Trusted Shops zertifiziert + 49 (0)30 - 31 80 81 51
 

Gyotaku: Die Fischdruck Kunst aus Japan in Schwarz-Weiß

Gyotaku (魚拓), wörtlich übersetzt „Fischdruck“, ist eine in Japan entwickelte Technik, um Fische und andere Meereslebewesen als Druck auf Papier zu verewigen. Ursprünglich nutzten Fischer diese Methode, um außergewöhnliche, seltene oder besonders beeindruckende Fänge festzuhalten. Damit trugen sie zugleich zu einer frühen Form der Biodiversitätsdokumentation bei.

Heute hat sich Gyotaku zu einer eigenständigen Kunstform entwickelt und wird auch außerhalb Japans von Künstlern wie Hobbykünstlern betrieben. Über die Zeit entwickelten sich so auch drei unterschiedliche Drucktechniken für verschiedene Anwendungsgebiete. Heute hat sich zudem auch das Sujet ausgeweitet, und die Methode des „Fischdrucks“ wird teils auch kreativ mit anderen Objekten genutzt.

 

gyotaku-fischdruck aus japanNach dem ersten Fischabdruck werden dem Druck feinste Details hinzugefügt, Foto © Science History Institute, CC BY-SA 3.0

 

Was ist Gyotaku?

Gyotaku ist eine Drucktechnik, mit der Fische, Meereslebewesen und andere Objekte detailgetreu auf Papier abgebildet werden können.

Bei der ursprünglichsten Form dieser Druckmethode, dem Chokusetsu-hō (直接法), wird der Fisch zunächst gesäubert und vorbereitet. Anschließend wird er meist leicht stabilisiert, ohne dabei beschädigt zu werden. Schließlich trägt man auf die zu druckende Seite eine Schicht ungiftiger Tinte oder Farbe auf.

Der vorbereitete Fisch wird anschließend mit angefeuchtetem Washi-Papier (Reispapier) bedeckt, und durch behutsames Reiben und Drücken mit der Hand überträgt sich der Abdruck direkt auf das Papier.

Neben dieser sogenannten „direkten“ Methode gibt es mit der indirekten Methode Kansetsu-hō (間接法) und der weniger bekannten und verbreiteten Transfermethode Tensha-hō (転写法) noch zwei weitere Unterformen des Gyotaku.

Der bedruckte Fisch bzw. das abgebildete Meereslebewesen bleibt nach dem Druck vollständig genießbar – ein Aspekt, der den meisten Gyotaku-Künstlern besonders am Herzen liegt.

 

Gyotaku-Geschichte und Entwicklung

Gyotaku wurde vor ca. 200 Jahren gegen Ende der Edo-Zeit (1603–1868) von Fischern im südlichen Japan erfunden. Sie nahmen auf ihre Fahrten Reispapier (Washi) und Sumi-Tusche mit, um besondere Fänge zu dokumentieren. Zudem hielten diese Fischer oft auch den Ort und das Datum des Fangs fest, sodass sich die frühen Gyotaku-Drucke oft auch für wissenschaftliche Dokumentationszwecke eigneten.

Aus dieser, vor allem aus der Dokumentation von Trophäenfängen geborenen Technik, die an manchen Orten in Japan bis heute von Fischern stolz genutzt wird, entwickelte sich vor allem ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts eine echte Kunstform.

 

Für was wird die Fischdruck-Kunst heute verwendet?

Heute wird die Fischdruck-Kunst kaum mehr dokumentarisch genutzt, auch wenn manche Fischer die Tradition des Gyotaku weiter ausüben. Vielmehr wird diese als eigene Kunstform betrachtet und von Laien wie Profis genutzt.

Zwar werden zumeist immer noch Fische und andere Meereslebewesen für diese Form des Drucks verwendet, doch manche Künstler experimentieren auch mit anderen, meist in der Natur gefundenen Materialien (Fossilien, Knochen etc.).

In Japan wie international kann man teils auch Künstler anwerben, die dann einen Gyotaku-Druck vom eigenen Fang anfertigen – natürlich ohne den Fisch mehr als nötig zu beschädigen, sodass er anschließend problemlos gegessen werden kann.

 

gyotaku- die japanische drucktechnik des FischdrucksFrisch gedruckte Gyotaku-Kunstwerke bei einem Workshop für traditionelle japanische Fischdrucktechnik, Foto © Science History Institute, CC BY-SA 3.0

 

Sind die Gyotaku-Bilder immer Schwarz-Weiß?

Historisch waren die Gyotaku-Bilder aufgrund der traditionell genutzten schwarzen Sumi-Tusche (japanische Kalligraphietusche) immer schwarz-weiß. Schon seit längerem arbeiten manche Künstler aber auch mit anderen ungiftigen Farben und stellen so auch farbige Gyotaku-Bilder her. Die große Mehrzahl ist aber nach wie vor schwarz-weiß, auch wenn nicht immer echte Sumi-Tusche verwendet wird.

 

Werden ausschließlich Fische für den Druck verwendet?

Ursprünglich wurden für das Gyotaku besonders große oder seltene Fische und andere Meereslebewesen mithilfe dieser Drucktechnik dokumentiert. Fischer konnten so ihren Fang als Trophäe vorzeigen – selbst wenn der Fisch bereits verkauft oder ins Meer zurückgegeben worden war.

Der sogenannte Fischdruck umfasste also schon immer mehr als ausschließlich Fische, die aber bis heute einen Großteil der mit dieser Technik hergestellten Bilder ausmachen. Da sich mit der Methode auch andere Objekte drucken lassen, experimentieren Künstler heute mit vielen verschiedenen Materialien.

 

Gyotaku und Umweltschutz – Verwertung und Respekt vor dem Fang

Gyotaku versucht, möglichst umweltbewusst und respektvoll gegenüber der Natur zu sein. Daher ist es den meisten Künstlern und Laien wichtig, dass der Fisch trotz seiner Nutzung als Druckstock essbar bleibt.

Ein gefangener Fisch dient in erster Linie als Nahrung – der Respekt gebietet es, ihn nicht zu verschwenden. Auch wenn dies nicht direkt als Umweltschutz gilt, drückt sich darin eine tiefe Wertschätzung gegenüber der Natur aus, deren Schönheit durch die Drucktechnik bewahrt wird.

 

Künstlerische und wissenschaftliche Anwendungen von Gyotaku

 

Wie wird Gyotaku in der Wissenschaft genutzt?

In der Wissenschaft wird Gyotaku vor allem durch historische Drucke von Fischern zur Dokumentation der Biodiversität genutzt. Diese alten Drucke ermöglichen es Forschern, Rückschlüsse auf die damaligen Bestände an Fischarten und Meereslebewesen zu ziehen.

Da Gyotaku Fish Printing jedoch meist nur besonders seltene oder große Exemplare abbildet, bietet die Technik nur einen begrenzten Einblick. Dennoch spielt Gyotaku in wissenschaftlichen Studien und Projekten bis heute eine Rolle, auch wenn die Methode selbst kaum noch für Dokumentationszwecke verwendet wird.

 

Künstlerische Anwendung von Gyotaku

Die rein künstlerische Anwendung von Gyotaku ist heute weitaus verbreiteter als die Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken. Dabei steht die Ästhetik im Vordergrund, auch wenn die natürliche Form des Objekts bei dieser speziellen Drucktechnik immer eine zentrale Rolle spielt.

Durch die drei unterschiedlichen Gyotaku-Techniken sind zudem Übertragungen auf verschiedenste Untergründe möglich – über das typische Gyotaku-Papier hinaus.

 

Gyotaku-Workshops und Kurse

Die Kunst des Fischdrucks oder Gyotaku wird oft in Kursen oder Workshops weitergegeben. Solche Angebote gibt es an Kunstschulen, Volkshochschulen oder sogar in Museen.

In diesen Workshops – die sich sowohl an Erwachsene als auch an Kinder richten – lernt man nicht nur die Gyotaku-Technik, sondern auch Grundlagen der Fischanatomie. Meist wird dabei zunächst die direkte Methode Chokusetsu-hō vermittelt.

 

Welche Materialien und Werkzeuge werden für Gyotaku benötigt?

Für Gyotaku werden – abhängig von der genutzten Unterform – nur grundlegende Materialien und Werkzeuge benötigt. Dazu gehören:

  • Gyotaku-Papier – meist Washi-Papier (Reispapier), Baumwollpapier oder Seide;
  • Farben und Tinten – traditionell wird Sumi-Tusche verwendet, heute aber auch häufig Acrylfarbe. Wichtig ist, dass die genutzten Farben und Tinten ungiftig und abwaschbar sind;
  • Werkzeuge – dazu zählen vor allem Pinsel (am besten japanische Kalligraphiepinsel), Walzen (zum Drucken) und Applikatoren, mit denen Tusche oder Farbe gleichmäßig auf einen Untergrund verteilt werden kann. Diese Werkzeuge sind nicht zwingend notwendig, erleichtern aber den Druckprozess.

 

Die 3 Techniken im Gyotaku-Fischdruck

 

Chokusetsu-hō (直接法) – die direkte Methode

Die direkte Methode oder Chokusetsu-hō ist die traditionellste und am weitesten verbreitete Methode des Gyotaku-Fischdrucks.

Dabei wird der Fisch vor dem Druck gesäubert, vorbereitet und oft verstärkt, bevor er mit Farbe versehen wird. Danach wird leicht angefeuchtetes Washi-Papier (Reispapier) oder ein anderes Trägermaterial wie Baumwollpapier oder Seide auf den eingefärbten Fisch gelegt. Durch vorsichtiges Drücken und Reiben mit der Hand entsteht das Abbild des Fisches.

 

Kansetsu-hō (間接法) – die indirekte Methode

Die indirekte Methode oder Kansetsu-hō ist aufwendiger und schwieriger als die direkte Methode, liefert jedoch besonders detaillierte und fein strukturierte Ergebnisse.

Hierbei wird Washi-Papier oder ein ähnliches Trägermaterial mithilfe von Reispaste auf den Fisch appliziert. Dadurch zeichnet sich das detaillierte Relief des Fisches durch den Stoff ab. In einem langwierigen Prozess wird dann mithilfe von Tampo (einem speziellen Applikator aus mit Seide umwickelter Baumwolle) die Farbe aufgetragen.

Diese Methode erfordert mehr Geschick und Kunstfertigkeit als die direkte Methode und wird hauptsächlich von erfahrenen Gyotaku-Künstlern genutzt.

 

Tensha-hō (転写法) – die Transfer-Methode

Die Tensha-hō genannte Transfer-Methode wird verwendet, wenn das Gyotaku-Bild auf eine harte Oberfläche wie Holz, Leder, Plastik oder eine Wand übertragen werden soll.

Da der Fisch nicht direkt auf diesen Untergrund gedruckt werden kann, wird das Bild zunächst mithilfe eines Transfer-Materials wie Nylon oder Polyethylen-Fasern erstellt. Dieses Material dient als eine Art Transfer-Film, der das Motiv vom Fisch auf die gewünschte Oberfläche überträgt.

Durch diese doppelte Übertragung wird das Druckbild nicht spiegelverkehrt. Tensha-hō ist jedoch weniger bekannt und verbreitet als die beiden anderen Methoden. Wie die indirekte Methode erfordert sie eine gewisse Erfahrung, um hochwertige Ergebnisse zu erzielen.

 

Künstler und Stile im Gyotaku

Gyotaku muss man nicht zwangsläufig selbst anfertigen oder einen eigenen Fang drucken lassen – es gibt zahlreiche Kunstwerke zu kaufen. Werke bekannter moderner und traditioneller Gyotaku-Künstler können dabei beachtliche Preise erzielen.

 

Traditionelle Gyotaku-Künstler

Zu den bekanntesten traditionellen Gyotaku-Künstlern, die heute aktiv sind, zählen:

  • Yamamoto Ryūka – Er betreibt ein Atelier in Higashimatsuyama (Präfektur Saitama) und druckt neben Fischen auch Meerespflanzen und Krabben. Zu seinen beeindruckendsten Werken gehört ein Gyotaku eines über zehn Meter langen Riesenkraken.
  • Naoki Hayashi – In Kanehoe, Hawaii, tätig, ist er für seine filigranen, farbigen Gyotaku-Drucke Er fertigt auch Auftragsarbeiten an – allerdings nur von Fischen, die anschließend verzehrt werden.

 

Moderne Gyotaku-Künstler

Unter den modernen Gyotaku-Künstlern stechen besonders zwei hervor:

  • Dwight Hwang – Ein ehemaliger Filmemacher, der sich heute auf Gyotaku-Kunst spezialisiert hat. Er hat das Sujet dieser Drucktechnik erweitert und druckt neben Fischen auch andere natürliche Objekte wie Pflanzen oder sogar Porträts.
  • Jon-Erik Kroon – Er nutzt die Gyotaku-Technik, um Drucke von Knochen, Fossilien und sogar überfahrenen Tieren anzufertigen. Damit zeigt er, dass Gyotaku weit über den traditionellen „Fischdruck“ hinausgehen kann.

 

 

 

Das könnte Sie auch interessieren:

Sashiko: Japanische Stickerei - Muster & Technik

 Hanten: Japanische Jacken nach Tradition

Beliebte Japanische Hobbys- Was machen Japaner in Ihrer Freizeit?

Die Bedeutung der Farben in Japan

 

 

Titelfoto © Baperukamo - Own work, CC BY-SA 3.0

 

 

Passende Artikel

Kommentar schreiben

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.

  1. Paravent, Futon und Tatami in Berlin bei Japanwelt online günstig kaufen
  2. Blog