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Atami: Schlammlawinen und Erdrutsche südlich von Tokio

Ein auf Twitter veröffentlichtes Video ging am Wochenende um die Welt. Es zeigt, wie eine dunkle Mischung aus Wasser, Erde und Sand, gegen 10.30 Uhr in Atami, Präfektur Shizuoka, schnell von der Spitze eines Berges fließt und ein grollendes Geräusch macht. Die Stadt Atami liegt südlich von Tokio in der Nähe des Meeres. Der Name bedeutet „heißes Meer“, was sich auf die „Onsen“, die japanischen Thermalqullen, bezieht.

Die Schlammlawine hat nach Angaben der Behörden rund 2 Kilometer Boden unterspült. Sie zog alles mit sich, was ihr in den Weg kam, bevor sie die Küste erreichte. Nach ersten Angaben sind 2 Frauen gestorben, die von der Küstenwache am Hafen entdeckt wurden und wenigstens 20 Menschen werden vermisst. Die Anzahl der vermissten Personen ist am 5. Juli 2021 auf 80 gestiegen, die Zahl der bestätigten Todesfälle auf 4 Menschen.

Rund 21.000 Haushalte in Atami wurden zur Evakuierung aufgefordert. Die lokalen Behörden hatten aufgrund des hohen Risikos von Erdrutschen die höchste Alarmstufe ausgegeben. Bis zu 300 Haushalte waren von der Schlammlawine am Samstag (3. Juli 2021) betroffen. Einige Häuser wurden vollständig zerstört. Der 70-jährige Bürgermeister der Stadt, Masaru Isei, war äußerst bestürzt:

"Ich lebe seit ungefähr 60 Jahren hier, aber dies ist meine erste Erfahrung mit Schlammlawinen.“

Er hörte etwas, das sich nach starkem Regen anhörte. Als er im zweiten Stock seines Hauses ein Fenster öffnete, sah er, dass sein Lagerschuppen wegschwamm und ein Auto auf dem Parkplatz im Boden versank. Dann reiste er mit seiner Frau zu einem höher gelegenen Haus eines Bekannten, wobei er nur sein Smartphone und seine Brieftasche mitnahm.

Ein 84-jähriger Mann bemerkte zuerst einen Fäulnisgeruch. Als er von einem nahegelegenen Fluss stromaufwärts schaute, sah er eine riesige Menge Erde und Sand, die sich etwa 5 Meter hoch auf ihn zu bewegte. Der Fluss, der normalerweise weniger als 2 Meter breit sei, sei auf mehrere Dutzend Meter angeschwollen gewesen. Die Geschwindigkeit der Schlammlawine wird auf etwa 40 Kilometer pro Stunde geschätzt.

Etwa 700 Polizei- und Selbstverteidigungskräfte sowie Feuerwehrleute sind an der Suche nach Vermissten in Atami in der Präfektur Shizuoka beteiligt. Während die Arbeiten zur Beseitigung von Schlamm und Schutt mit schweren Maschinen am frühen Morgen begannen, drohte zeitweilig bei den Bergungsarbeiten eine zweite Katastrophe – sie mussten immer wieder abgebrochen werden. Die anhaltenden Regenschauer hätten neue Erdrutsche und Schlammlawinen auslösen können.

Präfektur Shizuoka verzeichnet mehrere starke Lawinen

In der Präfektur Shizuoka gibt es derzeit Rekordregenmengen, welche die Schlammlawinen begünstigen. Wetterbeamte warnen vor der zunehmenden Gefahr von Schlammlawinen in Atami anderen Gebieten in Shizuoka, wo der Boden nach dem Regenguss gesättigt ist. In Teilen der Präfektur gibt es Erdrutschwarnungen. Atami erhielt in 48 Stunden bis Samstagabend 321 Millimeter Regen. Das ist mehr als der durchschnittliche Niederschlag für den gesamten Monat Juli.

Die Japan Meteorological Agency sagte, dass es voraussichtlich vor allem in Gebieten auf der Seite des Japanischen Meeres weiterhin heftig regnen wird, und warnte die Öffentlichkeit vor weiteren Schlammlawinen, Überschwemmungen und angeschwollenen Flüssen. Nach Angaben des lokalen Wetterbüros Shizuoka zufolge, wird es in einigen Gebieten bis Montagnachmittag starken Regen mit Donner geben. Es prognostizierte auch einen kumulativen Niederschlag von 500 Millimetern. Selbst in Gebieten mit geringeren Niederschlagsmengen bestehe die Gefahr von Schlammlawinen.

Es gab mehrere Nebenschauplätze - Brückeneinsturz in Shizuoka

Neben dem Video, welches um die Welt ging, gab es noch weitere Erdrutsche. Ein Teil einer Brücke in der Stadt Numazu (Präfektur Shizuoka) stürzte in den Kise-Fluss. Die Stadt liegt 30 Kilometer westlich von Atami, an der Suruga-Bucht. Einer der Brückenpfeiler war am 3. Juli gegen 10:00 Uhr bei anhaltenden starken Regenfällen ins Wasser gesunken.

Nach Angaben der Polizeistation Numazu gibt es weder Berichte über Fahrzeuge, die in die Beschädigung der Kisegawa-Brücke geraten sind, noch von anderen Unfällen mit Personenbeteiligung. Die Brücke befindet sich zwischen den Städten Numazu und Shimizu. Der Verkehr auf beiden Seiten der Brücke wurde eingestellt. Es gibt derzeit keine Informationen darüber, wann sie wieder geöffnet wird. Beobachter der Szene beschrieben sie wie folgt:

„Ich arbeitete im Büro, als ich kurz vor 10:00 Uhr dieses gewaltige Geräusch hörte, wie ein Grollen. Als ich nach draußen schaute, sah ich, dass die Brücke in dieser V-Form war. Ein Bus fuhr darauf, kehrte jedoch um. Zuerst war das „V“ nicht so tief, aber gegen 11:00 Uhr gab es ein weiteres großes Geräusch, dann war das „V“ tiefer geworden. Ich hätte nie gedacht, dass die Brücke einstürzen würde."

Japanische Regierung möchte intensive Abstimmung mit lokalen Behörden

Laut Präfekturregierung sei die Schlammlawine wahrscheinlich aufgetreten, nachdem eine beträchtliche Menge Boden gelockert worden war. Es bleibt aber unklar, ob der Boden auf natürliche Weise oder als Folge von Erdarbeiten aufgelockert wurde.

In Tokio beobachtet die Zentralregierung, die am Samstag eine Task Force im Büro des Premierministers eingerichtet hat, die Lage weiter. Premierminister Yoshihide Suga befahl den zuständigen Ministern des Kabinetts, eng mit der lokalen Regierung zusammenzuarbeiten, um die Menschen zu schützen und gleichzeitig bei besonders vorsichtig zu sein.

Die japanische Regierung hatte bereits zuvor festgestellt, dass zwischen 2010 und 2019 die Anzahl der Erdrutsche um mehr als 50% gegenüber der vorherigen Dekade zugenommen hat. Es gab 1476 Erdrutsche in den letzten 10 Jahren, von 2000 bis 2009 waren es nur 1006 und von 1990 bis 1999 rund 1027.

In Deutschland gelten die Schlammlawinen als Zeichen des Klimawandels. In Japan sind die Probleme ebenfalls lange bekannt. Flüsse haben keinen Platz, um sich auszubreiten, das Land ist dicht besiedelt und so kommt es immer wieder zu Naturkatastrophen.

Es wurden in der Region zwischenzeitlich 200.000 Menschen evakuiert. Viele Angehörige der Bewohner der Präfektur versuchen auch am Montag vermisste Personen zu finden. Die Behörden können nur schwer bestätigen, wer in welcher Notunterkunft gelandet ist. Viele Regionen sind nicht erreichbar und die Funknetzwerke sind teilweise zusammengebrochen. Einige Menschen haben ihre Angehörigen gefunden, oder auf Listen von Notunterkünften gesehen. Andere suchen dagegen noch, oder warten auf gute Nachrichten.

Bildquelle: "Atami, Japan" von Dawn Zarimba, CC BY-ND 2.0

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