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Teil 1: Wie sieht das Leben in Japan heute aus?

In kaum einem anderen Land ist der Gegensatz zwischen Tradition und Moderne so deutlich zu spüren wie in Japan. Dabei schaffen die Japaner es, sowohl einen modernen, westlichen Lebensstil zu pflegen als auch die Traditionen der alten Zeit nicht zu vergessen. Nicht immer gelingt dieser Spagat ohne Widersprüche, weswegen viele Gepflogenheiten in unseren westlichen Augen unverständlich bleiben. Doch wie sieht das Leben in Japan heute aus und worin unterscheidet es sich von damals? Wir versuchen, eine Antwort auf diese Frage zu geben.

Traditionelle Zeremonien verlieren an Bedeutung

Im Vergleich zu früher hat sich das Leben der Japaner grundlegend verändert. Industrialisierung und wirtschaftliche Öffnung des Landes haben dazu ebenso beigetragen wie die kulturellen westlichen Einflüsse nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Japaner betonen häufig die Wichtigkeit von Traditionen und pflegen sie in gewissem Rahmen nach wie vor. So besuchen die meisten Bürger unabhängig von ihrer persönlichen Glaubensausrichtung noch immer die zahlreichen Schreine und Tempel. Selbst diejenigen, die mit der Religion an sich nicht viel anfangen können, möchten an Feiertagen oder zu Neujahr auf diese Weise zumindest das Andenken an ihre Vorfahren ehren, die diesen Traditionen noch uneingeschränkt verpflichtet waren. Es überrascht daher nicht, dass viele Haushalte noch heute über eine sogenannte Altar-Ecke verfügen, um verstorbenen Familienmitgliedern die Ehre zu erweisen. Eine traditionelle Tee-Zeremonie wird in vielen Familien nicht mehr praktiziert; die meisten dieser Zeremonien werden nur noch zu feierlichen Anlässen in einem besonderen Rahmen durchgeführt. Auch das, was wir in Europa als die typische japanische Raumausstattung ansehen – das Washitsu (Japanzimmer) mit Tatami-Matten und Kakemono – ist in den japanischen Wohnungen selten geworden. In modernen Stadtwohnungen (abgesehen von kleinen Einraumwohnungen, die meistens von Studenten gemietet werden) gibt es oft nur eine kleine Ecke, die mit Tatami-Matten ausgekleidet ist. In Häusern auf dem Land sind Washitsu allerdings noch immer üblich und auch die Böden traditioneller Häuser und Ryokans in den Städten sind auch heute noch mit Tatami-Matten ausgelegt. Doch selbst wenn Tatamis in modernen japanischen Wohnungen eher die Ausnahme sind, sind sie nach wie vor Teil von ihnen: Denn bei der Aufteilung von Räumen wird oftmals die alte Tatami-Matten-Größe („jo“) verwendet, die Größe in Quadratmeterzahlen ist zweitrangig.

Wohnen zwischen Tradition und Moderne

Sehr verändert hat sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die japanische Architektur des Wohnungsbaus. Obwohl man noch immer viele traditionelle Bauten findet, sind Großstädte wie Tokyo von Hochhäusern und Betonwüsten geprägt, wie sie im Westen üblich sind. Eine große Rolle spielt dabei die Wohnraumknappheit, denn Raum war auf den japanischen Inseln schon immer ein wertvolles Gut. Dementsprechend teuer sind auch die Wohnungen heutzutage. Nicht umsonst galt Tokyo über lange Zeit hinweg als teuerste Stadt der Welt. Das mag sich nach der Wirtschaftskrise des letzten Jahrzehnts ein wenig relativiert haben, doch das Leben in Japan ist mit hohen Kosten verbunden – auch und vor allem in Tokyo. Während vor dem Zweiten Weltkrieg westliche Architektur eine Ausnahme war und die Menschen in traditionellen Holzbauten lebten, die auf klassische Weise mit Tatami-Böden ausgestattet waren, bevorzugen inzwischen viele Japaner die Bequemlichkeiten eines westlichen Einrichtungsstils. Sofern sie den Platz und die finanziellen Mittel dafür haben, pflegen allerdings viele Bürger die Einrichtung von einem Japanzimmer, das als Wohn- oder Esszimmer dient, in dem Gäste empfangen werden.

Baden in Japan geht anders

Auch die sanitären Anlagen haben sich dem westlichen Vorbild angenähert. Badete man in alten japanischen Häusern noch in einem Holzzuber, wird heute in der Regel eine Badewanne verwendet. Interessant ist hierbei die Tatsache, dass Japaner sich vor dem Baden gründlich mit Seife abwaschen, da es als unhygienisch gilt, ungewaschen ins Badewasser zu steigen. Das Badewasser selbst enthält normalerweise auch keine zusätzlichen Reinigungsstoffe und soll in erster Linie der Entspannung dienen. Deswegen werden auch relativ heiße Wassertemperaturen (bis zu 45° C) bevorzugt. Natürlich verfügte früher längst nicht jedes Haus und jede Wohnung über ein eigenes Bad, weswegen man Gemeinschaftsbäder aufsuchte, um sich dort auszutauschen. In modernen Wohnungen dominiert heute vor allem Laminatboden oder seltener Teppichboden anstelle der Tatami-Matten und das eigene Bad gehört selbstverständlich zu jeder Wohnung dazu. Insbesondere bei den Toiletten gilt Japan als Vorreiter der automatisierten Hi-Tech-Klos, die mit Reinigungsdüsen, Heizungen und anderen Gimmicks für ein besonderes Wohlbefinden und erstklassige Hygiene ausgestattet sind. Die traditionellen „Hock-Klos“, bei denen es mehr oder weniger nur ein Loch im Boden gibt, findet man heutzutage meist nur in öffentlichen Toiletten, Schulen oder in ländlichen Gebieten.

In der Arbeitswelt haben Frauen das Nachsehen

Bei allem Fortschritt hat das eigene Bad vor allem in den Großstädten den Effekt, dass man sich weitaus weniger mit den Nachbarn austauscht als früher. So erscheint die japanische Gesellschaft heute zum Teil sehr anonym, zumindest was den Arbeitsalltag angeht. Häufig werden japanische Arbeitnehmer mit Ameisenheeren verglichen, die pflichtbewusst und unermüdlich ihrer Arbeit nachgehen. Ganz falsch ist das nicht; in der Tat sehen Japaner die Arbeit als Lebenszweck und sogar als Dienst an der Gesellschaft. Insgesamt ist die Arbeitswelt noch immer eine Männerdomäne und folgt damit den alten Traditionen, denen zufolge die Frau in ihrer Rolle auf Heim und Herd beschränkt ist. Wenn eine Frau arbeitet, dann in der Regel nicht in höheren Positionen, denn diese sind nach wie vor den Männern vorbehalten. Obwohl es in den letzten Jahren immer mehr Frauen gibt, die sich gegen diese Ungleichbehandlung der traditionellen Geschlechterrollen auflehnen, ist es ungemein schwierig, dieses Problem substanziell zu ändern. Frauen gelten in der Arbeitswelt eher als Statistinnen, von denen erwartet wird, ihren Job nach der Heirat aufzugeben.

Zuhause führt oft die Frau das Kommando über die Finanzen

Während die Frauen sich also in erster Linie um den Haushalt und die Kinder kümmern, pflegen japanische Männer ihre Hobbys und Freundschaften außerhalb der Familie und kommen durch die Nichtwahrnehmung häuslicher Pflichten trotz ihrer langen Arbeitszeiten auf einen guten Freizeitschnitt. Für die Frauen hat dies aber auch Vorteile, denn während sie in der Arbeitswelt meist in untergeordneter Position wahrgenommen werden, können sie die Abwesenheit der Männer im Haushalt dazu nutzen, das Haus und die Kindererziehung nach eigenen Gesichtspunkten zu gestalten. In ihrer Freizeitplanung sind sie so relativ flexibel, wenn es die Kindererziehung erlaubt. Bemerkenswert ist, dass Frauen sehr häufig auch für die Verwaltung der Familienfinanzen verantwortlich sind und sich so eine gewisse Unabhängigkeit sichern können. Männer erhalten nicht selten ein Taschengeld und lassen die Verwaltung der heimischen Finanzen gern in der Hand ihrer Frauen.

 

In Teil 2 unseres Artikels beschäftigen wir uns mit dem familiären Alltag, der Freizeit und den Lebenshaltungskosten, die für das Leben in Japan zu veranschlagen sind.

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