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Situation der Sentō – Tokios öffentliche Bäder verschwinden langsam

Onsen (heiße Quellen) sind seit Jahrhunderten Teil der japanischen Kultur, aber sie haben in den letzten 20 Jahren stark an Popularität gewonnen. Die Onsen-Renaissance sorgt für einen Rückgang der japanischen Sentō-Kultur. Sentō sind öffentliche Bäder ohne heiße Quellen in städtischen oder vorstädtischen Vierteln.

Statistiken belegen den Rückgang der Sentō. Im Jahr 2006 gab es in Tokio noch insgesamt 963 Sentō, 873 in den 23 Bezirken, die den bevölkerungsreichsten Teil der Hauptstadt bilden. 90 Bäder waren weiter vom Stadtzentrum entfernt. Bis 2020 haben fast die Hälfte von ihnen ihre Pforten endgültig geschlossen, sodass nur noch 499 Tokyo Sentō in Betrieb sind (453 in den 23 Bezirken, 46 anderswo).

Wieso schließen Tokios Bäder so plötzlich?

Der Hauptgrund ist natürlich, dass sich das Wohnleben in Japan deutlich verändert hat. Während bis vor einigen Generationen eine zuverlässige Wasserinstallation für japanische Haushalte Luxus war, ist es heutzutage selbstverständlich. Abgesehen von den kleinsten Mietwohnungen hat heutzutage so ziemlich jede noch so kleine Wohnung in Tokio eine Dusche oder eine bescheidene Badewanne. Regelmäßiges Einkehren beim Sentō ist nicht mehr die Pflege- und Hygieneanforderung, die es einmal war, und dieses Abrutschen in Richtung Nicht-Notwendigkeit ist schon lange im Gange.

Onsen mag beliebt in Japan sein. Aber Sentō -Bäder haben nicht die Atmosphäre und Ausstattung. Viele Onsen befinden sich in malerischen Berggebieten mit angeschlossenen Restaurants, Lounges oder Unterkünften. Heiße Quellen bieten auch oft Rotenburo oder Kashikiriburo. Erstere sind Open-Air-Bademöglichkeiten, letztere sind private Wannen, die für Paare oder Familien gemietet werden können.

Im Vergleich dazu ist der Besuch eines Sentō in der Regel ein viel nackteres oder einfacheres Badeerlebnis. Anstelle von Bergen oder einem schönen Panorama gibt es lediglich ein malerisches Wandbild oder Mosaik eines Berges. Meist ist der Fuji an der Wand. Die Erfrischungen kommen höchstens aus dem Automaten. Pocari-Sweat (isotonisches japanisches Getränk) und Flaschenmilch werden verkauft, Eiscreme nur mit sehr viel Glück.

Außerdem bietet Sentō-Wasser keine gesundheitlichen Vorteile. Die meisten Onsen-Quellen werben mit verschiedenen Mineralien, welche die Haut verbessern oder den Kreislauf anregen. Zwar gibt es nicht immer wissenschaftliche Studien, dennoch denken viele Japaner, dass das Eintauchen in heiße Quellen entspannend und gesund ist.

Gibt es noch Hoffnung für Tokios öffentliche Stadtbäder?

Für Tokios öffentliche Bäder ist jedoch möglicherweise noch nicht alle Hoffnung verloren. 2020 war das vierzehnte Jahr in Folge, in dem die Zahl der öffentlichen Bäder in der Hauptstadt abnahm. 21 Bäder haben geschlossen. Zudem ging die durchschnittliche Anzahl der täglichen Kunden von 144 im Jahr 2019 auf 143 im letzten Jahr zurück.

Allerdings zeigt sich in der Anzahl der Besucher ein kleiner Hoffnungsschimmer. 2020 war auch in Japan von Corona-Einschränkungen betroffen. Der geringe Rückgang deutet daraufhin, dass eigentlich mehr Besucher gekommen wären, wenn es keine Einschränkungen gegeben hätte. Der Tiefstand der täglichen Besucher von Sentō-Bädern wurde 2013 mit 119 durchschnittlich pro Tag erreicht.

In den letzten Jahren gab es tatsächlich einen Drang unter einigen Menschen in Japan, die Sentō-Kultur zu bewahren und zu fördern. Es handelt sich wohl um eine Art Nostalgie-Welle. Allerdings wird der Zuwachs pro Sentō-Kunden durch die geringere Gesamtzahl der Sentō mehr oder weniger ausgeglichen. Selbst mit einer stadtweiten Preiserhöhung um 10 Yen (etwa 8 Cent) für den Eintritt in das Sentō, die in den nächsten Monat in Kraft treten soll, werden die Preise für Erwachsene in Tokio immer noch nur 480 Yen (rund 3,70 Euro) betragen. Hoffentlich können die japanischen Stadtbäder genug Unterstützung erhalten, um im Geschäft zu bleiben. Wenn Tokios öffentliche Bäder ganz verschwinden, werden sie wahrscheinlich nicht wiederkommen.

Bildquelle: "Sento" von chidorian, CC BY-SA 2.0, via flickr.

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