Todesstrafe in Japan: Ablauf, Hintergründe, Geschichte und kontroverse Diskussionen im Überblick
Die Todesstrafe in Japan ist ein umstrittenes Thema, das immer wieder für internationale Diskussionen sorgt. Dabei stehen die für eine westliche Demokratie ungewöhnlich harten Haftbedingungen, undurchsichtige Abläufe, immer wiederkehrende Fehlurteile und die vielen Straftatbestände ohne Mordaspekt für die die Todesstrafe verhängt werden kann, im Fokus.
Was sind die Gründe für die statistisch recht häufigen Todesstrafen in Japan? Wie läuft eine Vollstreckung ab und welche Methode wird dabei verwendet? Wie ist die öffentliche Meinung in Japan zur Todesstrafe?
Wir geben Ihnen hier einen umfassenden Überblick über die Praxis der Todesstrafe in Japan, beleuchten deren Ablauf und Methoden und beantworten die wichtigsten Fragen rund um dieses Thema.
Welche Straftaten werden in Japan mit der Todesstrafe geahndet?
In Japan wird die Todesstrafe für besonders schwere Straftaten verhängt, insbesondere für Mord in Verbindung mit weiteren erschwerenden Umständen, wie beispielsweise bei Mehrfachmord, Mord unter besonders grausamen Bedingungen oder Mord zur Verschleierung eines anderen Verbrechens wie Vergewaltigung oder Raub.
In einigen, seltenen Fällen kann die Todesstrafe auch für terroristische Anschläge oder Verbrechen gegen den Staat verhängt werden, wie zuletzt bei den Tätern und Organisatoren der Anschläge der Aum-Sekte aus den 1990er Jahren.
Seit 2012 sind in Japan insgesamt 19 Straftaten mit der Todesstrafe belegt, darunter sieben, bei denen es nicht zwingend zu einem Todesfall kommt. Dies ist einer der wichtigsten Kritikpunkte internationaler Gegner der Todesstrafe. Dennoch zeigt die Statistik, dass die Todesstrafe fast ausschließlich bei Mordfällen verhängt wird.
Wie werden Hinrichtungen in Japan durchgeführt?
Die einzige Hinrichtungsmethode in Japan ist das Erhängen. Diese Methode hat sich seit der Einführung 1873 nicht geändert. In Japan erfährt die Todesstrafe zwar immer noch eine starke öffentliche Zustimmung. Die geheime und grausame Vollstreckung der Todesstrafe wird allerdings auch in Japan öffentlich heftig kritisiert.
Der Ablauf ist streng reglementiert und findet unter größter Geheimhaltung statt. Die Hinrichtungen werden in speziellen Hinrichtungskammern durchgeführt. Der Todeskandidat wird mit verbundenen Augen und an Händen und Füßen gefesselt zum Galgen geführt.
Der Boden der Kammer ist mit einer Falltür ausgestattet, die sich durch einen Mechanismus öffnet. Ein Scharfrichter betätigt dann einen Schalter, der die Falltür auslöst und Todeskandidat stirbt durch Genickbruch. In der Kammer sind mehrere dieser Schalter installiert, den Richtigen kennt nur der Scharfrichter.
So „sauber“ sollte es zumindest in der Theorie ablaufen. Die Hinrichtungen finden allerdings in einem abgeschotteten Bereich der Strafvollzugsanstalten statt, der für die Öffentlichkeit und Medien nicht zugänglich ist. Bei den Hinrichtungen sind nur ein Staatsanwalt, der Gefängnisdirektor, ein Arzt und die Strafvollzugsbeamten anwesend.
Im Gegensatz zur Praxis der USA sind öffentliche oder unabhängige Beobachter grundsätzlich nicht zugelassen.
Kritiker argumentieren, dass Hinrichtungen durch den Strang häufig verpfuscht werden und zu einem langen, qualvollen Tod führen. Durch die strenge Geheimhaltung der Prozedur können diese Fälle allerdings nie dokumentiert werden.
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Das Tokyo Detention House, in dem sich eine der sieben Hinrichtungskammern Japans befindet
Foto © PekePON (talk) / 投稿者, CC BY-SA 3.0, wikimedia
Wie sind die Haftbedingungen für zum Tode Verurteilte in Japan?
Zum Tode Verurteilte in Japan leben unter extrem harten und bedrückenden Bedingungen:
Ungewissheit und Isolation
Besonders die unbestimmte Haftdauer ist sehr belastend für die Todgeweihten. In Japan gibt es keine festgelegte Frist zwischen der Verurteilung und Vollstreckung. Den Verurteilten wird in der Praxis daher nicht mitgeteilt, wann die Hinrichtung vollstreckt wird. So kommt es, dass die zum Tode Verurteilten Jahre und Jahrzehnte in völliger Ungewissheit in Haft sitzen – eine enorme psychische Belastung.
Erst wenige Stunden vor der Vollstreckung werden die Häftlinge informiert. Diese plötzliche Ankündigung bedeutet, dass der Gefangene keine Möglichkeit hat, sich auf das Ende seines Lebens vorzubereiten, geschweige denn, sich von seiner Familie oder Freunden zu verabschieden.
Die zum Tode verurteilten Häftlinge in Japan verbringen die Wartezeit bis zur Vollstreckung unter strenger Isolationshaft. Kritiker vermuten, dass dies nicht nur aus Sicherheitsgründen geschieht, sondern auch absichtlich darauf abzielt, die psychische Belastung der Insassen zu erhöhen. So dürfen die Häftlinge nur sehr eingeschränkt Kontakt zu Mitgefangenen haben. Auch Besuche von Familienangehörigen und Anwälten sind streng limitiert.
Strenge Regeln, eingeschränkte medizinische Versorgung und Bewegungsfreiheit
Die zum Tode Verurteilten verbringen die meiste Zeit des Tages in ihrer Zelle in absoluter Stille. Freizeitaktivitäten oder kulturelle und bildende Aktivitäten sind kaum erlaubt und finden sehr selten statt. Auch Bewegung außerhalb der Einzelzelle ist nur auf sehr begrenzte Zeiträume möglich.
Besonders hart wird die eingeschränkte medizinische Versorgung der Häftlinge kritisiert, Behandlungen sind auf ein Mindestmaß reduziert. Zudem führen die Isolation und der ständige psychische Druck im Todestrakt in vielen dokumentierten Fällen zu schweren psychischen Erkrankungen bis hin zu Depressionen und Suizidgedanken.
Gibt es in Japan Fälle von Fehlurteilen im Zusammenhang mit der Todesstrafe?
Der aufsehenerregendste Fall eines Fehlurteils mit Todesstrafe dürfte der des ehemaligen Boxers Iwao Hakamada sein. Nachdem er fast ein halbes Jahrhundert in der Todeszelle verbrachte, wurde er im letzten Jahr nach einem der größten Justizirrtümer im Nachkriegsjapan freigesprochen.
Hakamada verbrachte mehr als 45 Jahre in völliger Ungewissheit im Todestrakt, mehr als jeder andere Häftling weltweit. Es ist bereits der fünfte Fall eines Todeskandidaten in Japan, der nach Jahrzehnten freigesprochen wurde. In der Vergangenheit wurden auch schon Hinrichtungen vollstreckt, die sich im Nachhinein als Fehlurteile erwiesen.
Das japanische Justizsystem steht vor allem wegen sogenannter „Zwangsgeständnisse“ in der Kritik. Diese Geständnisse entstehen oft unter extrem langen Verhören, die über Tage hinweg ohne Rechtsbeistand stattfinden.
Die Zeitung Le Monde berichtet, dass Untersuchungshäftlinge bis zu 23 Tage ohne Anklage festgehalten werden können. In dieser Zeitspanne können Verdächtige massiv unter Druck gesetzt werden – ein vielfach belegtes Risiko für Fehlurteile.
Wie häufig werden in Japan Hinrichtungen durchgeführt?
Die Häufigkeit der Hinrichtungen in Japan variiert erheblich und ist stark von der jeweiligen politischen Stimmung abhängig. Hier einige wichtige Daten und Fakten:
- Seit 2000 wurden durchschnittlich 2 bis 3 Hinrichtungen pro Jahr durchgeführt.
- Die letzte bekannte Hinrichtung in Japan fand im Juli 2024 statt.
- Ein besonderes Jahr war 2018, als insgesamt 15 Todesurteile vollstreckt wurden. Diese Zahl ist jedoch eine Ausnahme und stand im Zusammenhang mit den Hinrichtungen der Verantwortlichen der Anschläge der Aum-Sekte in den 1990er Jahren
Todesstrafe Japan: Statistik und Geschichte
Die Todesstrafe in Japan hat eine lange Geschichte. In der Edo-Zeit (1603–1868) wurden verschiedene Hinrichtungsmethoden angewendet, darunter sogar Kreuzigungen, Verbrennungen und Enthauptungen. Erst mit der Modernisierung des Strafrechts im 19. Jahrhundert wurde die Hinrichtung durch den Strang als Standardmethode eingeführt.
Wichtige Meilensteine:
- 1873: Einführung eines modernen Strafgesetzbuches, das die Erhängung als Hinrichtungsmethode festlegt.
- 1948: Nach dem Zweiten Weltkrieg übernimmt Japan das Strafgesetz, das noch heute gilt.
- 2018: Japan vollstreckt erstmals seit Jahrzehnten mehrere Todesurteile im gleichen Jahr.
- Die Todesstrafenstatistik zeigt, dass Japan eine der wenigen demokratischen Industrienationen ist, die weiterhin Hinrichtungen durchführen.
Gibt es Bestrebungen zur Abschaffung der Todesstrafe in Japan?
Weltweit gibt es seit Jahrzehnten Bestrebungen, die Todesstrafe abzuschaffen. In der Tat haben laut Amnesty International 140 Länder weltweit die Todesstrafe „per Gesetz“ oder „praktisch“ abgeschafft. Damit ist Japan, neben den USA die einzige Demokratie, die die Todesstrafe noch immer praktiziert.
Aber auch im traditionellen und konservativen Japan ändern sich langsam die Zeiten. Die japanische Regierung führt im Fünf-Jahres-Turnus nationale Umfragen zur öffentlichen Meinung zur Todesstrafe durch, die noch immer mehr als 80% der Befragten befürworten.
Kritiker bemängeln allerdings, dass die Öffentlichkeit völlig unzureichend über die Praxis und die rechtlichen Grundlagen der Hinrichtungen im eigenen Land informiert ist. Viele Details über das teilweise erschreckende Procedere werden systematisch geheim gehalten und so die öffentliche Debatte erschwert.
Fazit zur Todesstrafe in Japan
Die Todesstrafe in Japan bleibt ein kontroverses Thema. Befürworter verweisen auf ihre abschreckende Wirkung und die hohe gesellschaftliche Zustimmung. Kritiker hingegen weisen auf die Risiken von Fehlurteilen sowie den extrem harten Haftbedingungen und die Geheimhaltung rund um die Hinrichtungen hin.
Solange die gesellschaftliche Akzeptanz der Todesstrafe in Japan so hoch bleibt, ist nicht absehbar, dass sich die Praxis in naher Zukunft ändern wird. Dennoch ist der internationale Druck auf Japan gestiegen, Reformen im Justizsystem vorzunehmen und den Umgang mit Gefangenen zu überdenken.
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