Japanische Stoffe faszinieren durch die Vielfalt ihrer Motive
Kaum eine Kultur legt so viel Wert auf eine derartige Motivvielfalt wie die japanische. Die japanischen Stoffe sind farbenfroh und elegant zugleich, sie bieten darüber hinaus viele Variationen in den Motiven. Typische japanische Motive sind beispielsweise Blumen oder Hintergründe mit einem Bezug zur Natur, die etwa Vögel oder andere Tiere abbilden. Aber auch religiöse Symbole und geschichtliche Ereignisse sind auf japanischem Stoff zu finden. Japanstoffe zeichnen sich aber nicht nur durch Farbe und Motiv aus, sondern auch durch die hohe Qualität der verwendeten Textilien. Im Westen glaubt man häufig, japanische Stoffe beschränken sich auf die Verwendung bei Kimonos. Dies ist sicherlich eine der häufigsten Anwendungen, aber im modernen Japan wird japanischer Stoff für traditionelle Fahnen und Banner ebenso eingesetzt wie für Vorhänge, Kissen oder Bettwäsche nach westlichem Vorbild. Die Frage, welche japanischen Stoffe sich der größten Beliebtheit erfreuen, ist allerdings gar nicht so einfach zu beantworten.
Japanische Motive sind nicht zwangsläufig nur auf Seide zu finden
Die Bahnen mit wundervollen japanischen Motiven werden häufig mit Seide in Verbindung gebracht. Sie ist sicherlich der teuerste und hochwertigste japanische Stoff, der im Handel erhältlich ist. Naturseide zeichnet sich durch viele positive Eigenschaften aus, fühlt sich sehr angenehm auf der Haut an und ist sowohl strapazierfähig als auch edel in der Anmutung. Die aus den Spinnfäden der Seidenraupe gewonnenen Fasern sind die stärksten, die in der Natur bekannt sind. Sie werden aus den Kokons der ungeschlüpften Raupen gewonnen und sind entsprechend des Aufwands nicht gerade günstig. Obwohl ein einziger Kokon etwa dreitausend Meter an Faden enthält, lässt sich nur ein kleiner Teil davon für japanische Stoffe verwerten. Rund 1 Kilogramm Kokonmaterial ist notwendig, um 250 Gramm Seidengarn zu erzeugen. Die Arbeit lohnt sich aber, denn mit japanischen Motiven sind die hauchdünnen Stoffe aus Seide kaum zu übertreffen. Es handelt sich um ein von Natur aus atmungsaktives und sehr funktionelles Material, das im Sommer kühlende und im Winter wärmende Wirkung hat. Ähnlich wie moderne Funktionskleidung aus Kunstfasern sind viele japanische Stoffe aus Seide in der Lage, ein Drittel ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufzunehmen. Im Gegensatz zu Baumwolle trocknet die Seide aber sehr schnell und knittert auch weniger. Kein Wunder, dass Persönlichkeiten mit höherem Stand bei der Wahl ihrer Japanstoffe gerne auf Seide zurückgreifen – und das seit jeher. Kimonos aus Seide findet man vor allem bei festlichen Anlässen, wobei gilt, dass japanische Stoffe umso hochwertiger sein müssen, je festlicher der Anlass ist, zu dem sie getragen werden. Dies war früher so und ist auch heute bei traditionellen Anlässen noch gängige Praxis.
Japanische Stoffe prägen Kimonos seit Jahrhunderten
Kimonos werden seit jeher nicht nur durch ihre hochwertigen Japanstoffe gekennzeichnet, sondern auch durch die Muster mit den typisch japanischen Motiven. Dabei steht das Material nicht immer im Vordergrund, denn für alltäglichen Gebrauch im antiken Japan zählte Wolle durchaus zu den gebräuchlichen Stoffen, die ebenfalls für Kimonos verwendet wurden. Im Herbst und Winter haben Wollkimonos außerdem eine wärmende Wirkung und wurden daher von vielen Japanern sogar gegenüber der Seide bevorzugt. Dies gilt vor allem in den etwas kühleren Klimaregionen der japanischen Inseln. Um das im Westen oft typische Kratzen der Wolle zu verhindern oder zumindest zu minimieren, werden japanische Stoffe einer speziellen Behandlung ihrer Oberfläche unterzogen. Heutzutage sind Wollkimonos aber selten geworden. Die Baumwolle hat hingegen ihren Platz unter den Japanstoffen eingenommen. Genau genommen spricht man bei Baumwollkimonos dann nicht mehr von einem Kimono, sondern von einem Yukata. Sie eignen sich sehr gut dafür, japanische Motive farbecht wiederzugeben und sind durch ihren leichten Tragekomfort bestens für warme Monate geeignet. Yukata gelten jedoch als reine Freizeitbekleidung und wären für einen festlichen Anlass überhaupt nicht geeignet. Hierfür müssen hochwertige japanische Stoffe verwendet werden, wie etwa die Seide. Die modernen Zeiten haben aber natürlich auch Kunstfasern wie Polyester für Kimonos salonfähig gemacht. Sie haben ähnliche Eigenschaften wie Seidenkimonos, können problemlos gewaschen werden und sind bügelfrei. Auch von der Optik her lassen sich Polyesterstoffe mit traditionellen japanischen Stoffen aus Seide vergleichen, können aber zu einem deutlich niedrigeren Preis angeboten werden. Hinsichtlich der Bedeutung bei festlichen Anlässen steht Polyester aber freilich nicht ganz so hoch im Kurs bei den Japanern.
Typische Motive erfreuen sich größter Beliebtheit in Japan
Es gibt offenbar keine Grenzen für die Kreativität der japanischen Motive auf Kimonos, Kissen und anderen Stoffprodukten. Die japanische Textilindustrie kann auf eine große Vielfalt an Mustern und Motiven zurückgreifen, die sich auf den japanischen Stoffen unterschiedlichster Materialien wiederfinden. Dennoch gibt es bestimmte Muster, die immer wiederkehren und auch gewissen Traditionen unterliegen. So sind vor allem jahreszeitliche Einflüsse etwas, das sich in japanischen Motiven für Kimonos wiederfindet. Ob Wasser, Bambus, Kirschblüten oder Chrysanthemen – was immer zur jeweiligen Saison passt, kann man auch auf einen Kimono drucken oder malen (ja, die teuersten Kimono werden mit Japanpinseln handbemalt). Als der Kimono noch das wichtigste Kleidungsstück im alten Japan war, war eine Garderobe, die nicht auf die Jahreszeit abgestimmt war, kaum denkbar, besonders nicht in den gehobenen Kreisen. Neben den allgegenwärtigen Blumen sind aber auch Tiermotive und religiöse Symbole üblich. Rein grafische Japanstoffe werden oft von Wellen (Seigaiha) oder Sprenkelmustern geziert. Gittermuster in Form von Sechsecken symbolisieren die Schildkröte und gelten als gutes Zeichen für ein langes Leben. Dementsprechend werden diese Muster auf Japanstoffen auch als Kikko bezeichnet, also als Schildkrötenpanzer. Gerne kombiniert der Japaner dieses Motiv auch mit dem Kranich (Tsuru) – der ultimative Glücksbringer unter den japanischen Motiven. Geometrische Formen wie Raute (Asanoha), Haifischmuster (nach Vorbild der Haut des Fisches) oder Bambusgitter, die geflochtenen Körben nachempfunden sind, erfreuen sich ebenfalls stetiger Beliebtheit. In Europa und insbesondere in Deutschland etwas problematisch sind die klassischen Swastika-Symbole. Diese auf Japanstoffen als Sayagata bezeichneten Muster beinhalten das, was hierzulande oft als Hakenkreuz missverstanden wird. Sayagata können auf japanischen Stoffen sowohl rechts- als auch linksgewinkelt auftauchen und sind häufig durch Linien miteinander verbunden. Dieses aus dem Buddhismus stammende Glückssymbol kommt ursprünglich aus Indien und fand seinen Weg über China schließlich nach Japan, wird aber weit weniger häufig auf japanischem Stoff verwendet als bspw. Blumenwagen, Kirschblüten oder Tiermuster.
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