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Der letzte Sha-bari Experte: Über eine aussterbende Textilkunst

Sha-bari (von Sha = Seide und bari = aufbringen) ist die Handwerkstradition, die zur Herstellung der so genannten Ise-Katagami verwendet wird. Diese traditionellen Druckschablonen kommen hauptsächlich für die Aufbringung von Mustern auf Stoff, zum Beispiel für Kimonos, zum Einsatz und werden in einem alt hergebrachten Verfahren aus mit dem Saft der Kaki Frucht gefärbtem und zusammengeklebten Seidenpapier (Japanpapier) gestochen. Der Saft der Kaki gibt den Schablonen auch ihre typische, braun-sandfarbene Färbung. Streng genommen bezeichnet Ise-Katagami dabei die Schablonen zum Drucken auf Textilien, während Katagami alleine der Begriff für handgefertigte Schablonen aus Japanpapier wäre, die zu einem anderen Zweck verwendet würden, wie zum Beispiel dem Bedrucken von Papier oder anderen geeigneten Materialien.

Die Präfektur Mie – das traditionelle Zentrum der Sha-Bari Handwerkskunst

Maiko im Kimono, der mit Ise Katagami Technik gefärbt wurde
Vor allem für das kunstvolle Färben von Kimono wird Sha-Bari gebraucht. Doch die Kunst stirbt aus. - Bild: © Okinawa Soba (Rob) - Flickr.com - Lizenz: CC-BY-SA

Das historische Zentrum der Ise-Katagami Herstellung ist die alte Region Ise, die in etwa deckungsgleich mit der heutigen Präfektur Mie ist. Dem Daimyo von Ise wurde während der Edo-Zeit vom Shogun das Monopol auf die Herstellung von Ise-Katagami zugesprochen und diese Tradition hat sich bis heute gehalten. Insbesondere die Stadt Suzuka in der Präfektur Mie ist für die Herstellung der Druckschablonen berühmt. Obwohl heute auch maschinell oder gar computergesteuert gedruckt bzw. Druckvorlagen erstellt werden können, sind handgefertigte Ise-Katagami aus den Händen eines echten Experten bis heute gesucht – auch weil man in Japan großen Wert auf Handwerkskunst und Tradition legt. Sha-Bari ist bei der Herstellung der Schablonen der letzte und sehr wichtige Schritt, damit die Farbe nicht zwischen den filigranen Mustern der Ise-Katagami Schablonen hindurch sickert und so das Stoffmuster gänzlich ruinieren würde.

Trotzdem ist Sha-bari eine gefährdete Handwerkskunst und das Wissen um die Herstellung und Tradierung klassischer, handgefertigter Ise-Katagami droht, wenn auch nicht verloren zu gehen, so doch auszusterben. Neben den vielen neuen Verfahren liegt dies vielleicht hauptsächlich an der sehr präzisen und zeitaufwendigen Art der Herstellung traditioneller Ise-Katagamis, die wie so viele traditionelle Handwerkskünste nicht mehr so recht in unsere schnelllebige Zeit zu passen scheint. Weniger akut aber durchaus vorhanden ist dieses Nachwuchsproblem auch in anderen traditionellen japanischen Handwerken, wie zum Beispiel dem Papierschöpfen.

So entsteht die wunderschöne Ise-Katagami-Schablone

Es braucht vier Schritte, um mit einer Schablone dieser Art Muster auf Stoffe färben zu können. Zunächst wird beim „Hori“, dem Schnitzen, das Muster durch viele filigrane Schnitttechniken aus dem Grundstoff gearbeitet. Dieser Schritt kann je nach Motiv lange Zeit in Anspruch nehmen un viel Konzentration erfordern. Danach folgt „Urabari“, bei dem Washi-Papier auf der Rückseite der Schablone aufgebracht wird. Beim folgenden „Tsurikiri“ werden aus dem Washipapier die Stücke ausgeschnitten, die für das Motiv relevant sind. Der finale Schritt ist das „Shabari“, bei dem die Schablone verstärkt und dafür gesorgt wird, dass der Stoff nur an den vorgesehenen Stellen gefärbt wird.

Beim Sha-Bari wird zunächst ein Schicht Lack aufgebracht, anschließend wird ein Seidennetz aufgebracht, das keine Falten werfen darf. Mit dem Abziehen des rückwärtigen Papiers ist die erste Hälfte des Sha-Bari beendet. Der nächste Schritt besteht darin, kleine Lackreste, die in dem feinen Netz hängen geblieben sind, akribisch zu entfernen, um das Motiv nicht zu verfälschen oder unsauber erscheinen zu lassen. Das ist sehr aufwendig, aber unbedint notwendig. Ist das geschafft, wird die Schablone über Nacht gepresst und bekommt eine zweite Lackschicht. Und damit ist die Herstellung einer echten Ise-Katagami Schablone fertig!

Herrn Tanakas Suche nach einem Lehrling

Maiko im Kimono, der mit Ise Katagami Technik gefärbt wurde
Jede Schablone wird ganz in Handarbeit gefertigt. Die filigranen Muster werden mit unterschiedlichen Schnitzmessern aus dem Papier gearbeitet.

Der letzte Sha-bari Meister Japans ist der bereits über 70 Jahre alte Herr Tanaka aus dem Shiroko Distrikt in Suzuka (Präfektur Mie) und er sucht händeringend nach einem Lehrling, an den er sein Wissen und sein Geschäft weitergeben kann, um sich endlich zur Ruhe zu setzen. Selbst auf Twitter wurde der Aufruf inzwischen schon gepostet und sagenhafte 46.000 Mal geteilt. Nationalität ist Herrn Tanaka unwichtig – wichtig wäre jedoch, dass der Lehrling, wenn sich denn hoffentlich einer finden lässt, zumindest ein wenig Japanisch sprechen kann.

Die Ausbildung dauert normalerweise drei Jahre, kann aber bei Fleiß und Engagement auch innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden. Man kann Herrn Tanaka bei seiner Suche nur viel Glück wünschen und hoffen, dass sich bald ein passender Lehrling findet, der die stolze alte Handwerkstradition des Sha-bari auch professionell fortsetzt. Kimonos und andere japanische Textilprodukte, die von diesem alten japanischen Kunsthandwerk erst ihren letzten Schliff bekommen, werden ansonsten schon bald sehr rar und gänzlich unerschwinglich werden.

Ise Katagami und Sha-bari Workshops in Suzuka

Filigrane Ise Katagami Schablone, die japanische Bälle zeigt
Wer selbst die filigrane Kunst des Ise Katagami ausprobieren möchte, hat in Suzuka (Präfektur Mie) die Möglichkeit dazu. - Bild: © south-NewWell - HatenaFotolife - Lizenz: CC-BY-NC-ND

Wer Lust und Zeit hat, sich mit der Kunst des Sha-bari und der Herstellung von Ise-Katagami auseinanderzusetzen, der kann in der Stadt Suzuka, Präfektur Mie, dem ehemaligen Zentrum dieses japanischen Kunsthandwerks Workshops bei Teakoya Isekatagami belegen und die Grundlagen dieser künstlerischen Handwerkspraxis erlernen. Sollte man sich auf Reisen einmal in der Region aufhalten, so lohnt sich unbedingt auch ein Besuch im Ise-Katagami Stencil Museum, in dem besonders schöne und alte Druckvorlagen ausgestellt sind, wie sie nicht selten einzeln auch in großen europäischen Kunsthandwerksmuseen ausgestellt werden. Interessante Einblicke in die Ise Katagami Kunst gibt es auch auf dem Blog von Takumist (in zwei Teilen), der einen Ise Katagami-Künstler besucht hat.

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