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Japanische Schuluniformen – Garderobe des Leistungsdrucks

Im April beginnt in Japan das neue Schuljahr. Genau die richtige Zeit, um einen genaueren Blick auf das japanische Schulsystem und eines seiner ganz besonderen Elemente zu werfen. Denn in Europa ist sie nur noch selten anzutreffen, in Japan jedoch immer noch Tradition: Die Schuluniform. Im Land der aufgehenden Sonne tragen Mädchen und Jungen landesweit an ihren Schulen die gleiche Garderobe, von der ersten Klasse bis zum Schulabschluss. Auch wenn einige Grundschulen noch keine Uniform fordern, gehört die „Seifuku“ für Schüler in Mittelschule und Oberschule zum Alltag in Japan. Das ist keine Strafe, sondern eine Entwicklung, die im 20. Jahrhundert begonnen hat. Zumindest die der japanischen Schuluniform von heute.

Auch im 17. Jahrhundert gab es schon Schuluniformen – allerdings unterschieden diese sich kaum von den damals üblichen Kimono. Anfang des 20. Jahrhunderts, nach der Öffnung Japans zum Westen hin, änderte sich auch die Mode. Die Mädchen trugen bodenlange Röcke, hakama genannt, bis etwa 1970 der Aufbruch in eine neue Zukunft kam. In dieser Zeit änderte sich das Schnittmuster japanischer Schuluniformen massiv und unter dem Einfluss westlicher Vorbilder bildete sich die Grundform der japanischen Mädchenuniform heraus, wie wir sie auch heute noch kennen.

Die japanische Schuluniform - Schnittmuster kommen von der Navy

Japanische Schulmädchen in Uniform
Die Schnittmuster der japanischen Schuluniform für Mädchen ist stark von den Matrosenanzügen der britischen Marine beeinflusst. - Bild (links): © one - Fotolia.com, Bild (rechts): © NI_photo - Fotolia.com

In den 1970ern entstand die „sailor fuku“, wie die japanische Schuluniform für Mädchen heißt. Offen für westliche Einflüsse, überdachte man damals die Kleidung für den Schulalltag. Die Lösung lag aber nicht einfach im Kopieren der damals aktuellen westlichen Schuluniformen – letztendlich war es die britische Royal Navy, deren Uniformen das Aussehen der Schuluniform in Japan nachhaltig prägte. Daher auch der Name „sailor fuku“, der nichts weiter bedeutet als Matrosen-Anzug. Dieser Einfluss kombiniert mit der damaligen Mode und Textilindustrie begründete das neue Schnittmuster der japanischen Schuluniform.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich das Schnittmuster der japanischen Schuluniform für Mädchen nur in Details, aber nicht grundlegend verändert. Die plissierten Röcke sind und waren seit ihrer Einführung knielang, dazu tragen die Mädchen eine Bluse mit Matrosen-Kragen und oft auch einen Blazer. Als schmückendes Element ist eine Schleife im Brustbereich der Bluse angebracht, es gibt aber auch Uniformen mit Krawatten. An kühlen Tagen werden oft lange Jacken (z.B. in Grau oder Dunkelblau) aus etwas dickerem Material über der Bluse bzw. dem Blazer getragen. Die Farben der Uniform sind heutzutage meist Grau, Dunkelblau, Schwarz oder Weiß. Als Ausdruck der Persönlichkeit dienen die Socken, die zwar im Grunde zur japanischen Schuluniform dazugehören, die aber meist keiner genauen Regelung unterliegen. Wichtig ist, dass sie bis zu den Knöcheln oder den Knien reichen. Auch die Schuhe sind nicht streng reglementiert, sollten aber schwarze Halbschuhe aus Leder oder ähnlichen Materialien in ähnlichem Design sein. In den meisten Schulen gibt es darüber hinaus eine Sommeruniform und eine Winteruniform, die sich in der Ärmellänge der Bluse, der Rocklänge und den verwendeten Materialien (im Sommer ist die Uniform etwas luftiger) unterscheiden.

Wie sich die Schuluniform in Japan und die dazugehörigen typischen Posen der Mädchen verändert haben, zeigt dieses kurze Video von NTT und der Idol-Gruppe TPD:

Anhand der Schuluniform kann man in Japan übrigens ablesen, auf welche Schule eine Schülerin geht, denn es gibt graduelle Unterschiede in den Farben, Mustern und im Schnittmuster der japanischen Uniformen. So ist auch außerhalb der Schulen ersichtlich, ob man beispielsweise eine Schülerin einer renommierten Privatschule oder der öffentlichen Schule um die Ecke vor sich hat.

Die Schuluniform ist seit dem Siegeszug der Manga auch einem breiteren Publikum in Europa aus Comicheften, Spielen oder japanischen Filmen und Serien bekannt, da oft Charaktere im Schulalter die Hauptpersonen sind. Bestes Beispiel ist wohl Sailor Moon, die im feschen Matrosenanzug Jagd auf böse Mächte macht und ansonsten im Schulalltag die Schuluniform im 80er Jahre Design trägt.

Auch Jungen stecken in Uniform

Knöpfe einer Gakuran (japanische Jungenuniform)
Der zweite Knopf einer japanischen Jungenuniform ist bei Mädchen ein heißbegehrtes Souvenir nach dem Schulabschluss. - Bild: © uckyo - Fotolia.com

Auch die Jungen-Uniformen in Japan – „gakuran“ genannt – ähneln mehr dem Dienstanzug eines Soldaten, als einem Kleidungsstück für den Schulalltag. Weißes Hemd, Krawatte, meist schwarze oder dunkelblaue Hose und dazu eine passende Jacke mit engem Stehkragen, dessen Ursprung bis auf die preußischen Uniformen zurückgeht. Das auffallendste Element ist die senkrechte Reihe metallener Knöpfe, die jede Jacke ziert. Oft in Gold, manchmal auch mit dem Logo der Schule graviert.

Vor allem der zweite Knopf von oben an der Jungen-Uniform – also der, der dem Herzen am nächsten ist – trägt eine besondere Bedeutung. Traditionell wird dieser Knopf von jungen Männern an ihre Herzdame verschenkt, meist auf der Abschlussfeier. Das macht ihn bei Mädchen zu einem begehrten Souvenir nach Abschluss der Mittel- oder Oberschule. Die Geschichte hinter dem Ursprung dieser Tradition ist allerdings ernster: Im Zweiten Weltkrieg verschenkten erstmals junge Männer diesen Knopf an ihre Liebsten, weil sie im schlimmsten Fall nicht aus dem Krieg zurückkehrten. Die Ursprünge der Designs für die Mädchen- und die Jungen-Uniform liegen also bei preußischen Soldaten und bei der britischen Royal Navy. Dies lässt bereits erahnen, dass es im Schulsystem von Japan streng und fordernd zugeht.

Drill schon im Kindergarten – das Schulsystem in Japan

Mädchen mit kleinem Bruder in Schuluniform
Schuluniformen sind Pflicht in Mittel- und Oberschulen. Aber auch manche Grundschulen verlangen bereits das Tragen einer Schuluniform. - Bild: © lalalululala - Fotolia.com

Ab dem dritten Lebensjahr gehen Kinder in Japan in der Regel in den Kindergarten. Hier ist eine Uniform noch nicht üblich, dafür erlernen die Kinder bereits das Hiragana, eine der zwei japanischen Silbenschriften. Die Schulpflicht in Japan beträgt neun Jahre und umfasst sechs Jahre Grundschule sowie drei Jahre Mittelschule. Beide Schulen sind in der Regel öffentliche Schulen in der Nähe des Wohnortes. Danach schließt sich für drei Jahre die Oberschule an, die 97 Prozent der japanischen Schüler absolvieren und in der Regel im Alter von 18 Jahren abschließen.

Die japanischen Schulen werden in öffentliche und private Schulen unterschieden, wobei letztere mit höheren Schulkosten verknüpft sind. Bei Grund- und Mittelschulen sind Privatschulen allerdings eher die Ausnahme, bei Oberschulen und Universitäten bekommen sie mehr Gewicht. Egal ob privat oder öffentlich: An fast allen Mittel- und Oberschulen herrscht strikte Uniformpflicht. Ein Sitzenbleiben, wie man es hierzulande kennt, gibt es in Japan übrigens nicht.

Nach Abschluss der Oberschule bietet das Schulsystem von Japan den Schülern die Möglichkeit eines Studiums an einer Universität oder die Ausbildung an einer Berufsschule. Die überwältigende Mehrheit der Japaner entscheidet sich für eine dieser beiden Möglichkeiten, nur wenige treten nach der Oberschule direkt in den Arbeitsmarkt – meist als Part-Timer – ein.

Japanische Schuluniformen Schnittmuster für Jungen- und Mädchenuniformen
Sowohl die Schnittmuster für die Mädchen-Uniform als auch für die Uniform der Jungs haben in Japan militärische Vorbilder. Moderne Formen orientieren sich allerdings stärker an westlichen Uniformen. - Bild: © paylessimages - Fotolia.com

Anders als in Deutschland gibt es Eingangsprüfungen für Schulen. Welche Schule oder Universität ein Schüler oder eine Schülerin besucht hat, ist oft wichtiger als die Noten. Somit legen vor allem Eltern sehr viel Wert darauf, dass ihre Kinder renommierte Schulen besuchen und drillen sie von Klein auf. Das geht manchmal soweit, dass einige private Kindergärten sogar Aufnahmeprüfungen durchführen. Danach gibt es bei den privaten Schulen teilweise zusammenhängende Grund-, Mittel- und Oberschulen sowie Universitäten eines privaten Trägers, die den gesamten Schulweg eines Schülers abdecken. Aufnahmeprüfungen gibt es in der Grundschul- und Mittelschulstufe nur bei privaten Schulen. Im Gegensatz dazu sind Aufnahmeprüfungen an japanischen Oberschulen und Universitäten obligatorisch, egal ob öffentlich oder privat. Um auf eine gute Oberschule oder Universität gehen zu können, verbringen die Schüler in der Regel das letzte Schuljahr vor den Aufnahmeprüfungen mit intensivem Lernen.

Ergänzend zum normalen Unterricht werden die Schülerinnen und Schüler in „juku“ genannten Paukschulen auf die Anforderungen des Schulsystems in Japan vorbereitet – im Speziellen auf die Aufnahmeprüfungen für die Oberschulen und Universitäten, aber es gibt auch Paukschulen für private Mittelschulen. Nicht umsonst wird die Zeit vor den Prüfungen als „Examenshölle“ bezeichnet, denn der Druck, der auf den Schülern lastet, ist enorm. Aber kein Wunder in einer Gesellschaft, in der der Ruf der besuchten Schule oder Universität mehr zählt als die Leistung des Einzelnen. Denn wer dem Leistungsdruck standhält und eine renommierte Universität besucht, dem stehen im Berufsleben alle Türen offen.

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