Der japanische Teegarten: Bedeutung, Funktion und Elemente
Der japanische Teegarten, auch Roji (露地, taubedeckter Boden) genannt, ist eine spezielle Form des japanischen Gartens. Ein solcher Garten dient als Aufstellungsort eines Teehauses (jap. Chashitsu), in dem die japanische Teezeremonie durchgeführt wird.
Japanische Teegärten sind meist abgeschlossene Refugien. Sie sind oft von einer eigenen Mauer umgeben und werden traditionell durch ein Tor betreten. Das Design und die Ästhetik dieser Gärten orientieren sich häufig am Prinzip des Wabi-Sabi bzw. Wabi-Cha. Dieses japanische Prinzip der Ästhetik vereint Einfachheit, Natur und Vergänglichkeit.
Nach diesen Konzepten gestaltete Teegärten sollen eine Bergeinsamkeit mit einer einfachen Hütte repräsentieren und einen meditativen Rückzugsort schaffen. Der japanische Teegarten zählt zusammen mit dem Stein- oder Zen-Garten (Kare-san-sui, 枯山水, trockene Landschaft) und dem Wandelgarten (Kaiyūshiki teien, 回遊式庭園) zu den drei besonders typischen Formen des japanischen Gartens.
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Ein besonders schönes Element japanischer Teegärten: harmonisch geschwungene Brücken.
Foto © JamesDeMers auf Pixabay
Was ist ein japanischer Teegarten?
Ein japanischer Teegarten ist ein Garten, der vor und um ein japanisches Teehaus angelegt ist. Der Roji wird üblicherweise durch ein Tor betreten. Dieses symbolisiert den Übergang in eine ruhigere, einfachere Welt, in der der Alltag hinter sich gelassen wird. Das Betreten des Gartens markiert zugleich den Beginn der japanischen Teezeremonie.
Zu dieser gehört der Teegarten genauso wie das darin befindliche Teehaus, in dem der Tee nach einer Abfolge ritualisierter Schritte zubereitet wird. Ein Roji soll dabei immer möglichst natürlich und ungeplant wirken, ist jedoch meist bis ins kleinste Detail durchdacht und angelegt.
Typisch für Roji sind geschlungene Pfade, die meist aus Steinplatten bestehen und über moosigen Boden führen. Hinzu kommen Bambus- oder Kieferwäldchen, gelegentlich ein kleiner Bachlauf sowie strategisch platzierte Steine oder Felsen. Ein Teegarten ist weniger weitläufig als ein Wandelgarten und nicht so reduziert wie ein Zen-Garten. Beide Gartenformen können jedoch Teil einer größeren Anlage sein. Teegärten sind dabei fast immer durch Mauern oder heckenähnliche Abgrenzungen geschützt.
Die Geschichte des japanischen Teegartens
Die Geschichte des japanischen Teegartens ist eng mit der Entstehung der japanischen Teezeremonie und dem Zen-Buddhismus verbunden. Die Teezeremonie oder Sadō (茶道, Teeweg) entwickelte sich etwa ab dem 9. Jahrhundert aus der älteren chinesischen Teezeremonie. Diese wurde über die Zeit zu einer eigenständigen, ritualisierten Form des Teetrinkens weiterentwickelt.
Im Zen-Buddhismus zählt Sadō zu den sogenannten Dō oder Wegen, durch die man Erleuchtung erfahren kann. Die speziell für diese Zeremonie angelegten Teegärten, die als Roji bezeichnet werden, dienen als Übergang vom Alltag in einen spirituellen, meditativen Raum. Dieser bildet den Rahmen für die Teezeremonie.
Ein Teegarten soll stets Ruhe ausstrahlen und einen Raum für Reflexion bieten. Der beliebteste Stil japanischer Teegärten orientiert sich an den Prinzipien des Zen-Buddhismus sowie den vier Prinzipien des Sadō, die vom legendären Teemeister Sen-no-Rikyū im 16. Jahrhundert entwickelt wurden: wa (Harmonie), kei (Respekt), sei (Reinheit) und jaku (Stille).
Sen-no-Rikyū schuf auch einen eigenen Stil des Teehauses (Chashitsu), das an eine Berghütte erinnert. Dieses Design beeinflusste auch die dazugehörigen Gärten, die eine einsame Bergwildnis darstellen sollten. Der Teegarten im Geist von Sen-no-Rikyū ist seit dem späten 16. Jahrhundert bis heute eine der am weitesten verbreiteten Formen.
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Ein charakterisches Merkmal japanischer Teegärten: der harmonische, fließende Übergang vom Teehaus in die Natur.
Foto © Satoshi Hirayama
Welche Funktionen und Bedeutungen hat ein japanischer Teegarten?
Der japanische Teegarten hat die Funktion, eine abgeschlossene Welt zu schaffen, in der der Alltag hinter sich gelassen werden kann. Er bietet Raum für Stille, Einfachheit und Reflexion. Gleichzeitig ist der Teegarten ein essenzieller Bestandteil der japanischen Teezeremonie. Er symbolisiert die innere Vorbereitung und die spirituelle Reise, die in der gemeinsamen Teezeremonie ihren Höhepunkt findet.
Die Schaffung eines solchen meditativen Raums basiert auf den Prinzipien des Zen-Buddhismus. Ästhetisch orientiert sich ein Roji oft an der von Sen-no-Rikyū entwickelten Idee des Wabi-Cha, die Wabi Sabi mit der Teezeremonie verbindet. Historisch waren Teegärten meist private Orte, die zu Stadthäusern, Tempeln oder Schlössern gehörten. Heute sind viele bedeutende Teegärten öffentlich zugänglich. Privatpersonen legen aber auch weiterhin eigene Roji an, um Orte der Stille und Einkehr zu schaffen.
Welche Elemente sind typisch für einen japanischen Teegarten?
Ein japanischer Teegarten enthält typischerweise bestimmte Elemente, die in fast allen Anlagen vorkommen. Dazu gehören:
- Chashitsu: das Teehaus, in dem die Teezeremonie
- Geschlungene Pfade: Diese bestehen entweder aus Shiki-ishi (Flächen aus zusammengesetzten, unbearbeiteten Steinplatten) oder Tobi-ishi (freie Steinsetzungen im Schrittabstand).
- Wasserbecken: für die rituelle Reinigung vor dem Betreten des Teehauses.
- asiatische Wartebänke: Diese sind oft aus Stein oder Bambus gefertigt und können in kleinen Pavillons stehen.
- japanische Steinlaternen: für Lichtakzente entlang der Pfade.
- Zwischentore aus Holz oder Bambus, japanische Gartenbrücken
- Japanische Wasserspiele, asiatische Gartenfiguren
- Moosflächen, Gräser, Farne, Bambuszäune, Bambusrohre, Büsche und Bäume als Pflanzen
- Ein wichtiges Element im japanischen Teegarten: die Wasserspiele aus Bambus.
Foto © Jana auf Pixabay
Designprinzipien von japanischen Teegärten
Die Gestaltung von japanischen Teegärten basiert auf den Prinzipien Harmonie, Einfachheit, Stille und Natürlichkeit. Im Wabi-Cha-Stil wird eine künstliche, natürlich wirkende Landschaft geschaffen, die den Eindruck einer abgeschiedenen Bergwildnis vermittelt.
Das Paradox eines künstlichen, aber natürlich erscheinenden Designs ist dabei ein zentrales Merkmal. Ziel ist es, die Harmonie und Ruhe des Gartens auf die Besucher zu übertragen und sie zur Reflexion einzuladen.
Die Teezeremonie in einem japanischen Teegarten
Die Teezeremonie beginnt nicht erst im Teehaus, sondern mit dem Betreten des Teegartens. Das Durchschreiten des Tores symbolisiert im Sadō den Übergang vom Alltag in eine meditative Welt.
Der Weg durch den Garten folgt ritualisierten Schritten, die oft das Warten auf einer Bank oder die rituelle Reinigung am Wasserbecken umfassen. Im Teehaus selbst werden zunächst leichte Speisen und Sake gereicht, bevor der Tee zubereitet und gemeinsam genossen wird.
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Für die Anordnung der Elemente des Teezimmers gelten strenge Regeln: in der „Ro-Saison“ (Winter) wird die Feuerstelle aufgestellt, in der Furo-Saison ist das „Ro“ geschlossen.
Foto © Japanwelt
Beispiele berühmter Teegärten in Japan
In Japan gibt es einige berühmte Teegärten und Teehäuser, die teilweise den Status eines Nationalschatzes haben. Diese Klassifizierung gehört zu den bedeutendsten Auszeichnungen für historische Objekte und Gebäude in Japan. Wir stellen drei besonders herausragende Beispiele vor.
Taian – Teehaus von Sen-no-Rikyū
Das auf dem Gelände des Tempels Myōki-an bei Kyoto gelegene Taian (待庵) wurde vom legendären Teemeister Sen-no-Rikyū entworfen. Es gilt mit seinem Garten als herausragendes Beispiel für den Stil des Wabi-Cha. Das Taian ist als Nationalschatz Japans eingestuft und repräsentiert die Essenz der Ästhetik, die die japanische Teezeremonie prägt.
Der Pavillon der Fushinan-Hütte
Der im späten 16. Jahrhundert errichtete Teegarten mit dem Fushinan (不審庵) genannten Teehaus liegt in der Nähe von Kyoto. Es ist der Hauptort der Omotesenke-Schule, einer der bedeutendsten Schulen der japanischen Teezeremonie. Der Garten und das Teehaus sind Teil des Omotesenke-Landgutes und spielen bis heute eine zentrale Rolle in der Pflege der Tee-Tradition.
Teegarten und Teehaus von Konnichian
Der bis heute privat betriebene Teegarten mit dem Teehaus Konnichian ist Hauptort der Urasenke-Schule, einer weiteren bedeutenden Schule der japanischen Teezeremonie. Sowohl der Garten als auch das Teehaus werden bis heute aktiv genutzt, um die Lehren des Sadō weiterzugeben. Sie gelten als herausragende Beispiele für die Architektur und Gestaltung von japanischen Teegärten.
Teegärten außerhalb Japans
Auch außerhalb Japans wurden im Laufe der Zeit viele japanische Teegärten mit Chashitsu etabliert. Diese sind oft Teil öffentlicher Parks und entstehen häufig als Geschenke bei Städtepartnerschaften oder Jubiläen.
Die außerhalb Japans zu findenden Teegärten sind jedoch meist nicht rein traditionell. Stattdessen kombinieren sie oft Elemente der drei Hauptarten japanischer Gärten: des Wandelgartens, des Zen-Gartens und des Teegartens. Diese Kombination ermöglicht es, ein möglichst breites Bild der japanischen Gartenkunst zu vermitteln.
Der Teegarten im Stadtpark Hannover
Der Teegarten im Stadtpark Hannover wurde 1996 eingeweiht. Er entstand im Rahmen der Städtepartnerschaft mit Hiroshima. Das dazugehörige Teehaus Senshin-Tei (Pavillon der Reinigung des Geistes) wird regelmäßig für japanische Teezeremonien genutzt. Besucher können sich für diese Zeremonien anmelden und die japanische Teekultur hautnah erleben.
Japanischer Garten im Westpark München
Der japanische Garten im Westpark München wurde 1983 angelegt und war ein Geschenk der Partnerstadt Sapporo. Die Anlage vereint verschiedene typische Elemente eines japanischen Gartens, darunter einen Teich mit Steg, einen Teepavillon und japanische Steinlaternen.
Der japanische Garten in Planten und Blomen Hamburg
Der japanische Garten in Planten und Blomen in Hamburg wurde 1990 vom japanischen Architekten Araki Yoshikuni entworfen. Er gilt als der größte japanische Garten in Europa. Ein zentrales Element ist ein Teich mit einem rustikalen Teehaus, in dem im Sommer japanische Teezeremonien stattfinden. Besucher haben die Möglichkeit, an diesen Zeremonien teilzunehmen.
Japanischer Garten in den Gärten der Welt, Berlin
Der japanische Garten in den Gärten der Welt in Berlin-Marzahn wurde der deutschen Hauptstadt von Tokyo geschenkt. Wasser dient in dieser Anlage als zentrales Leitmotiv und symbolisiert die Harmonie zwischen den Ländern und Städten. Der Garten ist in drei Teile gegliedert, die jeweils Aspekte der drei Hauptformen japanischer Gärten – Wandelgarten, Zen-Garten und Teegarten – repräsentieren. Ein Teehaus ergänzt die Anlage.
Der japanische Teegarten in San Francisco
Der japanische Teegarten in San Francisco wurde ursprünglich 1894 als Teil eines japanischen Dorfs angelegt. Heute befindet sich der Garten mitten im Golden Gate Park und umfasst gut fünf Morgen Land. Er ist eine bedeutende Touristenattraktion und ein beliebtes Ziel für Besucher, die die japanische Gartenkunst erleben möchten.
Der japanische Garten in Monaco
Der japanische Garten in Monaco wurde 1994 auf Geheiß von Prinz Rainier III. erbaut. Bei der Gestaltung wurden die Prinzipien des Zen-Buddhismus besonders beachtet. Die Besucher finden hier kleine Teiche, japanische Steinlaternen, Brücken, Wasserfälle und ein Teehaus. Ein kleiner Zen-Garten ist ebenfalls Teil der Anlage.
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