Kyūdō – Geschichte, Philosophie und Technik des japanischen Bogenschießens
Kyūdō, (弓道), der „Weg des Bogens“, die traditionelle japanische Kampfkunst mit dem Langbogen, ist viel mehr als normales Bogenschießen. Die präzisen, schon fast rituellen Bewegungsabläufe, die traditionelle Bekleidung und die hochwertige Ausrüstung üben bis heute eine große Faszination aus. Hier erfahren Sie, wie Kyūdō mit der Philosophie des Zen-Buddismus verbunden ist, wie sich die Kampfkunst in Japan entwickelte, die Besonderheiten des Langbogens und welches Equipment und Kyūdō-Bekleidung man benötigt.
Kyūdō, die japanische Kunst des Bogenschießens, ist eine der Zen-Künste und in Japan eine religiöse Handlung. Hochrangige Kyūdō-Experten sind die Kyūdōka (弓道家), einige Bogenschützen bezeichnen sich selbst als Yumihiki (弓引き), „Bogenzieher“. Kyūdō hat seinen Ursprung in Kriegskunst der Samurai im feudalen Japan. Die japanischen Langbögen sind über zwei Meter hoch und asymmetrisch gebogen. Kyūdō wird weltweit von Tausenden von Menschen praktiziert.
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Eine Kyudoka (japanische Bogenschützin) auf einem großen Kyudo Taikai (Wettkampf) in der Region Kanto in Japan
Foto © 英語版ウィキペディアのAabhさん, CC 表示-継承 3.0
Yumi – der asymmetrische japanische Bogen
Warum ist der japanische Bogen so lang?
Der japanische Standard-Langbogen Yumi ist 2,21 Meter hoch und überragt damit den Bogenschützen. Da der Bogen seit der Antike auf die gleiche Weise hergestellt wird, ist bis heute nicht eindeutig geklärt, warum er so lang ist. Es gibt einige Theorien dieser Besonderheit:
Da der Langbogen aus Bambus, Holz und Leder gefertigt wird, würde ein zu starkes Biegen des Bogens dazu führen, dass er leicht bricht. Durch die Verlängerung des Bogens wird die Spannung besser verteilt und der Bogen stabiler.
Die japanischen Bögen werden seit jeher in heiligen Shinto-Ritualen verwendet. Die Größe der Bögen kann also auch als ein ästhetischer Ausdruck betrachtet werden.
In früheren Zeiten waren die Bögen teilweise sogar über 3 Meter hoch. Der japanische Langbogen, wie wir ihn heute kennen, war jedoch die bevorzugte Größe der meisten Samurai und hat sich so bis heute durchgesetzt.
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Yumi (弓), der asymmetrische japanische Langbogen (mit Pfeilen und Köcher) umfasst das längere Daikyū (大弓) und das kürzere Hankyū (半弓)
Foto © By Rama - Own work, CC BY-SA 2.0 fr
Warum ist der Japanische Bogen asymmetrisch?
Ein weiteres Rätsel der japanischen Langbögen ist ihre Asymmetrie. Der Griff befindet sich nicht in der Nähe der Bogenmitte, sondern auf 1/3 der Höhe von unten. Auch hier gibt es keine eindeutige Erklärung, aber einige Historiker vermuten Folgendes:
Während des Kampfes schossen Samurais Pfeile während des Reitens ab, die asymmetrische Form sollte das Schießen erleichtern. Diese Theorie ist jedoch mittlerweile widerlegt, da die Bögen viel älter sind, als es überhaupt Pferde in Japan gibt.
Heute vermutet man eher, dass der Grund in der knieenden Schusstechnik der Samurai lag, daher musste der Griffpunkt niedriger als die Mitte des Bogens liegen.
Da die Bögen aus einem einzigen Holzstück gefertigt wurden und die Elastizität nach unten hin tendenziell höher ist, gleicht der tiefere Griffpunkt die Balance des Bogens besser aus.
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Die Zeichnung des japanischen Künstlers Tsukioka Yoshitoshi aus dem 19. Jahrhundert stellt den Samurai Minamoto no Tsunemoto dar, der im Herbst 932 einen Sikahirsch auf dem Palastgelände tötet.
Foto © By Yoshitoshi - British Museum, Public Domain, wikimedia
Kyūdō - die Philisophie
Kyūdō, (弓道), der „Weg des Bogens“, früher Kyūjutsu („die Technik des Bogens“), die traditionelle japanische Kunst des Bogenschießens, ist eng verbunden mit dem Zen-Buddhismus. Als Feuerwaffen Pfeil und Bogen in der Kriegsführung verdrängten, wurde die Kunst des Bogenschießens von Zen-Mönchen und Mitgliedern der japanischen Oberschicht als geistige und körperliche Disziplin beibehalten.
Beim Kyūdō geht es nicht wie beim westlichen Bogenschießen primär darum, das Ziel zu treffen. Vielmehr soll durch geistiges und körperliches Training und intensive Konzentration auf den Akt des Schießens ein Zustand erreicht werden, der vollkommene Gelassenheit und Konzentration erreicht.
Die Geschichte des Japanischen Bogenschießens Kyūdō
Schon in prähistorischer Zeit wurde in Japan mit dem Bogen geschossen. Die ersten Bilder, die den unverwechselbaren japanischen asymmetrischen Langbogen zeigen, stammen aus der Yayoi-Zeit (ca. 500 v. Chr. – 300 n. Chr.).
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Historische Darstellung des ersten Bogenschießen des neuen Jahres (Yumi hajime), Holzschnitt (nishiki-e) aus dem Jahr 1787
Foto © 鳥居 清長 - MFA, The book: MFA, Golden Age, wikimedia
Die Entstehung des japanischen Bogenschießens
Mit der Machtübernahme der Militärklasse (Samurai) am Ende des ersten Jahrtausends stieg der Bedarf an Bogenschützen dramatisch an. Infolgedessen begründete der Bogenlehrer Henmi Kiyomitsi den ersten Kyudo-ryuha (Stil), das Henmi-ryu.
Kyūdō in der Sengoku-Zeit
Im 15. bis 16. Jahrhundert ist Japan von Bürgerkriegen gezeichnet. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts revolutionierte Heki Danjō Masatsugu das Bogenschießen mit einer neuen Technik: hi , kan , chū (fliegen, durchbohren, Mitte), viele neue Bogen-Schulen gründeten sich, die teilweise noch bis heute bestehen.
Bogenschießen im Japan des 16. Jahrhunderts
Das Eintreffen der Portugiesen im Jahr 1543 läutete den Niedergang der Yumi (japanischer Bogen) als Kriegswaffe ein. Erstmals standen den Japanern Feuerwaffen zur Verfügung und die Japaner begannen bald mit der Herstellung ihrer eigenen Version des Luntengewehrs (Tanegashima). Der Langbogen wurde als Waffe wegen ihrer größeren Reichweite, Genauigkeit und vor allem wegen ihrer 30- bis 40-mal höheren Feuerrate eine Zeit lang neben der Tanegashima eingesetzt.
Kyūdō ab dem 17. Jahrhundert
Während der Edo-Zeit (1603–1868) isolierte sich Japan als eine hierarchische Kastengesellschaft mehr und mehr, die Samurai standen an der Spitze der Gesellschaft. Eine lange Ära des Friedens begann, in der die Samurai in den Verwaltungsdienst wechselten, obgleich die traditionellen Kampfkünste immer noch vereehrt wurden.
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Historische Darstellung eines Samurai mit Yumi Langbogen und den vier Arten der Ziele: : 1 Mato-Standardziel; 2 Hasami-Mono-Quadratziel; 3 Maru-Mono; 4 Leder des Grashirsches
Foto © 不明 - Library of Congress, パブリック・ドメイン, wikimedia
In dieser Zeit wurde das Bogenschießen zu einer "zivilen" Kunst, die teils am Hof in zeremonieller Form, teils bei verschiedenen Arten von Wettkämpfen praktiziert wurde. Bogenschießen verbreitete sich nun auch außerhalb der Kriegerklasse.
Die Samurai waren von der Philosophie und dem Streben nach Selbstbeherrschung des Zen - Buddhismus begeistert, die in dieser Zeit von chinesischen Mönchen eingeführt wurde. Das einstige Kyūjutsu wurde so zum neuen Kampfkunst-Konzept Kyūdō.
Wiederbelebung des japanischen Bogenschießens
Während der Meiji-Ära (1868–1912) begann sich Japan wieder nach außen zu öffnen und die Samurai verloren ihren Status. Alle Kampfkünste, einschließlich Kyūdō, büßten einen signifikanten Teil Ihrer Popularität ein.
Als Gegenreaktion entwickelte eine Gruppe von Kyūdō-Meistern, insbesondere Honda Toshizane, damals Kyūdō-Lehrer an der Kaiserlichen Universität von Tokio, eine Hybrid-Form des Bogenschießens, das Honda-ryū. Es dauerte jedoch bis 1949, bis die All Japanese Kyudo Federation (ANKF) gegründet wurde.
Kyudo-Ausrüstung
Da Kyudo sowohl ein Sport als auch eine Kampfkunst mit philosophischem Ansatz ist, soll auch der Ausrüstung angemessener Respekt und Aufmerksamkeit entgegengebracht werden. Die wichtigsten Ausrüstungs-Gegenstände sind der Bogen (Yumi), die Pfeile (Ya) und der Handschuh (Yugake).
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Ein Kyudoka bereitet sich auf den Schuss vor: der Mitsukake, der Kyudo-Dreifingerhandschuh, ist auf der Bogensehne sichtbar.
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Der japanische Langbogen - Yumi
Der japanische Bogen Yumi ist mit über zwei Metern der längste der Welt. Charakteristisch sind seine Schlichtheit und Eleganz. Einen japanischen Bogen richtig zu beherrschen erfordert jahrelange Übung und Sensibilität, ähnlich wie das Erlernen eines feinen Musikinstruments.
Die traditionelle Form des Yumi Bogens besteht aus einer laminierten Konstruktion aus Bambus und Hartholz mit Bambusverkleidungen. Der Bambus gibt Flexibilität und das Hartholz die Festigkeit, Beide Materialien verbinden sich zu einem Gleichgewicht, das das „Leben“ des Bogens ausmacht.
Für Anfänger sind Bögen in Fiberglas und Kohlefaser erhältlich. Sie haben nicht die Qualität und Sensibilität des Bambusbogens, sind aber einfacher zu beherrschen.
Die Kyudo Pfeile - Ya
Ya-Pfeile bestehen aus speziellem Bambus, der von Hand gehärtet und ausgerichtet wird. Die Herstellung des Bambuspfeils ist eine Kunstform für sich.
Für die Befiederung wurden traditionell die Federn von Falken oder Adlern verwendet, die heute allerdings unter Artenschutz stehen. Diese Befiederungen werden heute nicht mehr verwendet, es gibt nur noch wenige Exemplare mit der traditionellen Befiederung.
Heute werden vorrangig Federn von Schwanen und Truthähnen verwendet, es gibt aber auch Pfeile aus synthetischen Fasern. Die kleinen Metallspitzen sind stumpf und schützen den Pfeil.
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Ya – Kyodo Pfeile mit klassischer Befiederung
Foto © https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1132321による, wikimedia
Der Handschuh - Yugake
Der Yugake Handschuh wird aus Hirschleder hergestellt, diese Hirsche werden in Japan speziell für diesen Zweck gezüchtet. Es gibt mehrere Yugake-Varianten: Drei-Finger, Vier-Finger und Fünf-Finger. Jede hängt mit einer Tradition und dem Übungsniveau zusammen. Am geläufigsten sind die Yugake mit gehärtetem Daumen und steifem Handgelenk, die immer individuell an die Hand des Schützen angepasst werden.
Spezielles Kyudo Equipment:
Professionelle Kyūdō Schützen sind noch umfangreicher ausgerüstet:
- Giriko = Harzpulver in einem Girikoire
- Tsurumaki = Sehnenring mit Ersatzsehne
- Weißleim für das Nakashikake = verstärkte Pfeilnockenspitze
- Hanffasern zur Verstärkung des Nakashikake
- Scharfes Taschenmesser für Pflegearbeiten an Sehne und Bügelgriff
- Zwei Hölzer (Doho) um den Kleber auf der Saite zu fixieren
- Waraji = Sehnentreiber aus Hanf oder alte Hanfsehne
- Massband oder Schablone zur Sehnenabstandskontrolle
- Ersatznocken und Spitzen für Pfeile
Kyudo Bekleidung - Hakama, Gi, Obi und Tabi
Die traditionelle Kyūdō Bekleidung besteht grundlegend aus dem Hakama (Hosenrock), Gi (Hemd), Obi (Gürtel unter dem Hakama) und Tabi (Schuhe).
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Kyūdōka in traditioneller Kyudo Bekleidung beim zweiten Kyudo-Weltcup 2014, Paris
Foto © Pierre-Yves Beaudouin / Wikimedia Commons, CC 表示-継承 4.0
Die Kyudo Grundausstattung besteht aus:
- Hemd > Dogi–道衣
- Brustschutz > Tsuru tsuberi kawa –弦り滑皮 (meistens Muneate genannt)
- Breiter Gürtel (unter dem Rock) > Obi –帯
- Hosenrock > Hakama –袴
- Zehenschuh / Socke > Tabi -足袋
- Benötigtes Kleinmaterial: Tuch oder Tasche für den Kake
- Furoshiki (Kleidertuch ca. 80 x 80 cm)
- Shitagake (Innenhandschuh)
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Transport und Aufbewahrung der Kyudo-Ausrüstung
Der japanische Bogen hat eine unbespannte Länge von 221-233 cm und erfordert beim Transport eine schützende Aufbewahrung. Die Pfeile werden in einem speziellen Köcher transportiert. Sowohl der Bogen- als auch der Pfeilköcher sollten bei Reisen als zerbrechliches, übergroßes Aufgabegepäck eingecheckt werden. Alle großen Fluggesellschaften akzeptieren Kyudo-Ausrüstung als Sportausrüstung. Im Zweifelsfall ist es ratsam, sich vor Reiseantritt bei der Fluggesellschaft zu erkundigen.
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