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Yūrei - Japanische Geister und wie man mit ihnen umgehen sollte

Es ist Halloween-Wochenende! Wie in Deutschland, wird dieser Brauch auch in Japan immer populärer. Ein willkommener Anlass sich einmal näher mit japanischen Geistern zu beschäftigen.

Kennen Sie das auch? Sie sitzen gemütlich in Ihrem Apartment und sehen fern, als plötzlich eine Ihnen unbekannte Dame mit langen schwarzen Haaren, weißem Gewand und offensichtlichen Koordinationsproblemen aus dem TV ins eigene Wohnzimmer krabbelt. Oder: Sie sind gerade in ein altes japanisches Eigenheim gezogen und müssen überrascht feststellen, dass Ihnen gelegentlich ein unheimlich wirkendes Kind mit weißem Gesicht erscheint. Gratulation! Sie hatten also bereits Kontakt mit einem japanischen Geist oder Yūrei (幽霊) wie man sie auf Japanisch nennt. (Möglicherweise kennen Sie derartige Erlebnisse aber auch nur aus einem der vielen japanischen Horrorfilme wie "Ring" (リング) oder "Ju-On" (呪怨), die in den letzten Jahren internationale Bekanntheit erlangt haben.)
Nun stehen Sie vor folgendem Problem: Das Knigge-Kapitel in Ihrem Japan Reiseführer enthält keine Informationen zum „perfekten Umgang“ mit japanischen Geistern und auch Ihr VHS Japanisch-Kurs wird Sie nicht auf dieses Ereignis vorbereitet haben. Aber keine Angst! Hier erhalten Sie das nötige Grundlagenwissen zum Thema: „Wie verhalte ich mich richtig gegenüber einem japanischen Geist.

Woran erkenne ich einen japanischen Geist?

Die gute Nachricht: Die am häufigsten auftretende japanische Geisterart ist relativ leicht zu identifizieren. Es handelt sich um Frauen. Sie tragen weite weiße Kleidung (die traditionelle Farbe der Totenkleidung in Japan), offene, lange schwarze Haare (ebenfalls Teil der Grabkultur) und besitzen eine ungesund weiß-bläuliche Hautfärbung. Den Prototyp dieser japanischen Geisterart hielt übrigens der japanische Maler Okyo Maruyama (1733-1795) in seinem Bild „Der Geist von Oyuki“ (お雪の幻) fest.
Um bei einer Begegnung in den eigenen vier Wänden wirklich sicher zu gehen, dass sich nicht Ihre etwas sonderbare Nachbarin nach einer durchzechten Nacht in der Tür geirrt hat, sollten Sie versuchen unter dem langen Gewand einen Blick auf die Füße der Erscheinung zu erhaschen. Sehen sie keine, können Sie einen weiteren Haken auf Ihrer japanischen Geister- Checkliste machen. Leider gilt dieses Merkmal gilt nur noch bei wirklich traditionsbewussten Yūrei, moderne Vertreter wie Sadako aus dem Film Ring, scheinen auch im Nachleben nicht länger auf ihre gewohnten Fortbewegungsmittel verzichten zu wollen.
Nun zur schlechten Nachricht: Auch wenn Sie nun einwandfrei einen japanischen Geist erkennen können, wissen Sie noch nicht, wie er sich Ihnen gegenüber verhalten wird.

„Gute“ Geister, böse Geister - Nur keine voreiligen Schlüsse ziehen

Ganz wichtig: Keine Panik! Sofern Ihnen der Geist nicht gleich an die Kehle geht, sollten Sie sich erstmal darüber Gewissheit verschaffen, mit was für einer Art von japanischem Geist Sie es zu tun haben. Der Begriff Yūrei umfasst nämlich sämtliche Geistererscheinungen, unabhängig von deren Absichten. Es kann sein, dass die vor Ihnen stehende, schwebende oder kriechende Gestalt gruselig anzusehen ist und Ihnen einen kalten Schauer den Rücken laufen lässt. Dennoch sollten Sie nicht vergessen: Letztlich zählen immer die inneren Werte. Womöglich waren es widrige Umstände, die den bemitleidenswerten Geist in diese missliche Lage gebracht haben und es liegt ihm eigentlich fern, Ihnen irgendwelche Unannehmlichkeiten zu bereiten. Vielleicht können Sie sich sogar mit seinen Angewohnheiten arrangieren und ihn bei der nächsten Party als besondere Attraktion Ihren sicherlich überraschten Gästen präsentieren.
Wirklich ungemütlich wird die Situation erst, wenn sich herausstellen sollte, dass Ihr neuer Mitbewohner einen tiefen Groll gegen jemanden hegt und Rache der einziger Antrieb war, der ihn in diese Welt zurückkehren ließ - wenn es sich also um einen bösen japanischen Geist handelt. Um dies sicher feststellen zu können, ist es nötig, etwas tiefer in der Vergangenheit Ihres Yūrei zu graben.

Wie entstehen japanische Geister?

Das Grundprinzip der Entstehung von Geistern in Japan unterscheidet sich nicht wesentlich von der in Deutschland bekannten Variante. Nach dem Tod gelangt die Seele/der Geist der Menschen in eine Art Wartehalle, in der sieben Wochen lang darüber entschieden wird, wohin diese weiter wandert. Während dieses Zeitraums können die Hinterbliebenen positiven Einfluss auf die Entscheidung nehmen, in dem sie die vorgegebene Trauerzeit einhalten und die traditionellen Riten durchführen. Geschieht dies nicht, kann es zu Komplikationen für den Verstorbenen kommen. Im schlimmsten Fall kann dessen Seele nicht weiterwandern und kehrt, verständlicherweise, leicht gereizt als Geist ins Diesseits zurück, um seinem Unmut Luft zu machen. Diese Art von Geist hat auf die Menschen meist keine besonders negativen Auswirkungen und der Spuk kann oft schnell beendet werden, wenn die versäumten Riten oder fehlerhaften Handlungen richtig nachgeholt werden. Der Geist ist besänftigt und kann entspannt weiterziehen.
Anders verhält es sich mit Menschen, die unter großen Qualen oder mit großem Zorn gestorben sind. Ihre starken Emotionen haben verhindert, dass sie sich von der irdischen Welt lösen konnten. Nun kehren sie als rachsüchtige Geister, so genannte Onryō (怨霊) zurück. Unerbittlich verfolgen sie ihre Widersacher und sorgen für deren baldiges Ableben (meist unter nicht allzu schönen Umständen). Mit dem Tod der Bösewichte findet in der Regel auch der Geist seine Ruhe und verlässt die Welt der Menschen. In besonders schwerwiegenden Fällen reicht jedoch der Tod des Täters nicht mehr aus, um den Onryō milde zu stimmen und er bleibt mit einem bestimmten Ort verbunden, dessen Besucher er nun ebenfalls heimsucht.

Onryō - Böse japansiche Geister und wie man mit ihnen fertig wird

Sollte Ihnen ein Onryō begegnen, haben Sie ein Problem. Mit einem bösen japanischen Geist ist nicht zu spaßen. Eine kurze Recherche im japanischen Horrorfilm-Genre reicht: Kontakte mit dieser Art von Yūrei nehmen selten ein gutes Ende. Sofern Sie jedoch nicht direkt mit dem unerfreulichen Ableben Ihres Gegenübers zu tun hatten, sollten Sie sein Verhalten nicht allzu persönlich nehmen. Sie sind nicht das eigentliche Ziel seines Zorns, sondern nur zufällig in diese unangenehme Situation geraten. Es besteht noch Hoffnung.
Methode eins: Verlassen Sie den Ort des Spuks! Sofern Sie es nicht mit einem Fluch zu tun haben, können Sie sich jederzeit vom Einflussbereich des Geistes entfernen. Natürlich fällt es schwer, das einmal lieb gewonnene Spukhaus mit all seinen Überraschungen wieder aufzugeben, aber hey, besser so als auf ewig in ihm gefangen zu sein, oder?
Methode zwei: Versuchen Sie den Geist zufrieden zu stellen! Kein Mensch wird grundlos zu einem rachsüchtigen Geist. Versuchen Sie mehr über dessen Geschichte zu erfahren und sorgen Sie für Gerechtigkeit! Dies könnte jedoch den unangenehmen Nebeneffekt haben, dass Sie in letzter Instanz selbst den Verursacher des Unglücks zur Rechtschaffenheit ziehen müssen – mit allen blutigen Konsequenzen.
Methode drei: Suchen Sie sich einen buddhistischen Priester Ihres Vertrauens! Buddhistische Priester und Mönche sind die traditionellen Geisterjäger Japans. Mit Hilfe heiliger Texte und Formeln können sie viele Geister bannen und für Ihren persönlichen Schutz sorgen.
Methode vier: Verhindern Sie die „Geburt“ eines bösen Geistes! Zugegeben diese Methode kommt meist etwas zu spät. Sollten Sie jedoch einmal selbst in der unangenehmen Situation sein für die Entstehung eines Onryō zu sorgen, kann Ihnen folgende alte Kaidan („mysteriöse Erzählung“) eine Lehre sein:

Ein Samurai hatte einst die unangenehme Aufgabe, einen Mann, der eines schweren Verbrechens überführt worden war, zu enthaupten. Letzterer, sichtlich unerfreut über sein Schicksal, schwor dass er als Onryō zurückkehren würde und alle an der Hinrichtung beteiligten Personen umbringen würde. Die umherstehenden Menschen waren verständlicher Weise sehr beunruhigt. Allein der Samurai war wenig beeindruckt. „Wenn Du das wirklich kannst, beweis es uns erstmal! Siehst Du den Stein dort drüben? Wenn ich deinen Kopf abgeschlagen habe, lass ihn dort hin rollen und beiß in den Stein. Solltest Du dies schaffen, wissen wir, dass Du es ernst meinst.“ Wutentbrannt brüllte der Verurteilte, dass er nun genau dies machen werde. Gesagt getan. Das Schwert sauste nieder, der Kopf fiel herab und rollte zum Stein, der Mund öffnete sich und biss mit aller Kraft zu. Die Menschen wurden kreidbleich. „Wir sind verloren! Er wird uns alle holen“, schrien sie. „Gar nichts wird passieren!“, entgegnete der Samurai gelassen. „Der letzte Gedanke eines Menschen entscheidet über seine Zukunft als Geist. Dieser Mann war so sehr darauf fixiert uns seine Rachepläne zu beweisen, dass er an nichts anderes denken konnte, als in den Stein zu beißen. Sein Ziel ist erreicht.“ Und tatsächlich kehrte der Geist des Toten nie in diese Welt zurück.

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