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Sozialhilfe in Japan: Fragen an Verwandte verhindern Antragsstellung

Japan ist ein moderner Sozialstaat. Damit die Armut in dem Land aufgefangen werden kann, gibt es ebenfalls Sozialhilfe. Allerdings stellt das Beantragen der Sozialhilfe für die Antragssteller eine große Belastung dar. Behörden können schließlich Eltern, Geschwister und andere Angehörige anrufen, um zu prüfen, ob nicht das nähere Umfeld finanzielle Hilfe anbieten kann.

Die psychologische Belastung ist für die Antragssteller enorm. Zudem schrecken viele Japaner vor der Beantragung von Sozialhilfe zurück, da sie den Zustand als beschämend ansehen.

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In Japan gibt es die Arbeitslosenversicherung (shitsugyohoken) und die Sicherung des Lebensunterhaltes (seikatsuhogo). 67% Arbeitslosengeld gemessen am letzten Lohn können Japaner erhalten. Die Grundsicherung wird dagegen genau nach Bedarf errechnet. Es gibt keine Pauschale - es kommt darauf an, wo Geld fehlt. Wenn beispielsweise nach genauer Prüfung der Bezüge und Ausgaben das Schulgeld der Kinder nicht bezahlt werden kann, wird es vom Staat übernommen. Die Prüfung ist demnach viel genauer als in Deutschland.

Neue Umfrage stellt psychische Belastung bei Beantragung von Sozialhilfe heraus

Sozialhilfe dient in modernen Staaten als "Sicherheitsnetz". Allerdings sind sich Experten in Japan einig, dass Bedürftige durch das System der strikten Überprüfung durch Behörden gehindert werden, Zahlungen zum Schutz des Lebensunterhalts zu beantragen.

Eine Umfrage vom Tsukuroi Tokyo Fund unterstützt diese Vermutung. Die Studie wurde im Neujahrszeitraum 2021 durchgeführt. Die Hilfsorganisation versorgte die Menschen mit Mahlzeiten und befragte sie zu ihrem Lebensunterhalt.

Die Gruppe erhielt Antworten von 165 Personen. Rund 90% von ihnen waren Männer und ihr Durchschnittsalter betrug 56 Jahre. Von den Befragten haben 59 Personen zum Zeitpunkt der Umfrage oder in der Vergangenheit Sozialhilfe bezogen. 32 von diesen 59 Teilnehmern haben angegeben, dass sie zögerten, Sozialhilfe zu beantragen. In anderen Worten: 54% der befragten Sozialhilfeempfänger in Japan hatten Angst diese zu erhalten.

Von 128 befragten Personen, die keine Sozialhilfe erhielten, haben 34% angegeben, dass sie nicht wollen, dass die Familie von der hilfebedürftigen Situation erfährt. Das war der meistgewählte Grund für die Nichtbeziehung von Hilfsgeldern.

Was sollte sich am japanischen Sozialhilfesystem ändern?

Rund 40% der Befragten würden sich wünschen, dass die Verwandten nichts von dem Bezug der Sozialgelder erfahren würden. Die Angst und Scham spielen dabei eine große Rolle. So wollen einige Japaner ihre Verwandten auf dem Land und den Ruf der Familie schützen. Andere wollen ihre Eltern nicht schockieren oder die Kinder enttäuschen.

Im Allgemeinen wird der Erhalt von Sozialhilfe als beschämend wahrgenommen. Das Sozialhilfeprogramm in Japan geht auf die Unterstützung von Veteranen und Kriegswaisen zurück. Heute wird das System vor allem von alten Menschen und Behinderten in Anspruch genommen. Die Existenz eines Menschen wird nach der japanischen Verfassung eigentlich durch Arbeit und Eigentum gesichert. Bei unverschuldeten Notlagen soll Sozialhilfe das Existenzminimum sichern.

Die sozialen Gelder werden nach Antrag eines Bedürftigen oder nahen Verwandten gewährt. In der Öffentlichkeit gilt sie als Almosen. Die Unterstützungen sind für den Lebensunterhalt, Erziehung, medizinische Behandlung und die Kosten der Wohnung vorgesehen. Die Bedürftigkeit wird kontrolliert. Arbeitsunwilligkeit eines arbeitsfähigen Arbeitslosen kann als Rechtsbruch gedeutet werden, wodurch die Schutzbedürftigkeit aberkannt werden kann.

2020 stiegt die Antragsquote dennoch um fast 25%

Trotz der recht hohen Hürden für Sozialhilfe sind die Anträge auf Sozialleistungen in Japan um fast 25% gestiegen. Das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales räumte jedoch im April 2020, dass Betriebsstillegungen zum Anstieg der Anträge auf Sozialleistungen geführt haben könnten. Das war eine direkte Konsequenz, nachdem die Regierung den Ausnahmezustand wegen der Corona-Epidemie ausgerufen hatte. Seitdem beziehen etwa 1.634.584 Haushalte Sozialleistungen in Japan.

Politisches Umdenken in Japan

Personen, welche in Japan Sozialhilfe beantragen, müssen zuerst ihre eigenen Ersparnisse aufbrauchen. Gleichfalls ist ihre Arbeitsfähigkeit Bedingung zum Erhalt der Leistungen. Es ist jedoch keine Bedingung, dass Verwandte eine hilfsbedürftige Person finanziell unterstützen müssen.

Das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales hat konkretisiert, dass Täter von häuslicher Gewalt oder Personen ab 70 Jahren nicht mehr kontaktiert werden müssen.

Tsuyoshi Inaba ist repräsentativer Direktor des Tsukuroi Tokyo Fund. Er forderte die Behörden auf, das Kontrollsystem ohne Zustimmung der Hilfesuchenden nicht mehr zu verwenden. Er analysierte den Sachverhalt wie folgt:

"Der größte Faktor, der die Verwendung von Hilfsmitteln zum Schutz des Lebensunterhalts behindert, ist das Kontrollsystem. Es ist unnötig und schädlich, und ich möchte, dass es gestoppt wird.

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