Japanische Kanaldeckel – Gullideckel mit extravaganten Motiven
Während in Deutschland eher schlichte Kanaldeckel mit Windrose, Pferden, Schüsseln oder auch Stadtmotiven wie Toren oder Wappen zu finden sind, gibt es in Japan eine Gullideckel-Kunstszene. Anime-Figuren, Landschaften, die Olympischen Spiele und viele weitere Motive können auf den japanischen Kanaldeckeln dargestellt sein.
Mehr als 12.000 Motive verzieren die unterschiedlichen Schachtdeckel in Japan. Die Motive sind dabei sehr verspielt und reichen von einfarbigen Bildern bis hin zu mehrfarbigen Landschaften. Seit den 1980er Jahren werden dabei in Japan die Gullideckel mit aufwendigen Motiven verziert – Grund dafür ist eine Überarbeitung des Abwassersystems, welches landesweit durchgeführt wurde.
Wie kommt Japan zu den bunten Kanaldeckeln mit Motiv?
Die Kanaldeckel-Kunsttradition ist erst in den 1980er-Jahren entstanden. In erster Linie ist die landesweite Installation eines Abwassersystems dafür verantwortlich. Für die japanischen Steuerzahler war das Projekt kostspielig und eher unattraktiv. Aus dem Grund kam die Regierung auf die Idee, die Gullideckel von den Gemeinden mit regionalen und selbstgewählten Motiven verzieren zu lassen.
Das Ergebnis ist überragend, da 95% aller Gemeinden in Japan sich für die Erstellung von individuellen Kanaldeckeln entschieden haben. Für die Gemeinden selbst entstanden lediglich Mehrkosten in Höhe von 5%. Das Ergebnis verwundert eigentlich nicht, da die Japaner ihre regionalen Kulturen und Eigenheiten lieben und zudem ein großes Ästhetikempfinden haben, sodass einfache braune Gullideckel in Japan nicht sonderlich aktuell sind.
Franchise-Kanaldeckel werden immer beliebter
Einige Städte und Gemeinden haben ebenfalls Franchise-Kanaldeckel für sich entdeckt, die Manga- oder Anime-Figuren tragen. Selbst Pokémon sind in einigen Regionen sehr beliebt. Zumal es Kanaldeckel-Foto-Jäger auf den Plan ruft. Es handelt sich um ein zweites Standbein für Touristen, wobei sie als sogenannte Drainspotter oder Manholer bezeichnet werden.
Ein herkömmlicher Gullideckel wiegt 40 Kilogramm. Die Gemeinden müssen sich daher keine Sorgen machen, dass Fans die Kanaldeckel versuchen mitzunehmen. Allerdings gibt es Fans, welche die Motive auf ein Blattpapier durchpausen. Das ist in Japan überaus beliebt.
In Japan ging man 2019 sogar soweit ein dreitätiger Kanaldeckel fest zu veranstalten. Es wurden damals Schachtabdeckungen aus dem ganzen Land vorgestellt. Zudem hatte das Festival einen angenehmen Volksfest-Charakter.
Schlichte Dolendeckel für die Kanalisation in der Überzahl
- Typischer japanischer Kanaldeckel - zwar nicht farbig, aber dennoch mit wunderschöner Landschaft. Foto: von Susonauta, CC BY 2.0, via flickr.
Trotz der Liebe zur Ästhetik sind viele Kanal-Deckeldesigns eher farblos gehalten und zeigen ein einfaches Relief. Am besten kann man hier Osaka als Beispiel nehmen. Es gibt dort insgesamt etwa 180.000 Kanaldeckel. Knapp 10% von ihnen haben ein besonderes Design – wobei von diesen lediglich 10% bunt verziert sind. Das Problem bei farbigen Kanaldeckeln ist, dass sie von Hand koloriert werden müssen. Die Preise werden nach oben getrieben und daher wählen die Gemeinden und Städte nur für wenige Abdeckdeckel die farbigen Varianten. Gegenüber einfachen Kanaldeckeln verdoppelt sich der Preis.
Die Platzierung der Schachtdeckel scheint in Japan eher zufällig zu sein. Man darf nicht davon ausgehen, dass die schönsten Deckel vor den schönsten Bauwerken einer Stadt sind. Das macht die Jagd nach den Gulliabdeckungen aber umso spannender und schöner.
Neuer Trend beleuchtete Kanaldeckel in Japan
Die Stadt Tokorozawa in der Präfektur Saitama, die direkt neben Tokio liegt. Die Gemeinde hat Manga- und Anime-Motive auf die Schachtabdeckungen zeichnen lassen, als besonderes Highlight werden die Deckel aber illuminiert. Die Kanaldeckel mit Beleuchtung wurden an 28 Stellen auf Gehwegen der Stadt angebracht. Die Oberfläche besteht dabei aus Scheiben aus thermoplastischem Kunststoff. An den Gullideckel sind LED-Lämpchen befestigt, welche über Solarstrom betrieben werden, sodass der Stadt keine weiteren Kosten entstehen.
Die Dolendeckel tragen dabei Charaktere aus der Welt des Manga-Verlags Kadokawa, D-N-Angel, X 1999 und Neon Genesis Evangelion gehören zum Repertoire. Zudem besteht mit dem Magazin Gundam Ace ein Magazin, welches die Gundam-Reihe thematisiert.
Kanaldeckel mit Stadtmaskottchen in Kai
Die Stadt Kai besteht aus den Gemeinden Futaba, Ryūō und Shikishima. 2004 wurden die Gemeinden zusammengeschlossen und 10 Jahre später feierte man das erste Jubiläum. Zu diesem Zweck gab es einen besonderen Kanaldeckel, welcher die Stadt ‚Yahatainu‘ mit dem braunen kleinen Maskottchen, den Shigen-Damm sowie den Berg Kayagatake. Die Gullis wurden so berühmt, dass es davon sogar Infokärtchen gibt. Eine neue Attraktion der Region also.
In der Gemeinde ist man von der Idee so angetan gewesen, dass auch neue Projekte angestoßen wurden – so beispielsweise ein Kanaldeckel für Kinder, welche das Maskottchen mit Schulranzen zeigt.
Designer-Deckel aus der Stadt Chuo
Chuo besteht aus drei zusammengelegte Gemeinden, welche Tatomi-chō, Tamaho-chō und Hōfu-chō sind. Für jede Stadt wurde dabei ein eigenes Design geschaffen, welche die jeweilige Region repräsentiert. Tatomi-chō hat einen Kanaldeckel mit Rosen, während für Tamaho-chō dreifarbige Veilchen stehen und Hōfu-chō auf verpuppte Seidenraupen auf Maulbeerblättern setzt. Für die neue entstandene Chūō City steht dagegen ein fliegender Reiher vor Kirsch- und Lotusblüten.
Interessant ist, dass solche Designer Gullis das Merchandise befeuern. Beispielsweise werden von Japanern Untersetzer in Form und Design der Kanaldeckel angefragt. Zudem ließ die Stadt auch eigene T-Shirts mit den bunten Abbildungen drucken.
Shōwa-machi – Leuchtkäfer vor dem Sternenhimmel
Die Stadt Shōwa-machi hat 1986 die Kanaldeckel entwerfen lassen. Diese zeigen den Käfer genjibotaru (Genji-Leuchtkäfer), wobei im Hintergrund ein klarer Bach zu sehen ist. Die Abdeckungen der Kanalisation sollen dabei symbolisieren, wofür die Stadt in der Vergangenheit stand. Das Areal beheimatete damals viele Reisfelder, in denen sich die Genji-Leuchtkäfer gesammelt haben. Allerdings hat sich durch die Verschmutzung der Gewässer der Bestand deutlich verkleinert. Die Stadt möchte mit den Deckeln auch die Hoffnung ausdrücken, dass die Käfer irgendwann wieder heimisch in der Region werden.
Die einfachen Gullideckel sind demnach echte Kunstobjekte, sodass Sie bei der Betrachtung der Kanalisationsdeckel demnächst ein wenig mehr Zeit investieren sollten. Es kann sich in jedem Fall durchaus lohnen.
Titelfoto: "Happy manhole cover" von Photocapy, CC BY-SA 2.0 , via flickr.
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