Der Geburtstag des Kaisers als Feiertag in Japan
In Japan wird der Geburtstag des Kaisers oder Tennō Tanjōbi (天皇誕生日) als nationaler Feiertag begangen. Damit ist dieser Feiertag einer der wenigen sich im Kalender verändernden Feiertage in Japan. Seit 2019, mit der Thronbesteigung des aktuellen Tennō (天皇; „Himmlischer Herrscher“, japanische Bezeichnung für den japanischen Kaiser) Naruhito, fällt der Kaisergeburtstag auf den 23. Februar.
Die Feier dieses Ereignisses geht dabei in Japan auf eine lange Tradition zurück, und es kann auch geschehen, dass es in einem Jahr durch einen Wechsel auf dem Thron einmal zu zwei Feiertagen kommt. Mehr über die Feiertage in Japan.
Wie hat sich der Kaisergeburtstag in Japan historisch entwickelt?
Die Ursprünge der Zelebrierung des Kaisergeburtstages in Japan wurden wahrscheinlich unter dem Namen Tenchosetsu (天長節) aus China übernommen und an die Feier zu Geburtstagen des chinesischen Kaisers Xuanzong (685 bis 762) aus der Tang-Dynastie angelehnt.
Der Name des Festes wurde aber schon 729 während der Regierungszeit des japanischen Kaisers Shōmu (聖武天皇, Shōmu-tennō, 701 bis 756) erst in Chiaki-bushi (千秋節) und 748 dann noch einmal in Tencho-setsu (天長節; in etwa: Der Himmel, die Erde und das Universum ist ewig) umbenannt.
Schon der Name des Festes sollte die Hoffnung auf ein langes Leben der laut der japanischen Mythologie direkt von den Göttern abstammenden Kaiser bzw. Kaiserfamilie ausdrücken. Der Name Tencho-Setsu blieb bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Gebrauch und wurde dann in Tennō Tanjōbi umgewandelt.
Im klassischen und feudalen Japan war der Kaisergeburtstag natürlich auch kein nationaler Feiertag, sondern ein rituelles Fest am Hofe des Tennō, bei dem alten Aufzeichnungen zufolge zumindest zu Beginn die Minister des Hofes mit feinem Sake bewirtet wurden. Als eine quasi heilige bzw. direkt mit den Göttern verbundene Figur sind aber Feste rund um das Amt des japanischen Kaisers auch immer mit dem Shintoismus verbunden und haben einen rituellen Charakter mit zumeist streng zu befolgenden Regeln und Zeremonien.
Eine tiefgreifende Änderung des Kaisergeburtstages setzt mit dem Beginn der Meiji-Zeit (1868 bis 1912) ein und dieser wird zu einem nationalen Feiertag. Dieser ändert sich seitdem mit jeder neuen Thronbesteigung eines japanischen Kaisers.
Der Feiertag wurde nach dem Zweiten Weltkrieg und der Verabschiedung einer neuen Verfassung im Jahr 1947 beibehalten und muss seitdem bei jeder Thronbesteigung aufgrund der Datumsänderung durch das Parlament neu als Gesetz verabschiedet werden. Der Feiertag fiel in der Meiji-Zeit auf den 3. November.
In der Showa-Zeit unter Kaiser Hirohito (Showa) fiel der Feiertag auf dessen Geburtstag am 29. April, wird seit dessen Tod aber weiter zuerst als Tag des Grünens (Midori no Hi, みどりの日) und ab 2007 als Showa no hi (昭和の日) oder Showa-Tag begangen. In der Heisei-Zeit unter Kaiser Akihito, dem Vater des jetzigen Tennō, fiel der Feiertag auf den 23. Dezember und seit dessen Abdankung im Jahr 2019 schließlich auf den Geburtstag von Kaiser Naruhito, dem derzeitigen Tennō, auf den 23. Februar.
- Der enge Kreis der kaiserlichen Familie am 72. Geburtstag des ehemaligen Tennō am 23. Dezember mit Kronprinzessin Masako, Kronprinz Naruhito, Kaiser Akihito, Kaiserin Michiko, Prinz Fumihito und Prinzessin Kiko (v. l. n. r.)
Foto © Gemeinfrei
Was macht den Kaisergeburtstag unter Kaiser Naruhito besonders?
Der Kaisergeburtstag in Japan unterliegt trotz aller Traditionen und den weitgehend gleichbleibenden Zeremonien im Kaiserpalast auch gewissen Änderungen, die die veränderten Zeiten widerspiegeln. Dazu gehört, dass der Kaisergeburtstag seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem der wenigen Gelegenheiten gehört, bei dem sich der Kaiserpalast für die Öffentlichkeit öffnet und dieser besucht werden kann.
Außerdem hält der Tennō zu seinem Geburtstag eine Ansprache vor den Besuchern von einem Balkon aus. Seit der Thronbesteigung Naruhitos nach der Abdankung seines Vaters Akihito im Jahr 2019 fällt der Kaisergeburtstag auf den 23. Februar und Naruhito legt in seinen öffentlichen Ansprachen an diesem Feiertag eine stärkere Betonung auf aktuellere Themen wie Frieden, Umwelt und internationale Zusammenarbeit.
Wie wird der Kaisergeburtstag offiziell gefeiert?
Der Kaisergeburtstag Tennō Tanjōbi wird jedes Jahr am Geburtstag des aktuell amtierenden Tennō im Kaiserpalast in Tokio gefeiert, der zu diesem Anlass, wie zum Neujahrsfest, auch im Inneren zu Teilen der Öffentlichkeit zugänglich ist. Schon im Vorlauf zu dem Feiertag schreiben viele Japaner in der Woche vor dessen Geburtstag dem Tennō Briefe, und am Tag selber hissen viele traditionsbewusste Japaner die japanische Flagge.
Am Tag des Geburtstages selber ist heutzutage vor allem die Ippan-Sanga (一般参賀) genannte Zeremonie von großer Bedeutung. Dabei tritt der Tennō in Begleitung der Kaiserin und weiterer Mitglieder der Familie auf einem Balkon des großen Empfangspavillons auf und hält eine kurze Ansprache.
Auf dem vorgelagerten, Chouwaden genannten, Platz versammeln sich dafür Japaner und Nicht-Japaner, die dieser Zeremonie beiwohnen und die Gelegenheit ergreifen wollen, den Tennō einmal live zu erleben. Die versammelte Menge begrüßt den Tennō mit dem Ausruf „Banzai!“ - zehntausend Jahre.
Nach der Begrüßung und kurzen Rede – das Ganze dauert meist nur etwa drei Minuten – zieht sich der Tennō mit seiner Familie wieder zurück und auf dem Platz werden eifrig japanische Flaggen geschwenkt, von denen man bei einem Besuch auch eine kostenlos erhalten kann. Diese Zeremonie wird zum ersten Mal um 10:20 Uhr durchgeführt (Einlass ab 9:30) und anschließend mehrmals wiederholt, um möglichst vielen Menschen die Teilnahme zu ermöglichen. Am Abend wird dann zusätzlich noch eine kurze Dankesrede des Tennō im staatlichen Fernsehen während einer Sondersendung ausgestrahlt.
Zu den vielen Besuchern im Kaiserpalast in Tokio gehören heute auch Touristen und in Japan lebende Nicht-Japaner, die sich dieses Schauspiel nicht entgehen lassen wollen. Auch manche ausländische Würdenträger nehmen mitunter teil, dies ist aber nicht mehr so zentral wie z.B. während der Meiji-Zeit, wo ein Empfang der Botschafter fest zu den Feierlichkeiten zum Kaisergeburtstag gehörte. Allerdings war die Verbindung von Kaiserhaus und Regierung bzw. Politik damals auch noch viel stärker und die Rolle des Tennō eine andere.
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Empfang zur Feier des kaiserlichen Geburtstages in der japanische Botschaft in Kuwait.
Foto © Official website of the Japanese Embassy in Kuwait - CC BY 4.0
Welche Bedeutung hat der Kaisergeburtstag für die japanische Gesellschaft?
Der Kaiser oder Tennō hat seit der Verfassung, die Japan sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gegeben hat, nur noch eine zeremonielle Bedeutung. Im 1. Artikel der Verfassung wird die Rolle des Kaisers in Japan als „Symbol des Staates und der Einheit des Volkes“ festgelegt.
Trotzdem hat der – außerhalb des Kaiserpalastes eher stille – Feiertag des Kaisergeburtstags für viele Japaner eine große Bedeutung. Er steht sozusagen für die lange Tradition Japans als Kultur, Volk und Staat, die vielen bewahrenswert und wertvoll erscheint.
Zudem bietet der Kaisergeburtstag die Möglichkeit, über die Rolle des Kaisers im modernen Japan zu reflektieren – was natürlich nicht immer ohne Kontroversen bleibt. Auch in Japan steht die Monarchie nicht mehr unangefochten an ihrem Platz. Wichtiger ist dieser Feiertag aber für viele Japaner wie das Kaisertum selbst als Symbol für die nationale Identität und Einheit Japans.
Wie wird der Kaisergeburtstag international wahrgenommen?
International hat der Kaisergeburtstag vor allem dadurch Bedeutung, dass dieser zum Anlass genommen wird, um kulturelle Angebote auch außerhalb Japans anzubieten. So richten viele Botschaften und Konsulate auf der ganzen Welt zu diesem Datum eigene kleine Feierlichkeiten aus, zu denen Gäste aus dem entsprechenden Land wie aus der diplomatischen Community und den im Land bzw. der Stadt lebenden Japaner eingeladen werden.
Auch in Japan selber wird der Kaisergeburtstag zum Anlass genommen, um diplomatische Empfänge auszurichten, an denen ausländische Würdenträger teilnehmen. Dies war jedoch während der Meiji-Zeit deutlich ausgeprägter, als der Kaiser eine weniger zeremonielle Rolle einnahm.
In Hinsicht auf die Außenwirkung kann man auch davon sprechen, dass Japan durch die Feier des Kaisergeburtstages neben der Kontinuität des Kaiserhauses – der bei weitem am längsten durchgehend amtierenden Dynastie der Welt – auch seine traditionellen Werte gegenüber der restlichen Welt demonstriert.
Welche Veränderungen und Kontroversen gab es im Laufe der Jahre?
Das Feiern eines Kaisergeburtstages in einer modernen Demokratie ist natürlich nicht unumstritten, so wie die Rolle des Tennō und der kaiserlichen Familie in der japanischen Gesellschaft überhaupt.
Dies ist in Japan mit seiner sehr traditionsbewussten Gesellschaft zwar weniger ausgeprägt, als in anderen konstitutionellen Monarchien, beispielsweise in Europa. Aber auch in Japan gibt es immer wieder kritische Stimmen. Dies hat auch mit der Rolle der Monarchie insbesondere während des Zweiten Weltkrieges zu tun, der Japan am Ende auch durch den Abwurf zweier Atombomben hart getroffen hat und die imperialen Ansprüche Japans endgültig beendete.
So änderten sich mit der Rolle des Tennō mit der nach dem Krieg verabschiedeten Verfassung auch die Feierlichkeiten zu dessen Geburtstag. Vor allem die Verbindung zur Politik war zuvor sehr viel enger und dem Tennō kam deutlich mehr Einfluss zu. Die heute rein zeremonielle Rolle des Tennō spiegelt sich sozusagen in der modernen, für die Öffentlichkeit geöffneten, ja sozusagen speziell für diese ausgerichteten Feier des Kaisergeburtstages.
Insgesamt sucht auch die japanische Monarchie ihren Platz in einer modernen, sich verändernden Welt und sieht sich der Frage gegenüber, welche Relevanz diese wie auch der Feiertag selbst in einer modernen demokratischen Gesellschaft haben können und haben sollen. Das alleinige Beharren auf Tradition ist eben auf Dauer kein Argument. Daher gibt es auch immer wieder mal Debatten über die zukünftige Rolle des Kaisers in der Gesellschaft und die Form der Feierlichkeiten.
Was könnte die Zukunft für den Kaisergeburtstag bringen?
Schon mit Naruhitos ersten Kaisergeburtstagen haben sich Veränderungen gegenüber den Feierlichkeiten zum Geburtstag seines Vaters ergeben. Naruhito gehört nicht nur einer neuen Generation an, sondern legt in seinen Ansprachen zum Kaisergeburtstag auch großen Wert und Gewicht auf sozusagen moderne Themen wie Frieden, Umwelt und internationale Zusammenarbeit.
Diese sind nicht nur für viele auch jüngere Japaner wichtige Themen, sondern sie sind auch wenig direkt auf Japan bezogen, sondern haben eine eher globale Ausrichtung, was bei einem eigentlich eher nationalen Feiertag, der tief in Traditionen eingebunden ist, schon bemerkenswert ist.
Auch der Zugang zu den Feierlichkeiten wird ständig verbessert, gerade nachdem diese in den Corona-Jahren für die Öffentlichkeit zweimal nicht so stattfinden konnten, wie sonst. Sicherlich ist es vorstellbar, dass der Kaiserpalast in naher Zukunft die Feierlichkeiten auch im Internet streamt.
Eine andere Frage für die Zukunft des Kaisergeburtstages, der neben Touristen vor allem ältere Menschen anzieht und diesen wichtig ist, ist, wie man die Jugend und zukünftige Generationen für diese Feierlichkeiten mehr begeistern und gleichzeitig die traditionellen Elemente bewahren kann.
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