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Japans Gesundheitssystem einfach erklärt

Japans Gesundheitssystem gilt nicht nur als eines der besten in der Welt, sondern auch als eines der effizientesten. Dabei setzt man in Japan nicht auf private Versicherungen, wie in den USA oder gesetzliche und private Krankenversicherungen wie in Deutschland, sondern auf ein zentralisiertes, vom Staat kofinanziertes System mit einem einzigen Versorger (SHIS – Statutory health insurance system). Über diesen zentralen staatlichen Träger sind alle Japaner in verschiedener Form versichert.

Die zusätzlich angebotenen privaten Versicherungen, die weit verbreitet und beliebt sind, beziehen sich entweder auf Zusatzleistungen, Zahlungen von Krankheitsgeld oder auf die Übernahme eines Teils des Selbstvorbehaltes, der Teil der japanischen Krankheitsversicherung darstellt.

Zudem setzt das japanische Gesundheitssystem deutlich mehr auf Prävention, als dies in den meisten anderen Ländern der Fall ist und bietet viele Möglichkeiten zu Vorsorgeuntersuchungen und Hilfen an.

Gleichzeitig hat Japan aber vermehrt mit den Kosten für seine überalternde Bevölkerung zu kämpfen, was zwar durch die Kosteneffizienz des bestehenden Systems teilweise abgefangen wird, aber trotzdem zu hohen, steuerfinanzierten Transferleistungen des Staates in das Gesundheitssystem führt.

 

Überblick über das japanische Gesundheitssystem SHIS

Das in der SHIS zentral und staatlich organisierte Gesundheitssystem in Japan deckt 98,3% der Bevölkerung ab. Die restlichen 1,7% sind über das getrennt organisierte Öffentliche soziale Hilfsprogramm (Public Social Assistance Program) für Menschen in Armut versichert. Die SHIS kann dabei über zwei unterschiedliche Versicherungstypen von Japanern in Anspruch genommen werden:

  • Arbeitnehmer Versicherungspläne (ca. 59% der Bevölkerung)
  • Wohnort spezifische Versicherungspläne (kleine Selbstständige, nicht arbeitende Bevölkerung bis 74 Jahre, ca. 27%), auch NHI (National health insurance) genannt und Versicherung für Senioren (automatisch alle Japaner ab 75 Jahren, ca. 12,7% der Bevölkerung).

Dabei hat jede von Japans insgesamt 47 Präfekturen ihren eigenen NHI Versicherung-Plan für Anwohner. Auch bei den (um die 1.400) Arbeitnehmer Versicherungsplänen gibt es viele Unterschiede.

Die letzteren sehen in der Regel vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer anteilig zur Deckung der Versicherungskosten beitragen, so wie es auch in Deutschland bei gesetzlich Versicherten der Fall ist.

Alle SHIS Versicherungs-Pläne bieten den Versicherten dabei dieselben, durch den Staat vorgegebenen Leitungen. Zu diesen zählen:

  • Krankenhausbesuche
  • primäre und spezialisierte Gesundheitsversorgung
  • Psychische Gesundheitsversorgung
  • Kostenübernahme für verschreibungspflichtige Medikamente
  • häusliche Pflege durch medizinische Institutionen
  • Hospiz Pflege
  • Physiotherapie und andere physische Therapien
  • Zahnarzt und Zahnpflege (umfassend aber nicht alles abdeckend)

 

Ärzte in Japan

In Hinsicht auf die Ärzte stellt sich die Situation in Japan deutlich anders dar, als in Deutschland. Zum einen gibt es kaum Allgemeinmediziner, sondern die meisten sind auf gewisse Gebiete spezialisiert. In Japan sind Hausärzte, wie in Deutschland eigentlich nicht üblich.

Zudem gibt es in Japan eher einen Überschuss an Landärzten, während die Versorgung in den Großstädten sich nicht selten deutlich schlechter darstellt (von hochspezialisierten Experten einmal abgesehen). Dies liegt laut einer Umfrage daran, das japanische Ärzte das Leben und Arbeiten auf dem Land bzw. in Kleinstädten als angenehmer, stressfreier und erfüllender empfinden.

 

Japan Gesundheitssystem Vergleich mit Deutschland

Ähnlich wie in Deutschland werden die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente von der Krankenkasse übernommen – allerdings ohne Zuzahlung der Patienten.
Foto © ちゅらさん - Own work, CC BY-SA 4.0, wikimedia

 

Wie wird das japanische Gesundheitssystem finanziert?

Die Ausgaben für das Gesundheitssystem betrugen in Japan (2015) in etwa 11 Prozent des BIP (Brutto Inlandsprodukt), wovon wiederum 84% von der öffentlichen Hand finanziert wurde (hauptsächlich durch die Einnahmen der SHIS).

Die Höhe der Beiträge in Arbeitnehmer Verträgen liegt bei etwa 10% des Einkommens, die zur Hälfte vom Arbeitgeber übernommen werden. Hierbei gibt es allerdings eine feste Obergrenze, die allerdings Ortsabhängig ist. In Tokio lag diese Obergrenze 2018 bei 137 000 Yen oder 1.370 US-Dollar.

Ähnliches gilt für Bonusse, auf die ebenfalls ein etwa 10% Abschlag angerechnet wird, auch hier wieder mit entsprechenden Obergrenzen. Die so gezahlten Beiträge können von der Steuer abgesetzt werden. Allerdings gibt es einen vom Gehalt abhängigen Selbstvorbehalt von bis zu 30% der Kosten.

 

Wie gut ist das japanische Gesundheitssystem?

Schaut man sich die sehr hohe Lebenserwartung und allgemeine Volksgesundheit in Japan an, so muss man konzertieren, dass das japanische Gesundheitssystem sehr gut ist.

Natürlich gibt es auch in Japan Stimmen, die dieses kritisieren – gerade auch wegen der fehlenden Konkurrenz. Bislang sind aber die pro Kopf Kosten in Japan in etwa 23% geringer als in Deutschland (2013) ohne dies mit langen Wartezeiten für Spezialbehandlungen zu erkaufen.

 

Japan Gesundheitssystem Krankenversicherung

Japans Krankenhäuser haben ähnliche Probleme wie die deutschen: das Nishio Municipal Hospital wies im letzten Jahr einen Nettoverlust von 309 Millionen Yen aus.
Foto © Evelyn-rose - Own work, CC0,

 

Warum ist Japans Krankenversicherung so günstig?

Japans Krankenversicherung zieht einen Vorteil aus der Effizienz zentraler Bündelung und einem – zumindest oberflächlich - einfachen System, in das alle Einwohner auf ihre Art einzahlen.

Zudem besteht abhängig vom Einkommen ein Selbstvorbehalt für alle entstehenden Kosten von bis zu 30%. Daneben spielt sicher auch die im allgemeinen sehr gesunde Ernährung der Japaner sowie die guten und sehr guten Vorsorgemöglichkeiten und Präventionsstrategien eine Rolle, die im japanischen Gesundheitssystem eine deutlich wichtigere und zentralere Rolle einnehmen, als sonst üblich.

Auf der anderen Seite kann die Krankenversicherung in Japan für gut und sehr gut verdienende auch recht teuer sein, was durch die maximalen Obergrenzen für Beiträge und Abschläge auf Boni allerdings abgemildert wird.

 

Wie ist Japans Gesundheitssystem im Vergleich zu Deutschland?

Der Vergleich zweier hochkomplexer Gesundheitssysteme ist in Kürze kaum wirklich durchzuführen, daher hier nur einige der Hauptunterschiede:

  • Eine nationale Krankenkasse (SHIS) vs. zweigliedriges System (gesetzlich und privat) sowie Wahlmöglichkeiten zwischen unterschiedlichen Anbietern
  • Wohnortspezifische Verträge (Japan) vs. Kassenspezifische Verträge (Deutschland)
  • Spezielle Versicherungsklasse für Senioren ab 75 Jahre (Japan)
  • Spezielle Versicherung für Arme (Japan)

Insgesamt gibt es Ähnlichkeiten (z.B. bei den Arbeitnehmer Versicherungsplänen und deren Finanzierung) und Unterschiede zwischen den Gesundheitssystemen in Japan und Deutschland.

Jedes der beiden Systeme hat dabei seine Vor- wie Nachteile, sie stehen aber beide interessanterweise vor ähnlichen Herausforderungen durch die alternde Bevölkerung.

 

Vor welchen Herausforderungen steht das japanische Gesundheitssystem?

Die große Herausforderung für das japanische Gesundheitssystem ist die zunehmend alternde Bevölkerung. Ein Prozess, der in Japan deutlich weiter fortgeschritten ist, als in Deutschland.

Dadurch verschiebt sich die Anzahl der arbeitenden Einzahler im Vergleich zu den nicht Arbeitenden und Alten (in Japan besondere Verträge erst ab 75 Jahre, dann aber zwangsweise) immer weiter zu Ungunsten der Arbeitnehmer. So werden über kurz oder lang Finanzierungslücken entstehen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Kosten für die Gesundheitsversorgung alter Menschen natürlich deutlich höher sind, als bei jungen. Bislang wurden diese Finanzierungslücken in Japan durch Transferleistungen aus den Steuereinnahmen bewältigt, was aber kaum ewig möglich sein wird. So sieht sich auch Japan gezwungen, über mögliche mittelfristige Reformen seines Gesundheitssystems nachzudenken.

 

Was passiert, wenn man keine Krankenversicherung in Japan hat?

Es ist in Japan als Einwohner eigentlich nicht möglich, keine Krankenversicherung zu haben. Die Mitgliedschaft bei der SHIS oder in sehr ärmlichen Verhältnissen die Teilnahme am Öffentlichen sozialen Hilfsprogramm sind Pflicht, es gibt keine Wahlmöglichkeit.

Ausnahmen können allein in Drittstaaten versicherte kurzfristig als Arbeitnehmer eingesetzte Ausländer sein. Für diese springt dann im Zweifel die Versicherung im Heimatland ein. Natürlich kann man im Fall des Falles die gesundheitliche Versorgung vor Ort auch selber zahlen.

 

Sind ausländische Staatsbürger im japanischen Gesundheitssystem abgedeckt?

Die Verträge für das SHIS im japanischen Gesundheitssystem werden entweder über den Wohnort oder den Arbeitsvertrag mit einem Arbeitgeber abgewickelt. Somit sind auch ausländische Staatsbürger, die ihren festen Wohnort in Japan haben oder dort fest angestellt sind, in der Regel über die SHIS versichert.

Wer gerade erst eingereist ist, kann sich für Aufnahme in das NHI System bewerben.  Das ist allerdings deutlich komplizierter, als bei einer Festanstellung in einem größeren Unternehmen, da diese die administrativen Angelegenheiten für ihre Angestellten meist übernimmt.

Touristen und Ausländer, die sich nur kurz in Japan aufhalten sind nicht über das SHIS versichert und brauchen für die Übernahme ärztlicher Kosten eine (in der Regel private) internationale Krankenversicherung, die sie mitgebracht haben.

 

 

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