Neues Buch zum Leben der japanischen Übersetzerin von Anne auf Green Gables
Die Lebensgeschichte einer japanischen Übersetzerin, die 1952 Anne auf Gren Gables in japanischer Sprache herausbrachte, wurde ein Buch gewidmet. „Anne's Cradle: The Life and Works of Hanako Muraoka” ist in englischer Sprache erschienen und somit auch für das westliche Publikum verfügbar.
„Anne's Cradle: The Life and Works of Hanako Muraoka“ (übersetzt Annes Wiege: Das Leben von Hanako Muraoka) wurde ursprünglich auf Japanisch von Eri Muraoka, der Enkelin der berühmten Übersetzerin, geschrieben. Cathy Hirano hat die englische Übersetzung erstellt, die im letzten Monat veröffentlicht wurde.
Anne of Green Gables ist ein kanadischer Kinderbuchklassiker
Anne auf Green Gables (Originaltitel: Anne of Green Gables) ist ein Kinderbuch der kanadischen Autorin Lucy Maud Montgomery. Die Erstausgabe des Buchs erschien bereits 1908. Anne Shirley ist die Hauptperson des Buches und ein rothaariges, sommersprossiges Waisenmädchen. Sie wird zu dem Junggesellen Matthew Cuthbert und seiner Schwester Marilla geschickt. Die beiden nehmen Anne auf, obwohl sie eher einen Jungen erwarteten, der ihnen bei der Arbeit auf dem Hof helfen sollte. Sie leben auf dem Hof Green Gables (abgeleitet von den grünen Giebeln des Hauses) in dem fiktiven Ort Avonlea auf Prince Edward Island. Die Insel liegt im Pazifik im Osten vor der kanadischen Küste.
Das Buch beschreibt das Leben von Anne vom 11. bis zum 16. Lebensjahr. Anne hat eine wilde Fantasie, redet viel und hat ein feuriges Temperament. Sie besteht viele Abenteuer und entwickelt sich langsam zu einer intelligenten und unabhängigen Frau, die ihre Vorstellungskraft konstruktiv einsetzt. Dabei wird auch ein Bild der kanadischen Gesellschaft gezeichnet. Ihre beste Freundin Diana Barry, ihr Klassenrivale Gilbert Blythe und die „Klatschtante“ des Ortes Rachel Lynde sind wichtige Personen der Handlung.
Das Buch ist im englischsprachigen Raum ähnlich bedeutend wie Pipi Langstrumpf in Deutschland. Für Astrid Lindgren war Anne auf Gren Gables eines der Lieblingsbücher, sodass Pipi von Anne inspiriert sein wird.
Die japanische Übersetzerin legte viel Wert auf gute Literatur für junge Japaner
Die Übersetzerin Muraoka maß guter Literatur für junge Leute einen hohen Stellenwert bei. Die Enkelin hält das Leben ihrer Großmutter für eines Buches würdig, sie erklärte es so:
"In gewisser Weise war ihr Leben ein bisschen ähnlich wie Anne Shirley von Anne of Green Gables. Sie war keine Waise, aber ihre Familie war extrem arm, und sie hatten nicht genug Geld, um ihre Kinder großzuziehen."
Muraokos Vater bestand jedoch darauf, dass seine Tochter eine Ausbildung erhält, was für die frühen 1900er Jahre in Japan sehr unkonventionell war. Ab ihrem neunten Lebensjahr besuchte Muraoka ein christliches Internat und wurde von kanadischen Missionaren unterrichtet. Obwohl die Schule nicht der Ort war, an dem sie Anne of Green Gables zum ersten Mal las, habe sie dort viel über die klassische westliche Literatur gelernt. Sie hat sich damals in die englische Sprache verliebt.
Die Geschichten von Anne auf Green Gables gaben ihr Hoffnung
Als der Zweite Weltkrieg näher rückte, waren viele von Muraokas kanadischen Missionsfreunden gezwungen, Japan zu verlassen. Eine Freundin war Loretta Leonard Shaw aus Saint John im kanadischen Staat New Brunswick. Sie hatte ihr eine Ausgabe von Anne of Green Gables geschenkt, bevor sie Japan verließ. Es war ein Abschiedsgeschenk.
Der Roman hielt die Hoffnung in ihrem Herzen am Leben, dass es eines Tages wieder Frieden geben würde. Sie würde ihre Freunde wiedersehen. Sie müssten dann nicht mehr gegeneinander kämpfen. Während des Krieges übersetzte Muraoka heimlich das Buch von L.M. Montgomery, da Englisch als "die feindliche Sprache" galt.
Sie veröffentlichte ihre Übersetzung von Anne of Green Gables nach Kriegsende. Es wurde ein Bestseller in Japan. Der Erfolg führte dazu, dass sie alle Fortsetzungen von Montgomery und Anne of Green Gables übersetzt hat.
Hanako Muraoka – eine japanische Übersetzerin und Autorin
- Ein Bild von Hanako Muraoka aus dem Ende der 50er Jahre.
Hanako Muraoka (村岡 花子) wurde am 21. Juni 1893 in Kofu in der Präfektur Yamanashi Zentraljapan) geboren. Ihre Eltern waren Methodisten und folglich wurde sie als gläubige Christin erzogen.
Sie studierte an der Frauenuniversität Tokyo Eiwa Jogakuin und begann dort Kindergeschichten zu schreiben. 1913 erhielt sie ihren Abschluss und kehrte nach Yamanashi zurück, wo sie an der Zweigstelle des Tokyo Eiwa Jogakuin unterrichtete. 1917 wurde ihr erstes Buch mit dem Titel „Rohen“ veröffentlicht. Sie heiratete 1919 Keizo Muraoka und bekam ein Jahr später einen Sohn. Der Tod des Sohnes 1927 sorgte für depressive Phasen – sie begann dann mit der Übersetzung von Mark Twains „Der Prinz und der Bettelknabe“, wodurch sie den normalen Alltag wieder aufnahm.
1932 hat sie eine Radiosendung begonnen, bei der sie Kindern Nachrichten vorlas. Die Show wurde sehr populär und Kinder in ganz Japan nannten sie "Rajio no Obasan" (Tante Radio). Die Show endete in den frühen 1940er Jahren, als der Zweite Weltkrieg begann. Muraoka wollte keine Nachrichten lesen, die Kanadier als Feinde bezeichneten, weil viele ihrer Freunde Kanadier waren.
1952 wurde ihre Übersetzung von Anne of Green Gables veröffentlicht. Es wurde zum Bestseller und in den 1970er Jahren in den japanischen Schullehrplan aufgenommen. Die Übersetzerin plante 1968 ihre erste Reise nach Prince Edward Island, der Besuch vor ihrem Tod am 25. Oktober 1968 war ihr jedoch nicht vergönnt. Sie starb an einem Schlaganfall.
Interesse an der Großmutter war bei der Enkelin enorm
Die berühmte Übersetzerin starb, als ihre Enkelin Eri knapp ein Jahr alt war. Sie war erstaunt, dass ihre Großmutter Anne von Green Gables unter Einsatz ihres Lebens während des Krieges zu übersetzen hatte. Sie wollte die Beweggründe verstehen. Die Mutter der Enkelin hatte eigentlich bereits ein Buch über Muraoka geplant, sie übernahm es aber nach dem Tod der Mutter.
Für Cathy Hirano, die das Leben der japanischen Übersetzerin in Englische übersetze, ist Muraoka auch eine Aktivistin für Frauenrechte und für gute Kinderliteratur, weil sie im Verlagswesen nicht für wichtig gehalten wurde.
Die Großmutter hat die kanadische Insel, auf der Green Gables gespielt hatte, nie erreicht. Ihre Enkelin hofft, dass sie dieses Ziel nach dem Ende der Corona-Pandemie erreicht.
Bildquelle: Foto von 読売新聞社 撮影者不明, Public domain, via Wikimedia Commons; Titelfoto "The house & setting that inspired Anne of Green Gables" von Quasimime, CC BY-ND 2.0
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