Japans Kaiserhaus: Mythen, Geheimnisse und interessante Fakten um die japanische Monarchie
Was macht die japanische Monarchie und den Kaiser so geheimnisvoll? Über 2.600 Jahre existiert das japanische Königshaus schon, die direkte Linie wurde niemals unterbrochen. Der Tennō stammt der Legende nach direkt von der Sonnenkönigin Amaterasu ab. Damit gilt der Kaiser als „heilig“ und „gottähnlich“, dem japanischen Thron haftet nach wie vor etwas Mythisches an.
Dazu kommen unzählige komplizierte und geheime Rituale, streng überwacht vom mächtigen, konservativen Haushofamt. Kaum ein anderes Königshaus lebt so isoliert wie die kaiserliche Familie Japans. Lassen Sie uns einen Blick auf die Geheimnisse, Mythen und interessante offene Fragen rund um das japanische Kaiserhaus werfen.
Die japanische Kaiserfamilie lebt abgeschottet in den kaiserlichen Palastmauern
Die kaiserliche Familie lebt fast gänzlich abgeschottet von der japanischen Gesellschaft im Kaiserlichen Palast in Tokio. Der strenge kaiserliche Hofrat schirmt die Familie ab und wacht streng über die Einhaltung der jahrtausendealten Traditionen. Nur einmal im Jahr, zum Geburtstag des Kaisers, kann man die Familie live hinter dickem Panzerglas auf dem Balkon des Kaiserlichen Palastes sehen.
Dennoch hat die Kaiserliche Familie ungebrochenen Rückhalt in der Bevölkerung. Von den Zustimmungswerten von über 80 Prozent können die europäischen Königshäuser nur träumen.
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Abgeschottet hinter Panzerglas: die Mitglieder der kaiserlichen Familie während der Feierlichkeiten zur Inthronisierung des neuen Kaisers 2019.
Foto © 江戸村のとくぞう - Own work, CC BY-SA 4.0
Welche Macht hat das Haushofamt über die kaiserliche Familie?
Mehr als 1.100 Beamte des Kaiserlichen Hofamtes (宮内庁, Kunai-chō) wachen mit äußerster Strenge über die steinalten Rituale. Jeglicher Bereich des Lebens der kaiserlichen Familie wird vom Hofamt kontrolliert.
Die Mitglieder des Königshauses haben weder Mobiltelefone noch eigenes Geld. Sie könnten sich noch nicht einmal ein Buch im Internet bestellen, wenn das Hofamt nicht zustimmt. Für die Familie gibt es keine spontanen Spaziergänge, keinen Führerschein und schon gar keinen Kontakt zu den Medien.
Besonders hart trifft es die Frauen, die ins Königshaus einheiraten. Die jetzige Kaiserin Masako, einst eine aufstrebende Diplomatin, musste für ihren Mann nicht nur Ihren Beruf, sondern auch jegliche persönliche Freiheit aufgeben. Das bezahlte die Kaiserin allerdings mit Ihrer physischen wie auch psychischen Gesundheit. Jahrelang war sie nicht in der Öffentlichkeit zu sehen, offiziell lässt das Hofamt eine „Anpassungsstörung“ erklären.
Auch schon Ihre Schwiegermutter, die Exkaiserin Michiko hatte als Bürgerliche Ähnliches zu erleiden. Die einzige Tochter des Kaiserpaars Aiko verlässt sogar fluchtartig mit ihrem bürgerlichen Mann das Land und baut sich ein eigenes Leben in New York auf, was für einen handfesten Skandal in Japan sorgte.
Doch die Zeiten ändern sich auch für das strenge Hofamt. Die japanischen Royals wollen sich mehr ihrem Volk öffnen. Erstmals gibt es nun ein Büro für Öffentlichkeitsarbeit im Palast. Die Kaiserfamilie besitzt nun gar einen eigenen Instagram Account.
Ist die Erblinie des japanischen Kaiserhauses wirklich 2.600 Jahre alt?
In Japan gibt es mehr als 200.000 antike Grabhügel, die meisten davon stammen aus der sogenannten Tumulus-Ära zwischen dem 4. und 8. Jahrhundert. Tausende dieser Gräber lokaler Adliger, wurden bereits systematisch von Archäologen ausgegraben und untersucht.
Die größten und wichtigsten von allen allerdings sind für die Wissenschaftler nach wie vor ein Tabu: die über 800 Kaisergräber, darunter die von 123 verstorbenen Kaisern, von Jimmu (711-585 v. Chr.) bis hin zum modernen Mausoleum von Hirohito (1922-1989).
Und hier beginnen die Probleme, die legendäre direkte Abstammung der kaiserlichen Familie vom Urahn und erstem Tennō Jimmu nachzuvollziehen.
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Der Daisenryo Kofun – das größte Megalithgrab Japans – wird vom Kaiserlichen Hofamt Kaiser Nintoku aus dem vierten Jahrhundert zugeschrieben.
Foto © National Land Image Information, Ministry of Land, Infrastructure, Transport and Tourism, Attribution
Für Archäologen sind diese Gräber Kulturgüter wie alle anderen, ein legitimes Objekt wissenschaftlicher Studien. Diese Gräber sind allerdings Eigentum des Kaiserlichen Haushaltsamtes, der mächtigen und traditionalistischen Regierungsbehörde für alle Angelegenheiten, die den Kaiser und seine Familie betreffen.
Nach Auffassung der Behörde sind die Gräber mehr als nur historische Reliquien; sie sind heilige religiöse Stätten, die die Geister der kaiserlichen Vorfahren bewahren. Mit Gebeten und Geschenken an die Geister wird die „göttliche“ Abstammung der Monarchie zelebriert.
Die Unantastbarkeit der Gräber der Vorfahren ist heute aber immer mehr umstritten. Kaiser Hirohito verzichtete 1946 auf seine Göttlichkeit, und Japans Nachkriegsverfassung besteht unmissverständlich darauf, dass „der Staat und seine Organe sich religiöser Erziehung oder jeglicher anderer Form religiöser Betätigung enthalten sollen“.
Viele Archäologen vermuten seit langem, dass das Tabu der Gräber nicht nur in dem erklärten Wunsch nach „Ruhe und Würde“ gründet. Die Wissenschaftler argwöhnen vielmehr, dass mehrere Gräber falsche Namen tragen könnten, auch die zeitlichen Datierungen werden in Zweifel gezogen.
Damit müsste die Geschichte quasi neu geschrieben werden. Die in benachbarten Gräbern gefundenen Artefakte weisen eine auffallende Ähnlichkeit zu koreanischen und chinesischen Relikten aus dieser Zeit auf. Wurde die japanische Monarchie gar aus dem Ausland „importiert“?
Das Mysterium um das geheime Daijosai-Ritual
Nur einmal in der Amtszeit eines jeden Tennō findet das Daijosai (大嘗祭) statt. Das zweitägige, bedeutende Shinto-Ritual ist mit allerlei Geheimnissen und Mythen verbunden und wird seit Ende des zweiten Weltkrieges auch kontrovers diskutiert.
Die größten Diskussionen gibt es um die enormen Kosten rund um das Ritual. Für die zweitägigen Feierlichkeiten wird eigens ein ehemaliger Schrein-Komplex mit insgesamt 30 Gebäuden, der Daijokyu, rekonstuiert, die nach dem Ritual allesamt wieder abgerissen werden. Das verschlingt natürlich Unsummen. Beim letzten Dijosai des amtierenden Kaisers Naruhito waren es umgerechnet 19 Millionen Euro, für das gesamte Ritual sind es um die 25 Millionen Euro.
Kontrovers wird diese Opulenz auch dadurch, dass das Ritual erst in den 1930er Jahren vor dem Weltkrieg um den Schreinkomplex erweitert wurde. Die ausufernden Feierlichkeiten sollten den göttlichen Status des Kaisers symbolisieren und waren Symbol für die politische Macht im damaligen imperialistischen Japan. Dies widerspricht der verfassungsrechtlich garantierten Trennung von Religion und Staat.
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Der Daijokyu Schrein-Komplex zur Inthronisierung des aktuellen Kaisers
Foto © Abasaa - Own work, Public Domain
Mythenumwobenen und umstrittenen Daijosai Zeremonie
Auch die komplexen, geheimen Abläufe des Rituals sind von einer Aura des Mythischen umgeben. Die strickte Geheimhaltung führt regelmäßig zu Gerüchten und Spekulationen.
Im nächtlichen Fackelschein tritt der Kaiser seiner Vorfahrin, der Sonnengöttin Amaterasu entgegen. In einem der zwei Haupträume befindet sich ein „heiliges Bett“. Hier verbringt der Tennō die Nacht mit der Göttin. Was sich genau dort abspielt, wird streng geheim gehalten. Selbst der Kaiser wird nur durch seinen Vorgänger darüber informiert.
Einige Experten gehen davon aus, dass das Bett noch nicht einmal berührt werde. Den sich hartnäckig haltenden Mythos, dass sich der Kaiser mit der Sonnengöttin vereinige, wird von den Hofbeamten und Geistlichen regelmäßig scharf zurückgewiesen. Trotzdem halten sich Gerüchte, dass das Ritual auch symbolische sexuelle Handlungen mit der Sonnenkönigin enthält. In jedem Fall ist das Daijosai der letzte Akt zur Inthronisierung, zur Kaiserwerdung des Tennō.
Existieren Japans Reichsinsignien, die „göttliche Artefakte“ wirklich?
Japans Tennō ist ein Kaiser ohne Krone. Dafür umgeben die kaiserlichen Throninsignien, die „Drei Heiligen Schätze“ allerlei Geheimnisse und Mythen.
Die das heilige Schwert Kusanagi no Tsurugi, das Juwel Yasakani no Magatama und das „magische“ Spiegel „Yata no Kagami“ lagern unzugänglich und verschlossen in schlichten Kisten. Zwei dieser Gegenstände gelten als so heilig, dass sie noch nie der Öffentlichkeit gezeigt wurden. Die „göttlichen Artefakte“ bekommt noch nicht einmal der Kaiser jemals zu Gesicht.
- So könnten die 3 kaiserlichen Heiligtümer aussehen, historische Darstellung aus dem 16 Jahrhundert.
Foto © 菊竹若狭 - Own work, CC BY-SA 4.0
Die in Tücher gewickelten Kisten werden bei der Inthronisierung neben den Kaiser gestellt. Sie enthalten das Schwert und das antike Juwel, die auf den ersten japanischen Kaiser Jimmu zurückgehen sollen.
Das Nichtzeigen solcher königlichen Schätze ist ein wichtiger Teil der japanischen Shinto-Tradition. Damit verleiht man diesen Gegenständen Mystik – und damit auch Autorität. Die Schätze werden so besonders geschützt. Wären sie für jedermann sichtbar, hätten sie nicht dieselbe Kraft, die ihnen zugeschrieben wird.
Es ist noch nicht einmal bekannt, wo die Schätze aufbewahrt werden. Vom kaiserlichen Hofamt und dem japanischen Kabinett gibt es keinerlei Erklärungen, die über das bereits Bekannte hinausgehen. Es gibt sogar einige Wissenschaftler, die die Existenz komplett anzweifeln.
Die drei Schätze sind der Legende nach seit 2.600 Jahren ununterbrochen im Besitz der kaiserlichen Linie und werden direkt auf die Sonnengöttin Amaterasu zurückgeführt. Einige Historiker vermuten, dass der Spiegel bei einem Brand im 11. Jahrhundert beschädigt oder gar zerstört wurde und dass im Großen Schrein von Ise nur Fragmente verwahrt werden. Der Edelstein und das Schwert sollen wiederum einigen Experten zufolge während einer Seeschlacht im 12. Jahrhundert auf See verloren gegangen sein.
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