Tenma Tenjin Hanjōtei zu einem meist humorvollen Abend mit einem Rakugo-Meister ein.

Neu ist der sich in Japan etablierende Trend, traditionelles Rakugo auch in englischer Sprache aufzuführen, was es natürlich gerade für viele Touristen sehr viel einfacher macht, den erzählten Geschichten zu folgen, denn nicht jeder Reisende spricht Japanisch. Bekannte Größen, die auf Englisch performen sind Katsura Kaishi und Diane Kichijitsu, eine bilinguale Rakugoka aus Liverpool, die in Osaka auftritt.

Titelfoto: vera46, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

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