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Aomori Nebuta Matsuri – Das Laternen Fest in Japans Norden

Am nördlichsten Punkt von Japans Hauptinsel Honshū, fernab der meisten Reiserouten, liegt die Präfektur Aomori. Der Autor Andreas Neuenkirchen hat in seinem Buch „Gebrauchsanweisung für Japan“ (Piper Verlag) folgenden Rat für alle Japanreisenden: “Zu Aomori habe ich nur den Hinweis: Bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen!“ Nichts könnte weiter von der Realität entfernt sein! Bekannt ist die ländlich geprägte Präfektur in erster Linie für Äpfel und Apfelprodukte, doch einmal im Jahr pilgern bis zu 3 Millionen partywillige Besucher aus ganz Japan in die, an der Küste gelegene, Präfekturhauptstadt Aomori Stadt. Ihr Ziel: das Aomori Nebuta Matsuri (青森ねぶた祭り).

Aomori im Ausnahmezustand – das Nebuta Matsuri

Der Schall der Taiko-Trommeln lässt die schwül-warme Abendluft schon aus der Ferne vibrieren. Immer lauter wird das Spiel der Flöten und das Scheppern von Zimbeln. „Rassera, rassera!“, „Rasse, rasse, rassera!“, der Ruf unzähliger Menschen schallt durch die Straßen und verschmilzt zu einem immer weiter anschwelenden Klangteppich. Und endlich sieht man ihn! Der ersten Nebuta (ねぶた) biegt um die Straßenecke. Wie ein mystisch-leuchtendes Wesen aus ferner Zeit schwebt er über dem Asphalt, neigt sich rhythmisch auf und nieder. Es ist ein Kampf! Die hell erleuchtet  Gestalt eines zu allem entschlossenen Kriegers im Duell mit einem grimmigen Dämon. Erstarrt in äußerster Anspannung, und doch so lebendig als könnte jeden Moment sein Schwert auf den Widersacher niederbrausen. „Rasse, rasse, rassera!“ Eine auf und ab wogende Welle hüpfender Tänzer spült durch die Straße. Der Geräuschpegel steigt mit jedem Meter. Bunt gekleidete Menschen, eben noch gebannte Zuschauer, springen auf die Straße, werden eins mit der schreienden, tanzenden Masse.

Wer glaubt Japan sei ein Land voller Stille und zurückhaltender Menschen wird vom 2. bis 7 August in Aomori-Stadt eines Besseren belehrt. Jeden Abend, nach Einbruch der Dunkelheit, verwandeln sich die Straßen im Zentrum in die Bühne eines ausgelassenen Schauspiels, das so auf der ganzen Welt einzigartig ist. Festwagen mit bis zu fünf Meter hohe Laternen, in Form von wilden Kriegern und übernatürlichen Wesen, tauchen die Stadt in ein geheimnisvolles Licht. „Nebuta“ werden sie genannt und sind der Kern des alljährlichen Nebuta-Festivals, dem Aomori Nebuta Matsuri.

Woher kommt das Nebuta-Fest?

Der Ursprung des, ein wenig an Karneval erinnernden, Aomori Nebuta Matsuri ist, wie die Bedeutung des Namens Nebuta, bis heute nicht ganz geklärt. Im Gegensatz zu vielen anderen japanischen Volksfesten gibt es keine klare religiöse Ausrichtung. Wahrscheinlich liegen die Wurzeln im Tanabata (七夕) Fest, das in Japan jedes Jahr am 7. Juli begangen wird. In einer Art Reinigungsritus wurden zu diesem Anlass Papierlaternen auf Flüssen ausgesetzt, um symbolisch die weltlichen Begehren der Menschen mit sich hinfort zu tragen. In der Präfektur Aomori entwickelte sich hieraus ein eigenes Fest, in dem die Papierlaternen immer größere Ausmaße annahmen und in den Mittelpunkt der Feierlichkeiten rückten. Für diese Ursprungs-Theorie spricht u.a., dass das größte Nebuta Matsuri in Aomori-Stadt noch heute traditionell mit einer Parade der Laternen auf Schiffen endet.
Eine weitere Legende besagt, dass das Wort Nebuta vom regionalen Wort für Müdigkeit abstammt und das Fest, den von der Sommerhitze geschwächten Menschen, neue Kraft für die bald anstehende Ernte geben sollte.
In jedem Fall glaubwürdig erscheint die Antwort, die ein Einheimischer einen Journalisten des japanischen Fernsehsenders NHK gegeben hat. Laut diesem ist die geografische Lage Aomoris der entscheidende Faktor zum Verständnis des Nebuta Matsuri. Nach den langen und strengen Wintern in Nord-Japan wollen die Menschen den kurzen Sommer einfach dazu nutzen sich so viel wie möglich zu amüsieren. Das bunte Nebuta-Fest bietet hierfür die idealen Vorraussetzungen, egal was sein eigentlicher Ursprung war.

Nebuta Matsuri – Mitmachen ist Teil des Vergnügens

Aomori Nebuta Matsuri, das Laternenfest in Japans Norden

Das Aomori Nebuta Matsuri biete viele Betätigungsmöglichkeiten. Neben den Nachbarschaftsgruppen, Vereinen und Firmen, die für den Bau und die Fahrt der imposanten Festwagen verantwortlich sind, gehört zu jedem Wagen eine Gruppe traditioneller Musiker und Tänzer. Eine der Besonderheiten des Nebuta Matsuri ist, dass jeder als Tänzer (Haneto) in der Parade mittanzen kann. Einzige Vorraussetzung ist es die entsprechende Kleidung zu tragen, die für ca. 35 Euro überall erworben oder noch günstiger gemietet werden kann.
Wer nun noch auf das „Rassera, rassera!“, der Einheizer mit einem kräftigen „Rasse, rasse rassera!“, antworten kann, erfüllt alle Vorrausetzungen ein guter Haneto zu sein. Was der Ruf genau bedeutet? Dies läst sich ebenfalls nicht mit letzter Gewissheit sagen. Am wahrscheinlichsten ist die Erklärung, dass „rasse, rasse“ ursprünglich einmal „dase, dase“ hieß, was man grob mit „hergeben, hergeben“ oder auch „mehr davon“ übersetzen kann. Im Laufe der Zeit verschliff es jedoch immer mehr, bis zum heutigen, mehr oder weniger sinnfreien „Rasse, rasse, rassera“. Wie beim „Helau“ im deutschen Karneval ist die genaue  Bedeutung nebensächlich und dient in erster Linie dazu die Stimmung unter den Teilnehmern zu steigern.

Die Entstehung einer Nebuta-Laterne – eine Kunst für sich

Riesige Laterne beim Nebuta Matsuri in Aomori

Der Bau eines Nebuta ist eine eigenständige Kunstform, die jahrelange Übung und Kreativität erfordert. Bereits im Winter beginnt der verantwortliche Nebuta-Künstler mit einer Skizze für die geplante Szenerie. Als Inspiration für Nebuta dienen u.a. Motive traditioneller „Krieger-Bilder“, so genannter Musha-e (武者絵). Sie handeln von den heroischen Taten japanischer Samurai, oder alten chinesischen Legenden. Ab Mai arbeiten ganze Teams von Handwerkern fieberhaft an der plastischen Umsetzung der Nebuta-Entwürfe.
Die Basis bildet ein Gerüst aus Holz, das für den Laien noch keinerlei Hinweise auf die spätere Figuren verrät. Erst durch ein hierauf aufbauendes Drahtgerüst wird die eigentliche Form deutlich. Besondere Aufmerksamkeit erhält das Gesicht der Figuren. Seine Ausdrucksstärke ist entscheidend für die Wirkung des späteren Laternen-Wagens und soll böse Geister und negative Einflüsse vertreiben. Nachdem das Drahtgestell perfekt ausmoduliert ist, werden Glühbirnen im Inneren verteilt und mit einem Generator verbunden. Pro Wagen werden in der Regel mehr als 600 Birnen verbaut. Ist die Elektronik erfolgreich verlegt wird das gesamte Gestell mit lichtdurchlässigem Japan-Papier (Washi) beklebt. Als letztes erhält der Nebuta seine farbenprächtige Bemalung. Besonders wichtig für die dynamische Wirkung ist hierbei das Nachzeichnen der Konturen mit satt-schwarzer, japanischer Tinte (Sumi).
Anders als die bei traditionellen Shinto-Festen verwendeten Mikoshi werden Nebuta nicht von Menschen getragen. Stattdessen werden die bis zu vier Tonnen schweren Laternen auf spezielle Wagen gehievt und von erfahrenen Helfer-Gruppen durch die Strassen manövriert.

Wer während der Sommermonate den etwas kühleren Norden Japans besuchen kann und Japan von seiner ausgelassenen Seite erleben möchte sollte sich einen Besuch des Aomori Nebuta Matsuri keinesfalls entgehen lassen!

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